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An einem Tag im Winter

An einem Tag im Winter

Titel: An einem Tag im Winter
Autoren: Judith Lennox
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dahinter dehnten sich, von Hecken durchzogen, umgepflügte Felder. Ellens Blick folgte Martins ausgestrecktem Zeigefinger, der auf den Horizont zu deuten schien, und dann sah Ellen das kleine Haus, das neben einem Waldgebiet stand.
    Â»Mitten im Nichts«, sagte er. »Aber so mag er’s, dieser miesepetrige alte Kerl. Sein Labor hat er im Turm. Wehe, man wagt sich da rein!«
    Â»Vielleicht mag er einfach keine Störungen.«
    Â»Vielleicht mag er einfach keine Menschen. Ich glaube nicht, dass er auch nur einen einzigen Freund auf der Welt hat.«
    Â»Ist er verheiratet?«
    Martin lachte laut heraus. »Du lieber Gott, nein. Padfield und Farmborough haben Familie. Alle anderen aus unserer Gruppe sind frei und ungebunden.« Er hatte seine Brille abgenommen und polierte ihre Gläser mit seiner Krawatte. Sein nackter Blick, bemerkte Ellen, hatte etwas Stechendes.
    Â»Kommen Sie hier aus der Gegend?«, fragte er sie.
    Â»Nein, eigentlich aus aller Welt. Mein Vater ist beim Militär. Ich habe in Bristol studiert.«
    Â»Ah, wie ich, in der akademischen Provinz. Wo sind Sie untergekommen?«
    Â»In Copfield. Ich fand das am bequemsten. Die vier Kilometer sind mit dem Fahrrad ein Klacks.«
    Â»In Copfield gibt es ein ganz ordentliches Pub, das GreenMan . « Er setzte seine Brille wieder auf und zwinkerte mehrmals. »Ein paar von uns gehen da manchmal nach der Arbeit hin, um einen zu trinken. Kommen Sie doch mal mit – wir sind, wie gesagt, alle ganz umgänglich …«
    Martin brach ab, als die Tür geöffnet wurde. Eine auffallend hübsche Frau im weißen Labormantel, klein und zierlich, mit glänzendem dunklem Haar, das sie hochgesteckt trug, trat ins Zimmer, in einer Hand eine mit einer Untertasse zugedeckte Kaffeetasse. »Hallo, Martin.« Sie stellte die Tasse auf den Arbeitstisch und wandte sich Ellen zu. »Sie sind sicher Miss Kingsley. Ich bin Andrée Fournier.« Sie hatte ein herzförmiges Gesicht mit makelloser, zart gebräunter Haut und tiefbraunen Augen, die sie mit einem Hauch Lidschatten und Wimperntusche betonte.
    Lächelnd reichte sie Ellen die Hand, dann sagte sie: »Vielen Dank, Martin. Ich kann jetzt Miss Kingsley hier oben alles zeigen.« Als Martin gegangen war, fragte sie: »Möchten Sie eine Tasse Kaffee, Miss Kingsley? Es ist noch etwas da.«
    Â»Gern, danke.«
    Â»Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo Sie Ihren Mantel aufhängen können.«
    Sie führte Ellen über den Flur und öffnete eine Tür. Der Raum dahinter war sehr klein, kaum breiter als ein Korridor: ein hohes, schmales Fenster, das ein Stück Himmel umrahmte, eine nackte Glühbirne, ein Spültisch und ein Tauchsieder, darüber ein Spiegel und an der Wand daneben mehrere Garderobenhaken, von denen ein einsamer grauer Mantel und ein roter Wollschal herabhingen.
    Ellen hängte ihren Mantel an den zweiten Haken und atmete tief den Kaffeeduft ein. »Köstlich.«
    Â»Der Kaffee, den die anderen trinken, ist grauenvoll. Meine Mutter schickt mir die Bohnen aus Frankreich.« Neben dem Tauchsieder stand eine Kaffeekanne. Andrée schenkte eine Tasse ein.
    Â»Martin ist ja wirklich nett«, bemerkte Ellen.
    Â»Ã„h – ja. Obwohl – diese Männer, die jedem irgendeinen albernen Spitznamen verpassen müssen … Martin kann wahnsinnig kindisch sein. Bitte, da ist Zucker.«
    Â»Ja, ich weiß, wie einem Spitznamen auf die Nerven gehen können.«
    Â»Sie werden ab sofort ›die Rote‹ heißen, Miss Kingsley«, erklärte Andrée Fournier trocken.
    Ellen lachte. »Die war ich schon während meiner ganzen Schul- und Studienzeit, daran bin ich gewöhnt. Immer noch besser als ›Karottenkopf‹.«
    Â»Sie haben tolle Haare. Dieses dunkle Rot. Als kleines Mädchen habe ich mir immer solche Haare gewünscht.«
    Während Ellen mit Genuss ihren Kaffee trank, fragte sie: »Wie machen Sie das mittags? Ich habe mir für alle Fälle ein paar Brote mitgenommen.«
    Â»Padfield und Farmborough fahren mittags oft nach Hause, aber die meisten von uns nehmen sich etwas mit und essen unten im Aufenthaltsraum. Da brennt immer ein Feuer, das ist im Winter schön warm. Ich persönlich bleibe manchmal lieber hier oben. Im Aufenthaltsraum ist es oft so laut. Miriam kocht für Pharoah und Kaminski. Und auch für die anderen Männer, wenn sie im Speisesaal
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