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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein
Autoren: Elizabeth Peters
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bewundern zu dürfen … Ich habe mich nicht beschwert, Peabody, das ist nicht meine Art, aber ich habe Sehnsucht nach Ramses. In diesem Jahr nehmen wir ihn mit nach Ägypten, nicht wahr? Freust du dich auch so sehr, Peabody?«
    »Gib mir einen Kuß, Emerson«, hauchte ich matt.
     
    Wir hatten wenig Kontakt zu unseren Nachbarn, weil sie großenteils sehr langweilig waren und Emerson für einen exotischen Außenseiter hielten. Außerdem war mir nachbarschaftlicher Klatsch verhaßt. Unsere Bediensteten wußten ohnehin mehr über uns und unser Leben, als mir manchmal lieb war, weil Emerson sich in ihrer Gegenwart keinerlei Beschränkung auferlegte und alles laut hinausposaunte. Sicher hatten alle seinen Freudenausbruch mit angehört oder wenigstens erzählt bekommen. Als ich nach oben ging, um mich zum Abendessen umzuziehen, war Rose bereits über alles informiert.
    Rose war unser Hausmädchen, aber da ich keine Zofe beschäftigte, half sie mir manchmal bei der Toilette. Heute hatte ich sie zwar nicht gerufen, aber sie erwartete mich bereits, um mich zu fragen, welche Vorbereitungen sie für die Reise nach Chalfont treffen sollte. »Soll ich während Ihrer Abwesenheit das Zimmer von Master Ramses in Ordnung bringen?« fragte sie dann.
    »Das Zimmer ist in Ordnung«, antwortete ich. »Außerdem lohnt es sich nicht, etwas in Ordnung zu bringen, was man fünf Minuten nach seiner Ankunft ohnehin nicht mehr wiedererkennt.«
    »Dann wird Master Ramses also wieder nach Hause kommen?« fragte Rose lächelnd.
    Roses Begeisterung für das kleine Ungeheuer war mir unerklärlich, denn sie hatte die Hauptlast zu tragen. Sie hatte sicher schon tonnenweise Erde und Schmutz von Teppichen und Läufern entfernt. Kurz angebunden, erwiderte ich, daß wir selbst noch nicht wüßten, ob Ramses nach Hause käme. Ich würde ihr jedenfalls rechtzeitig Bescheid geben, falls ihre Dienste gebraucht würden.
    Ramses hatte kein Kindermädchen. Zu Anfang, als wir in dieses Haus zogen, hatten wir eine Nanny eingestellt, aber sie hielt es nur eine Woche aus. In den nächsten Jahren wechselten die Damen mit so atemberaubender Geschwindigkeit, daß Emerson sich beklagte, weil er nie Zeit hatte, sich ein Gesicht einzuprägen. Im zarten Alter von drei Jahren erklärte uns Ramses, daß er keine Nanny mehr bräuchte, und Emerson stimmte ihm zu. Ich hätte ihn lieber unter der Aufsicht einer resoluten Person – vielleicht einer Gefängnisaufseherin – gewußt, aber es war fast unmöglich, noch irgend jemanden für diese Stellung zu begeistern. Der Klatsch hatte sich wahrscheinlich herumgesprochen.
    Als wir das Speisezimmer betraten, sah ich auf den ersten Blick, daß die bevorstehende Rückkehr unseres Sohnes bereits eine akzeptierte Tatsache war. Wilkins machte ein gottergebenes Gesicht, und der Diener John lächelte. Er war Ramses ebenso treu ergeben wie Rose.
    Ich habe es bereits seit langer Zeit aufgegeben, Emerson korrektes Benehmen vor den Bediensteten beizubringen. Immer wieder und wieder spricht er vor ihnen über die persönlichsten Dinge und scheut auch nicht davor zurück, gelegentlich Wilkins um seine Meinung zu bitten. Dieser jedoch ist zu höflich und zieht sich mit einem diplomatischen >Ich weiß wirklich nicht, Sir< aus der Affäre. John dagegen ist sehr unbefangen, denn dies ist seine erste Anstellung.
    An diesem Abend jedoch war Emerson ungewöhnlich zurückhaltend. Er machte nur hin und wieder eine Bemerkung über die Rosen und das Wetter, während er seine Suppe aß. Aber kaum war John verschwunden, um den nächsten Gang zu holen, fragte er ganz beiläufig: »Wir müssen uns allmählich Gedanken über die nächste Grabungssaison machen, Peabody. Wirst du das Mädchen mitnehmen?«
    Bisher hatte keiner von uns jemanden aus der Dienerschaft mitgenommen, und die Vorstellung, wie Rose in ihrem adretten, schwarzen Kleid und dem Häubchen in ein Zelt kriecht oder ein Feldbett in einem leeren Grab aufstellt, hatte für mich etwas Befremdliches. Ich antwortete Emerson in entsprechender Weise.
    »Nun gut«, sagte er. »Du kannst tun, was du für richtig hältst. Ich für meinen Teil hätte diesmal gern einen Kammerdiener dabei. John …«, und damit wandte er sich dem jungen Mann zu, der gerade mit dem Roastbeef hereingekommen war, »würden Sie gern in diesem Jahr mit uns nach Ägypten fahren?«
    Wilkins rettete die Platte, bevor allzuviel Soße auf den Teppich getropft war. John war völlig außer sich. »Wie, Sir? Ich, Sir? Oh, Sir, ich würde
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