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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein
Autoren: Elizabeth Peters
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fragte ich und runzelte die Stirn. »Du lispelst ja wieder!«
    »Das ist kein Lispeln«, verteidigte Evelyn den kleinen Schurken, der sich dem Teetisch zugewandt hatte und eifrig Sandwiches verzehrte. »Er hat seine >s< immer einwandfrei gesprochen!«
    »Du kannst es nennen, wie du willst«, sagte ich. »Er macht es jedenfalls absichtlich, um mich zu ärgern.«
    Ramses hatte sich an die Knie seines Vaters gelehnt und betrachtete mich mit einem seltsam langen Blick, während er sich ein Kressesandwich im ganzen in den Mund stopfte. Die Ankunft des atemlosen, keuchenden Walter verhinderte eine Fortsetzung der Diskussion.
    »Da bist du ja, du kleiner Gauner!« sagte er erlöst. »Wo warst du denn? Du wußtest doch, daß deine Eltern kommen!«
    »Ja, daf fon …« Ramses sah mich an. Langsam und deutlich wiederholte er den Satz: »Ja, daf fon. Aber ich dachte, daf der Zug fpäter kommen würde. Du muft Anzeige gegen Will Baker eftatten, Onkel Walter! Er ftellt wieder Fallen auf. Ich habe heute viele Tiere befreit.«
    »Tatsächlich? Wird gemacht!« sagte Walter.
    »Guter Gott!« stöhnte ich. Früher hatte Walter Ramses einmal verhauen, weil er Seiten aus einem Buch gerissen hatte, aber jetzt war auch er ein willenloses Werkzeug in den Händen dieses kleinen Diktators geworden!
    »Deine Ausdrucksweise, Amelia!« zischte Emerson. »Denke daran, daß junge unschuldige Ohren dir zuhören.«
    Nachdem Ramses sich zum Waschen und Umziehen begeben hatte, kehrte das braunhäutige Ungeheuer mit dem dunklen Wuschelkopf schon bald in Begleitung seiner drei blonden Vettern, die sich wie vollendete Gentlemen benahmen, zu uns zurück. Der neunjährige Radcliffe sah ein wenig angegriffen aus, aber die jüngeren Zwillinge Johnny und Willy schienen die Strapazen, die unser Sohn ihnen sicher verursacht hatte, besser überstanden zu haben. Nachdem sie uns artig begrüßt hatten, trat Ramses mit einem blondgelockten vierjährigen Engelchen auf mich zu, dessen kugelrunde Augen etwas gequält schauten, weil Ramses sie fest im Genick gepackt hielt. Er schubste sie in meine Richtung und sagte: »Und das ist >Melia<, Mama.«
    Ich gab ihr einen Kuß, doch als ich sie neben mich auf das Sofa heben wollte, sagte die Kleine: »Danke, Tante, aber ich mag lieber neben Ramses sitzen.« Ich seufzte nur, als ich den Blick bemerkte, mit dem sie meinen Sohn fixierte – wie eine kleine Maus, die vor einer Schlange sitzt.
    Während sich Evelyn rührend um das Wohl der lieben Kleinen kümmerte, wandte ich meine Aufmerksamkeit dem Gespräch zwischen den Männern zu.
    »Dann werdet ihr also nicht nach Theben zurückgehen?« fragte Walter gerade.
    »Verdammt! Das sollte doch eine Überraschung für Amelia werden!« zischelte Emerson leise.
    »Ich liebe keine Überraschungen«, sagte ich. »Am wenigsten, wenn sie auch noch unsere Arbeit betreffen.«
    »Diese wirst du mögen, meine liebe Peabody. Rate, wo wir in diesem Winter graben werden!«
    Die liebevolle Anrede ließ die heftige Erwiderung, die mir auf der Zunge lag, ungesagt. Ich weiß nicht, wann wir begonnen haben, uns auf die zärtlichste Weise mit unseren Nachnamen anzusprechen, jedenfalls aber war es mittlerweile eine beglückende Gewohnheit geworden.
    Sanfter gestimmt, sagte ich: »Mein lieber Emerson, ich habe keine Ahnung, wo ich beginnen soll. Ich möchte an unendlich vielen Plätzen graben.«
    »Aber du hast doch einen ganz großen Wunsch! Sozusagen eine bisher unbefriedigt gebliebene Sehnsucht, die Krönung deiner archäologischen Karriere?«
    »O Emerson!« Ich klatschte in die Hände, ohne daran zu denken, daß ich immer noch mein Tomatensandwich hielt. Während ich die traurigen Reste mit einem Taschentuch abwischte, fragte ich: »Pyramiden! Hast du das gemeint? Hast du eine Pyramide für uns?«
    »Nicht nur eine, sondern fünf!« antwortete Emerson, und seine blauen Augen leuchteten. »Dahschûr, Peabody! Das Pyramidenfeld von Dahschûr, dort werden wir graben. Freut dich das?«
    »Du willst sagen, daß du hoffst, dort graben zu können«, stellte ich richtig, während meine erste Begeisterung wich. »Hast du eine Genehmigung bekommen?«
    »Du weißt, daß ich niemals im voraus bei der Ägyptischen Antikenverwaltung um Genehmigungen bitte, weil die lieben Kollegen oft genug davon Wind bekommen und dann ihrerseits Anträge stellen. Ich mag keine Namen nennen, aber du kannst dir sicher denken, wen ich dabei im Auge habe.«
    Ich ließ die kleine Anspielung auf Mr. Petrie außer acht und sagte:
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