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Angst in deinen Augen

Angst in deinen Augen

Titel: Angst in deinen Augen
Autoren: Tess Gerritsen
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Polizeibeamten?“
    „Ich meine es ernst. Wenn Nina irgendetwas passiert … ich bringe Sie um.“
    „Ich bin schockiert. Absolut schockiert.“
    „Spectre!“
    Er antwortete mit einem spöttischen Lachen. Und dann war die Leitung tot.
    Verzweifelt wählte Sam erneut und bekam das Besetztzeichen. Er legte auf, zählte bis zehn und wählte wieder.
    Wieder nur das Besetztzeichen. Spectre hatte den Hörer daneben gelegt.
    Sam knallte den Hörer hin. „Sie lebt noch.“
    „Wo sind sie?“
    „Sie konnte es mir nicht sagen.“
    „Es ist jetzt eine Stunde her. Sie können überall im Umkreis von fünfzig Meilen sein.“
    „Ich weiß, ich weiß.“ Sam lehnte sich zurück und versuchte Ordnung in seine wild durcheinander wirbelnden Gedanken zu bringen. Bisher hatte er es in jeder Situation geschafft, Ruhe zu bewahren, aber heute Nacht fühlte er sich zum ersten Mal in der ganzen Zeit seiner Laufbahn vor Angst wie gelähmt. Von dem Wissen, dass jeder Augenblick, der ungenutzt verstrich, die Chancen auf Ninas Überleben verringerte.
    „Warum hat er sie noch nicht umgebracht?“, murmelte Gillis. „Warum ist sie immer noch am Leben?“
    Sam schaute seinen Partner an. Wenigstens funktionierte Gillis’ Gehirn noch. Und er überlegte. Grübelte über eine Antwort nach, die eigentlich für sie beide auf der Hand liegen sollte.
    „Er behält sie als Trumpfkarte“, sagte Sam. „Als Rückversicherung für den Fall, dass er geschnappt werden sollte.“
    „Nein, er ist bereits aus dem Schneider. Im Moment ist sie für ihn eher ein Hindernis als eine Hilfe. Mit einer Geisel kommt man langsamer vorwärts. Sie verkompliziert die Dinge. Aber er lässt sie trotzdem am Leben.“
    Noch, dachte Sam, während eine Welle hilfloser Wut über ihn hinwegschwappte. Ich habe verloren, ich habe meine Fähigkeit klar zu denken verloren. Ihr Leben liegt in meinen Händen. Ich kann es mir nicht leisten, es zu vermasseln.
    Er schaute wieder auf das Autotelefon, und plötzlich fiel ihm etwas ein. Etwas, das er während dieser kurzen Gesprächspause gehört hatte. Das entfernte an- und abschwellende Heulen.
    Eine Sirene.
    Er griff wieder nach dem Hörer und wählte 911.
    „Notrufzentrale“, antwortete eine Stimme.
    „Hier ist Detective Sam Navarro. Ich muss wissen, was in den letzten zwanzig Minuten für Einsätze gefahren wurden. Im gesamten Umkreis von Portland und South Portland.“
    „Welche Fahrzeuge, Sir?“
    „Alles. Rettungswagen, Feuerwehr, Polizei. Alles. Ich brauche die Informationen.“
    Eine kurze Stille folgte, dann meldete sich eine andere Stimme. Sam hatte bereits sein Notizbuch gezückt.
    „Hier ist die Leiterin der Notrufzentrale, Detective Navarro. Ich habe gerade mit der Notrufzentrale von South Portland gesprochen. Zusammen hatten wir in den letzten zwanzig Minuten drei Einsätze. Um 23:55 wurde ein Krankenwagen in die 2203 Green Street in Portland gerufen. Um 00:10 fuhr die Polizei zu einem Einbruch in der 751 Bickford Street in South Portland. Und um 00:13 wurde ein Streifenwagen wegen Ruhestörung in die Nähe von Munjoy Hill gerufen. Feuerwehreinsätze hatten wir im fraglichen Zeitraum keine.“
    „Okay, danke.“ Sam legte auf und suchte im Handschuhfach nach einer Straßenkarte. Er kreiste mit einem Stift die drei fraglichen Gegenden ein.
    „Was jetzt?“, fragte Gillis.
    „Bei dem Gespräch eben habe ich im Hintergrund eine Sirene gehört. Das bedeutet, dass er sich in Hörweite von irgendeinem Einsatzfahrzeug aufhielt. Und das sind die einzigen drei Gegenden, wo zur fraglichen Zeit Einsätze stattfanden.“
    Gillis schaute auf die Karte und schüttelte den Kopf. „Unmöglich, das ist ja wie eine Stecknadel im Heuhaufen suchen.“
    „Es sind zumindest Anhaltspunkte.“
    „Ja, wie ein Heuhaufen ein Anhaltspunkt ist.“
    „Es ist alles, was wir haben. Los, fangen wir sofort mit Munjoy Hill an.“
    „Bescheuerte Idee, wenn du mich fragst. Der Suchbefehl für dein Auto ist raus. Uns würde nur unnötig die Zunge zum Hals raushängen, wenn wir versuchen, hinter Sirenen herzujagen.“
    „Nach Munjoy Hill, Gillis. Mach zu.“
    „Du bist geschlaucht. Ich bin geschlaucht. Wir sollten ins Hauptquartier zurückfahren und abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.“
    „Du willst, dass ich fahre? Dann lass mich ans Steuer, verdammt noch mal.“
    „Sam, hörst du mich?“
    „ Ja, verdammt! “, schrie Sam in plötzlicher Wut. Dann ließ er mit einem Aufstöhnen seinen Kopf in seine Hände fallen und sagte leise:
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