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Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin

Titel: Amelia Peabody 14: Die goldene Göttin
Autoren: Elizabeth Peters
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Krankenhauses zu investieren, für die ärmsten und verachtungswürdigsten Frauen in Kairo. Wenn sie doch nur zur Ruhe fände – ihre sprühende Energie der Medizin und der Archäologie widmen würde, und Ramses – und vielleicht …
    Das Schiff schlingerte bedenklich und ich ließ den Ohrring fallen, den ich gerade befestigen wollte. Mit einem gedämpften »Verflucht« tastete ich mich auf Händen und Knien über den Boden, ohne – ich muss dies schwerlich erwähnen – den Faden meiner mentalen Betrachtungen zu verlieren.
    Ich sollte ehrlicherweise zugeben, dass mein Sohn und meine (Schwieger)tochter nicht die Einzigen waren, auf die es gewisse Zeitgenossen abgesehen hatten. Emerson und ich neigten ebenfalls dazu, solche Individuen anzuziehen wie der Kompost die Fliegen. Über die Jahre hinweg hatten wir es geschafft – erfolgreich, auch dies kaum erwähnenswert-, Mörder, Fälscher, Grabräuber und Kriminelle unterschiedlichster Spezies dingfest zu machen. Einige davon sogar mit uns verwandt.
    Als ich in Verfolgung des verschwundenen Ohrrings unter den Toilettentisch kroch, fiel mir etwas ein, was Emerson über meinen Familienzweig gesagt hatte, nämlich dass ihm jegliches Verantwortungsbewusstsein fehle. Das klingt brutal, ist aber zweifellos korrekt. Einer meiner Neffen war – zum Glück kann ich mich hier der Vergangenheitsform bedienen – so ein zutiefst abstoßender Mensch gewesen. Sennia, seine kleine Töchter mit einer Kairoer Prostituierten, die er grausam verstoßen hatte, war inzwischen ein Teil unserer Familie.
    Der Dampfer schlingerte erneut, und meine Schädeldecke machte schmerzhaft Bekanntschaft mit der Unterseite des Toilettentischs. Da ich allein war, mich also niemand hörte, erlaubte ich mir einige eher harmlose Flüche. Ich halte nichts von diesen unflätigen Äußerungen, die alle anderen Familienmitglieder jedoch großzügig einstreuen. Das ist Emersons Fehler. Er kann oder will sich nicht beherrschen, und die Kinder imitieren ihn natürlich. Gelegentlich ist Nefrets Ausdrucksweise so …
    Der verfluchte Ohrring blieb unauffindbar, aber wie gewöhnlich beschloss ich, es positiv zu sehen. Emersons Verwandtschaft war einzigartig: sein Bruder Walter, ein begnadeter Wissenschaftler und Gentleman; Walters Frau, meine Busenfreundin Evelyn; und ihre wohlgeratenen Kinder, zu denen ich auch den Mann ihrer Tochter Lia zähle. David, ein begabter Künstler und ausgebildeter Ägyptologe und Ramses’ bester Freund, war der Enkel unseres geschätzten, verstorbenen Rais Abdullah. Im letzten Jahr hatten wir ihn empfindlich vermisst – in professioneller wie persönlicher Hinsicht.
    Emerson hatte jedoch noch einen weiteren Bruder. Die Tür sprang auf und Emerson stakste herein. Ein Blick auf meine Haltung und er stieß einen Entsetzensschrei aus, fasste mich um die Taille und hob mich hoch. »Bist du gefallen, mein Schatz? Dieses verdammte Schiff trudelt wie ein Gummiball. Sprich mit mir, Peabody.«
    Ich war gerührt, dass er meinen Mädchennamen verwendete – ein Zeichen seiner Wertschätzung und Zuneigung – und zärtlich besorgt wirkte, indes zwang mich eine gewisse Unannehmlichkeit zu leisem Protest. »Ich kriege keine Luft mehr, Emerson, du zerquetschst mich ja.«
    »Oh.« Emerson lockerte seinen Griff und umklammerte den Türrahmen.
    »Ich habe einen Ohrring fallen lassen«, erklärte ich nach einem tiefen Atemzug. »Bitte, lass mich runter, Schatz. Ich möchte ihn nicht verlieren, du hast mir dieses Paar zu Weihnachten geschenkt.«
    »Ich werde ihn schon finden.« Emerson deponierte mich auf dem Bett und begann, in der Kajüte herumzurobben. »Bleib still liegen, sonst stößt du dir noch den Kopf. Aha – da ist er ja, mein Schatz.«
    Das Schmuckstück glitzerte und funkelte in seiner riesigen, gebräunten Hand. Für gewöhnlich mache ich mir nichts aus Diamanten – ein antiker Skarabäus oder der Perlenschmuck einer Mumie sind weit mehr nach meinem Geschmack-, aber Emerson hatte Steine und Fassung ausgesucht. Nachdem ihm aufgefallen war, dass anderen Frauen Diamanten wohl gefielen – dafür hatte er nur dreißig Jahre gebraucht –, entschied er, dass auch ich welche haben sollte.
    »Warum bist du so formell gekleidet?«, wollte er wissen. »Das macht heute Abend keiner, die See ist viel zu rau.«
    »Man muss die Etikette wahren, besonders in Zeiten wie diesen. Hast du vergessen, welcher Tag heute ist?«
    »Ja«, grummelte Emerson, in dem – so nahm ich an – verzweifelten Versuch,
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