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An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)

Titel: An den Gestaden von Chaldewallchan - Der Atem des Drachen (German Edition)
Autoren: Peter Wiebelt
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Schneide mit dem dunklen Blut benetzt und streifte über die nackte Haut des Jungen. Natas schrie vor Schme r zen, das Blut ätzte sich durch seine Haut wie Säure, der Geruch von verbran n tem Fleisch stieg ihm in die Nase und brannte in seinen Augen.   
    Der getroffene Angreifer sackte in sich zusammen, kippte nach hinten vom Pferd und wurde durch die Wucht des Au f pralls an einem Baum in zwei Hälften gerissen.
    Sturm erreichte das Ende des Waldes und schlug mit einem let z ten gewaltigen Satz eine tiefe Schneise in die dichte Bau m grenze des Nachtwaldes. Das hasserfüllte Aufheulen der Hyronen ließen sie hinter sich, als sie eine Landzunge, die weit und steil über das grüne Tal hinausragte, empor ritten.  
     
    Wolf  ließ Sturm langsamer werden, als sie die Spitze des bre i ten, schneebedeckten Überhangs erreic h ten. Der Blick über das weite Land war unglaublich. Die langsam aufgehe n de Sonne, die Verkünderin des neuen Tages, verzauberte das in weiß g e tauchte Tal mit wunderschönen Farbspielen und einem leichten Schi m mern, das den anbrechenden Morgen noch strahlender ersche i nen ließ. Durch die klare und dünne Luft konnte man weit im Norden am Horizont die zerklüft e ten Hänge der Hochebene von Hadret erkennen. Weiter im Westen waren sogar die Gipfel der Berge zu sehen, hinter denen  das verfluchte Reich der alten Hexe Muriel begann.
    Wolf zog die Zügel an und Sturm blieb stehen, er genoss den Anblick, doch ihm war nicht wohl dabei. Als er im Westen das Gebirge erblickte, wusste er doch, welch Boshaftigkeit sich da-hinter verbarg, tief in den Gemäuern der dunklen Festung.
    Er stieg vom Pferd. Der kleine Junge auf seinem Rücken war schwer und seine Knochen schmerzten, als er sich auf den Boden abließ. Er stöhnte, fasste mit beiden Händen nach hinten, zog das schwere Bündel, welches er sich aufgeladen hatte über die Schul-tern und legte es mitsamt dem Schild auf die harte, gefrorene Erde. Das Kind lag jetzt zusammengekrümmt in dem übergroßen Schutzteller und die Metalldornen auf der Unterseite kratzten über den Frostboden. Natas wand sich vor Schmerzen und mur-melte wirre Dinge vor sich hin. Wolf beugte sich über den Jun-gen, bemerkte die Wunde an seiner Seite und betrachtete sie ge-nauer. Dort, wo das Blut des Waldgeistes die Haut des Jungen berührt hatte, hatten sich schon entsetzliche Brandblasen gebil-det.
    „Du wirst sterben, mein Kleiner!“, raunte er und legte eine dicke Wolldecke, die er vom Pferd genommen hatte, über ihn.
    Das schwarze Blut hatte sich tief in Natas Körper geätzt und ver-giftete nun langsam den geschwächten Leib. Wolf hatte so etwas schon einige Male gesehen und wusste, dass der direkte Kontakt mit den giftigen Körperflüssigkeiten dieser Dämonen stets töd-lich endete.
    Er entdeckte ein gesticktes Namensschild am Kragen des Jungen und drehte es so, dass er es lesen konnte. Das Schild war ver-dreckt und teilweise eingerissen.
    “N..a..t..a..s...N..e..m..u..d!“, las er mit zusammengekniffenen Au-gen. Der Nachnahme NEMUD war nur noch sehr schwer zu entziffern, und seine Richtigkeit konnte man sicherlich nicht mehr überprüfen.
    „Was für ein eigenartiger Name für einen Jungen!“, wunderte sich Wolf und deckte den Hals des Kindes mit seinem Schal zu.
    Er setzte sich müde auf ein Fell, das er zum Schutz vor der Kälte auf der Erde ausgebreitet hatte und betrachtete den fiebernden Jungen. Sturm graste in der Nähe den kargen, gefrorenen Boden ab, auf der Suche nach ein paar Grashalmen, die dem bitteren Frost der Nacht widerstanden hatten.
    Langsam löste Wolf den metallenen Mundschutz von seinem Helm, warmer Atem bildete eine dichte Wolke vor seinem Ge-sicht. Dann zog er mit beiden Händen seinen Kopfschutz aus und legte ihn neben sich. Seine langen braunen Haare waren zu einem Zopf gebunden und ein mit grauen Strähnen durchsetzter Bart umrahmte sein vernarbtes Gesicht.
    Andenken aus unzähligen Schlachten hatten sich in seine gegerb-te Haut gebrannt, wie ein Spiegelbild seiner Seele. Wache, stahl-blaue Augen betrachteten das Kind und ein Schimmer von Mit-leid spiegelte sich darin, eine Emotion, zu der Wolf vor zehn Jahren nicht einmal ansatzweise fähig gewesen wäre. Aber die Zeit seiner rücksichtslosen und zweifelsfreien Jugendjahre war vergangen und ein seltsames Gefühl der Leere hatte sich in sein Herz geschlichen. Seit achtunddreißig Jahren kannte er nur Ge-walt, Tod und sich selbst. Die Liste seiner Opfer war lang, aber trotz
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