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Angélique - Hochzeit wider Willen

Titel: Angélique - Hochzeit wider Willen
Autoren: A Golon
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zu kämpfen«, versicherte Andijos, der fürchtete, Angélique beunruhigt zu haben.
     
    Diese geruhte zu lächeln, wenngleich sie seinen Versicherungen nicht allzu viel Glauben schenkte. Sie selbst hätte den anderen Reiseweg vorgezogen. Gern wäre sie »ihren« Fluss hinuntergefahren, durch »ihre« Sümpfe, hätte dann den Ozean entdeckt, den sie noch nie gesehen hatte, und wäre auf ein Schiff gestiegen, dessen Segel sich im Wind blähten. Dieses Bild trug einen Beiklang von Flucht mit sich.
    Sie konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass etwas geschehen würde, das ihr erlauben würde, vor ihrer Bestimmung zu fliehen.
     
    Doch der Tag kam, an dem sie wieder in die Kutsche steigen musste und die Kolonne sich in Bewegung setzte, nun verstärkt durch vier mit Lanzen bewaffnete Reiter, die man angeheuert hatte, um möglichen unangenehmen Begegnungen vorzubeugen. Nachdem sie Niort, die Hauptstadt der poitevinischen Sümpfe, und ihre düsteren, eisengrauen Festungstürme hinter sich gelassen hatten, fuhr Madame de Peyracs Reisegesellschaft nach Süden, der Sonne entgegen.

    Wie sich herausstellte, waren die Straßen doch nicht so holprig und staubig wie prophezeit.
    Die Pferde, die oft gewechselt wurden, legten eine ordentliche Geschwindigkeit an den Tag und schienen es zu genießen, eine Gesellschaft zu befördern, die sich schon von fern durch Hörnerklang ankündigte und unterwegs mit Grüßen und Beifallsbekundungen bedacht wurde. Wenn sie langsamer fuhren oder Halt machten, stimmten die Musiker, die oben auf einem der Wagen saßen, ein kleines Konzert an, und zwischen der Bevölkerung und den Reisenden des Konvois wurde angeregt geplaudert.
    Für Angélique gab es kein Entkommen. All das geschah zu einem bestimmten Zweck. Dass sie im Galopp durch Marktflecken und Weiler fuhren, hatte das Ziel, sie zu einem Gatten zu bringen, der Joffrey de Peyrac hieß, hässlich war, hinkte und Zaubertränke herstellte!
    Oft schlummerte sie ein, und dann sah sie wieder diesen goldenen Schlüssel. Er passte zu der Tür eines Raums, in dem die Leichen mehrerer Frauen lagen, die vor ihrem Tod durch die Magie des Familiendämons dem Wahnsinn verfallen waren. Wenn sie dann aufwachte, wurde ihr immer klarer, dass sie sich dem Schicksal verweigerte, zu dem man sie gezwungen hatte. Es würde nicht dazu kommen. Etwas würde geschehen.
    Eines Tages machte der Konvoi am späten Vormittag an einem Kreuzweg halt, der ausnahmsweise verlassen war. Die Wagen bildeten einen Kreis, und alle Passagiere stiegen aus. Die Landschaft hatte sich verändert. Allenthalben sah man nur noch Reben und Weinstöcke.
    »Ein Jammer«, meinte jemand, »dass es die verkehrte Jahreszeit ist, um ein paar schöne, taufeuchte Trauben zu kosten.«
    »Nichts da!«, rief Andijos. »Vergiss nicht, dass die Weinrebe in diesem Land heilig ist und jede gestohlene Traube mit einem abgeschnittenen Ohr geahndet wird.«

    In der Ferne waren die Türme und Kirchen einer Stadt zu erkennen. Bordeaux!
    Ein Lakai brachte einen mit Gobelin bezogenen Klappsessel und stellte ihn unter einem großen Baum auf, der an dem in der Sonne gleißenden Kreuzweg einen wohltuenden Schatten spendete.
    »Nehmt Platz, Madame.«
    Aber Angélique war der Sinn nicht danach, sich zu setzen. Sie versuchte, die Debatte zwischen Andijos und seinen Freunden zu verfolgen, die unter sich nur die Sprache des Südens gebrauchten.
    »Wir müssen uns in die Stadt begeben, Madame«, erklärte Andijos ihr. »Geduld! Möglich, dass unsere Beratungen mit den Honoratioren einige Stunden dauern.«
    Sie stellten eine Truppe von Reitern auf, die von zwei oder drei Bogenschützen flankiert wurde, und entfernten sich.
     
    Angélique ging auf und ab. Sie war erleichtert über die Gelegenheit, sich die Beine vertreten, überlegen und auf andere Gedanken kommen zu können. Kurz hatte sie die Idee, auf ein Pferd zu springen und zu fliehen, doch sie verwarf sie. Die Reisegesellschaft bestand aus vielen Menschen, und alle, Diener, Kutscher und Soldaten, behandelten sie aufmerksam und ehrerbietig. Aber die meisten verfügten über Pferde und hätten nicht lange gebraucht, um sie einzuholen. Außerdem hatte sie das Gefühl, keiner von ihnen würde ihr Verhalten verstehen. Sie würden mit Entrüstung und Erschrecken reagieren und sie für verrückt halten. So durfte es sich nicht abspielen. Es musste einfach einen anderen Weg geben.
    Sie schritt auf und ab und warf häufig einen Blick in Richtung Stadt.
    Bordeaux!
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