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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda
Autoren: Arne Sjöberg
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empfand ich nicht mehr.
    Ich dachte daran, was auf Tantalus geschehen war, wie dort unsere Vermißten davongetragen worden waren auf unbegreifliche Art und Weise. Dachte daran, wie ich sie endlich wiedergesehen hatte, schlafend, schwebend, gleich den Tantaliden unversehrt aufgehoben in ihrem lebendigen Fleisch und Blut oder auch – wie ich jetzt annehmen mußte – in neuem Fleisch und Blut, welches allerdings ihrem ursprünglichen so sehr glich, daß es eben eines war – so wie nun bei mir.
    Zum erstenmal kam mir der Gedanke, noch verschwommen und unklar, daß es doch eigentlich nur folgerichtig und logisch wäre, anzunehmen, daß sie, meine verschollenen Kameraden, ebenfalls irgendwo hier weilten – ob nun wachend oder schlafend, auferstanden oder nicht. Wenn ich sie fände, wenn ich sie ins aktive Dasein zurückrufen könnte – mein Himmel. Die Einsamkeit und alle Not hätten ein Ende! Man könnte vielleicht fertig werden mit der deprimierenden Ödnis und Rätselhaftigkeit dieses düsteren, so offensichtlich dem Verfall preisgegebenen Planeten, auf dem ich mich jetzt befand.
    Nur zu gut erinnerte ich mich noch daran, wie furchtbar es für mich war, als ich auf Tantalus zum bösen Schluß hin auch noch Baskow verlor – den letzten Menschen an meiner Seite. Die Tantaliden – mochten sie nun gut oder böse sein, menschlich oder auch nicht –, sie würden trotz allem, und auch im günstigsten Fall, Fremde bleiben für mich, geschätzte und befreundete Fremde möglicherweise, aber dennoch nicht mehr. Aber wenn ich die anderen zurückgewinnen könnte, Gorris, Wagner, Sobik, Carnsten und vielleicht auch die Männer aus dem Multi-Roover – noch einmal: Mein Himmel!
    Ich konnte noch nicht wissen – und das war gut so! –, welche neuen Nöte und Drangsale dieser Gedanke, der bald schon zum Entschluß werden sollte, über mich bringen würde. Konnte nicht wissen, daß ich Gesetze brechen, ja eine ganze Welt in Aufruhr und endgültigen Untergang würde stürzen müssen, nur um Mensch unter Menschen bleiben zu dürfen. Wie gesagt, ich wußte es noch nicht und manches andere ebensowenig. Wahrscheinlich hätte ich nicht den Mut und die Kraft für alles aufgebracht, wenn es anders gewesen wäre.
    Und noch immer lag ich dort, über mich selber hingestreckt. Doch langsam löste ich mich dann von mir selber, richtete mich auf, bis ich wieder auf den Knien ruhte. Langsam nestelte ich den Kommunikator vom Gürtel des dahingegangenen Jorge Stenström, langsam auch das Dosimeter von seinem Hals und legte beides mir selber an. Diese Unterscheidung zwischen dem Toten und dem Lebenden mußte ich nun doch treffen. Ich nahm auch das Messer an mich und all die anderen kleinen Dinge, die der Landeanzug noch barg, und fand neue Taschen dafür in meiner Toga. Ich erhob mich vollends. Dann trat ich behutsam von dem zurück, der ich einmal gewesen. Rätsel über mir! Rätsel in mir!
    Mein Blick wanderte hoch zu den fremden, riesigen Planeten, die weiterhin ihre Bahn zogen, als sei nichts geschehen. Mir jedoch war Unfaßbares geschehen.
    Vorsichtig wich ich weiter zurück, gegen die Wand hin, auf jenes immer noch leuchtende Viereck zu, und dann betrachtete ich ein letztes Mal meinen verlassenen, nun so nutzlos gewordenen Körper.
    Beinahe gelassen nahm ich es hin, als sich gleich darauf von oben her durch die sterndurchperlte Nacht jene auf Tantalus nur mit Grauen und Furcht gesehene, weitgespannte Hand der Schlieren herabsenkte. Genau wie dort hielt sie, gleichsam witternd, inne über meinem armen, verlassenen Leib, ballte sich zusammen, formierte sich und bildete schließlich jenen strudelnden, surrenden, leise pfeifenden Trichter, der das, was einmal ich gewesen, hinwegtrug ins Nichts. Zurück blieb die schlaffe schwarze Hülle meiner Landekombination und sicher auch all das, was ich in ihr und darunter getragen hatte. Ich machte mir nicht einmal die Mühe, nachzusehen. Ich rollte die Sachen lediglich zusammen zu einem ordentlichen, handlichen Paket, das ich dann, gleichsam abschließend und endgültig, unter mein schwebendes Bett schob.
    Was nun? fragte ich mich nachher. Was, um Himmels willen, jetzt? Wo sind sie? Wo kann ich sie finden? Die Tantaliden und auch meine davongetragenen Gefährten?
    Ich trat noch einmal vor an den Rand der Terrasse und blickte hinaus in diese vom Untergang gezeichnete Stadt. Nichts hatte sich geändert an der finsteren und zugleich überwältigenden Szenerie. Vielleicht nur, daß es noch eine Spur dunkler
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