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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx
Autoren: Elizabeth Peters
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Toleranz zu üben und ihn in der Hoffnung zum Reden zu ermutigen, daß er vielleicht unbeabsichtigt Informationen preisgab, die mir nützlich waren.
    »Wer sind Sie wirklich?« fragte ich. »Ist das Ihr wahres Erscheinungsbild?«
    Sethos schmunzelte. »Das ist eine weitere Eigenschaft, die ich so überaus an Ihnen schätze, Amelia – verzeihen Sie, Mrs. Emerson. Sie sind nicht hinterhältig. Doch so sehr ich mich auch danach sehne, mich Ihnen anzuvertrauen, und darauf brenne, Ihnen mein wahres Ich zu enthüllen, zwingt mich die Vorsicht dazu, mein Inkognito aufrechtzuerhalten, bis wir wirklich vereint sind. Das Gesicht, das Sie hier vor sich sehen, ist nur eines von Tausenden, die ich mir je nach Belieben zu eigen mache. Ich bin, wenn ich das einmal so nennen darf, ein Meister in der Kunst der Verstellung. Verzeihen Sie mir die Unverfrorenheit, mich ein wenig zu brüsten … mich bewundernswerter in den Augen derjenigen erscheinen zu lassen, die ich verehre …«
    »Bitte fahren Sie fort«, sagte ich und nahm mir noch etwas Salat. »Das Thema interessiert mich brennend.«
    »Aber das ist kein Thema, von dem Sie profitieren könnten. Sie sind mein Gegenpol, direkt, wo ich verschlagen bin, offen heraus, wo ich verhalten und vorsichtig taktiere. Sie gehen unumwunden auf Ihr Ziel zu, indem sie den Leuten Ihren Sonnenschirm auf den Kopf schmettern, und ich bewege mich so langsam und hinterlistig wie eine Schlange. Die Kunst der Verstellung ist für meinen Beruf lebenswichtig, nicht nur aus praktischen Erwägungen, sondern auch, weil sie meinen Handlungen eine Aura des Übersinnlichen verleiht. Viele meiner törichten Assistenten glauben, daß ich meine äußere Erscheinung aufgrund von Magie verändere. Dabei ist es in Wirklichkeit nur der geschickte Umgang mit Schminke und Haarfarbe, Perücken, Bärten und Kostümen sowie unterschwelligen, doch gleichermaßen bedeutsamen Verhaltensänderungen. Gesten, Körperhaltung, Stimmlagen verändern das menschliche Erscheinungsbild weitaus wirkungsvoller als jeder physische Trick. Ich kann mich mit Hilfe besonderer Schuhe oder Stiefel um einige Zentimeter größer machen. Ich kann aber genausogut dafür sorgen, daß ich aufgrund einer bestimmten Haltung kleiner wirke. Wenn Sie den Grafen kritisch beobachtet hätten, wäre Ihnen aufgefallen, daß er größer war, als es seine gebeugte Haltung erkennen ließ; daß seine hängenden Schultern gar nicht so schmal waren, wie es den Anschein hatte; daß seine schleppende Stimme und sein gekünsteltes Benehmen auf mangelnde Körperkraft hindeuteten, was seine eigentliche Statur sicherlich nicht vermuten ließ.«
    »Aber seine Augen«, entfuhr es mir – denn ich war zutiefst fasziniert. »Der Geistliche von Dronkeh hatte mit Sicherheit schwarze Augen. Und Ramses hat mir versichert …«
    »Ramses muß noch viel lernen«, sagte Sethos. »Es gibt Möglichkeiten, um die Farbe der Augen zu verändern. Bestimmte Drogen erweitern die Pupillen. Lidschatten und Wimperntusche lassen die Iris dunkler oder heller erscheinen, insbesondere, wenn man das Glück hat, Augen von einer undefinierbaren Farbe zwischen Braun und Grau zu besitzen. Eines Tages werde ich Ihnen meine Trickkiste zeigen, Amelia. In jedem meiner Verstecke verfüge ich über ein Laboratorium, das mit meiner Ausstattung bestückt ist – darunter auch einige von mir selbst entwickelte Hilfsmittel. Es wird Ihnen vielleicht Spaß machen, damit zu experimentieren. Obwohl es in Ihrem Fall schwierig sein dürfte, diese leuchtenden, wachen Gestirne zu verbergen oder ihren Glanz zu schmälern …«
    Während er sprach, hatte er mir tief in diese wachen Gestirne geblickt und seine Stimme zu einem sanften Murmeln gesenkt.
    »Mir wäre eine logische Abhandlung lieber als irgendwelche leeren Komplimente«, sagte ich – obgleich mir bewußt wurde, daß mein Puls raste.
    Er senkte den Blick. »Verzeihen Sie mir. Ich werde mein Wort halten, auch wenn Sie es mir sehr schwer machen … Ich werde Ihnen alle Fragen beantworten … bis auf eine.«
    »Ihre wahre Identität, nehme ich an. Nun, Mr. Sethos, ich habe noch Dutzende anderer. Warum führen Sie ein solches Leben? Mit Ihren Fähigkeiten wären Sie auch in einer ganzen Reihe legaler Berufe erfolgreich.«
    Nachdenklich erwiderte er: »Eines Tages werde ich Ihnen von meiner Vergangenheit erzählen, und dann werden Sie die Motive verstehen, die mich zu diesem zugegebenermaßen merkwürdigen Lebenswandel zwangen. Aber eines darf ich Ihnen schon jetzt
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