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Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers

Titel: Anastasija 05 - Die Stunde des Henkers
Autoren: Alexandra Marinina
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Leichtigkeit waren nie zurückgekehrt. Und nun . . .
    Nachdem er die Küche betreten hatte, begriff er, dass Walja unterwegs eingekauft hatte. Auf dem Gasherd standen vier große Töpfe auf kleinen Flammen.
    »Als ich deine Küche gesehen habe, war mir sofort klar, dass du immer hungrig bist. Ich habe dir für eine ganze Woche Essen gekocht«, erklärte sie, während sie ihm in die Küche folgte. »In diesem Topf hier ist Suppe, in diesem gebratener Hammel mit Kartoffeln, hier Gemüseeintopf mit Fleisch, die Beilagen machst du dir selbst, Nudeln oder Reis. Hier ist gebratener Fisch mit saurer Sahne. Was möchtest du jetzt essen?«
    »Hammel. Nein, Gemüseeintopf. Nein, Fisch«, sagte Selujanow, dem schwindelig vor Hunger war. »Ich möchte alles auf einmal. Ich habe das Gefühl, ich könnte die ganze Welt aufessen. Lass uns mit der Suppe anfangen, und dann sehen wir weiter.«
    Sie aßen jeder einen Teller Suppe. Dann sahen sie weiter, und zwar einander in die Augen. Sie erhoben sich gleichzeitig und gingen schweigend ins Schlafzimmer. Am nächsten Morgen fühlte Selujanow zum ersten Mal nach vielen, vielen Jahren, was es bedeutete, glücklich zu erwachen.
    * * *
    Dreimal täglich bekam Oberst Gordejew Berichte über die Beschattung von Michail Larkin auf den Schreibtisch. Larkin verhielt sich irgendwie seltsam und unsystematisch, er ging durch die Straßen, betrat oft Geschäfte und Kaufhäuser, ohne etwas zu kaufen, hielt sich in billigen Imbissstuben auf, trank schlechten, lauwarmen Kaffee, verspeiste ohne sichtbaren Appetit kulinarische Seltsamkeiten und ging erneut durch die Straßen. Zuerst vermuteten die Beamten, dass Michail Dawydowitsch einen bestimmten Ort umkreiste, nach einer Möglichkeit suchte, sich mit jemandem zu treffen, oder irgendein Versteck finden wollte, denn immerhin hatte er sich vor kurzem mit Minajew, einem General des Spionageabwehrdienstes, getroffen, so dass auch Spionage im Spiel sein konnte. Aber dieser Verdacht schien sich nicht zu bestätigen. Larkin fuhr mal nach Sokolniki, mal in den Gorki-Park, mal auf den Markt in Konkowo. Dann wieder mied er belebte Orte, wanderte durch stille Alleen, saß lange auf Bänken im Freien. Niemand wusste, was das zu bedeuten hatte.
    Nach vier Tagen hörte Michail Larkin auf, durch die Stadt zu irren. Die Beamten hatten beobachtet, wie er sich mit einem jungen Mann von etwa dreißig Jahren getroffen hatte, es hatte eine sehr kurze Unterredung stattgefunden, nach der Larkin sichtlich erleichtert in seine Wohnung zurückgekehrt war. Die Identität des jungen Mannes wurde noch am selben Tag festgestellt, aber das, was man über ihn erfuhr, rief bei Gordejew und seinen Mitarbeitern nichts als stilles Erstaunen hervor. Vitali Knjasjew verkaufte heiße Würstchen und Bier in einer Imbissbude unweit der Metrostation Nowokusnezkaja. Vor der Bude, die sich in einem ruhigen, verkehrsarmen Gässchen befand, standen ein paar Tische und Stühle, die Würstchen waren heiß, das Bier kalt, und es gab immer frischen Salat. Meistens nahmen hier die Angestellten der nächstgelegenen Büros einen Imbiss ein, sie wechselten einige Worte mit Knjasjew und scherzten miteinander. Was konnte Larkin mit diesem scheinbar völlig unbedeutenden Mann zu tun haben?
    Man beschloss, vorerst abzuwarten, vielleicht würde sich von selbst etwas klären. Aber es klärte sich nichts. Larkin vergrub sich in seiner Wohnung. Das kurze Treffen mit Knjasjew war offenbar der Höhepunkt seiner Aktivitäten in den letzten Tagen gewesen. Was war so Besonderes an diesem Würstchenverkäufer?
    * * *
    Sauljak kehrte nach Moskau zurück und rief für alle Fälle gleich vom Flughafen aus bei Minajew an. Womöglich durfte er ja keine seiner beiden Wohnungen auf suchen, weder diejenige, in der er als Sauljak gemeldet war, noch die andere, in der er als geschiedener Ehemann einer Belgierin lebte.
    »Gut, dass Sie da sind«, sagte Minajew erfreut. »Sie werden hier sehr gebraucht. Fahren Sie jetzt nach Hause, in Ihre offizielle Wohnung, und bleiben Sie dort für eine Weile. Sie dürfen Ihre Wohnung vorläufig nicht verlassen.«
    »Warum?«
    »Darum. Das kann ich Ihnen am Telefon nicht sagen, Pawel Dmitrijewitsch. Fahren Sie nach Hause, schließen Sie sich ein und warten Sie ab. Nehmen Sie das Telefon nicht ab, wenn Anrufe kommen, und rufen Sie auch selbst niemanden an. Übermorgen pünktlich um zwölf Uhr mittags verlassen Sie das Haus. Genau fünf nach zwölf werden Sie vor der Apotheke einen weißen
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