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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein
Autoren: Elizabeth Peters
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werden wir Tag und Nacht arbeiten. Keine Spaziergänge im Garten, keine gesellschaftlichen Verpflichtungen mehr, bevor das Manuskript nicht fertig ist!«
    Ich zögerte begreiflicherweise, ihm mitzuteilen, daß uns wahrscheinlich eine weit größere Ablenkung bevorstand als jede gesellschaftliche Verpflichtung. Außerdem vermutete ich, daß etwas geschehen war, was diese überstürzte Arbeitswut hervorgerufen hatte, denn jeder normale Archäologe hält sich für schnell, wenn er die Ergebnisse seiner Arbeit innerhalb von zehn Jahren veröffentlicht. Es war nicht weiter schwer, richtig zu raten.
    »Hast du heute Mr. Petrie getroffen?« fragte ich.
    »Mmh«, brummte Emerson und schrieb weiter.
    »Arbeitet er auch an einem Manuskript?«
    Wütend feuerte Emerson seinen Federhalter quer durch den Raum und funkelte mich an. »Er ist bereits fertig! Das Manuskript geht noch diese Woche in Druck. Kannst du dir das vorstellen?«
    Der junge erfolgreiche Ausgräber war für Emerson ein rotes Tuch. Dabei hatten die beiden viele gemeinsame Eigenschaften – die gründliche, methodische Arbeitsweise, die Verachtung für die Kollegen, die weniger exakt arbeiteten, und sogar die Gewohnheit, diese Verachtung ungeniert publik zu machen. Eigentlich hätten diese Gemeinsamkeiten sie zu Freunden machen müssen, aber das Gegenteil war der Fall. Der Ehrgeiz, Grabungsergebnisse spätestens nach einem Jahr zu veröffentlichen, hatte zu einem grotesken Wettlauf geführt, der nicht nur unnötig und wenig produktiv war, sondern auch, wenigstens in Petries Fall, zu einigen schluderigen Ergebnissen geführt hatte.
    »In so kurzer Zeit kann er doch keine gute Arbeit geleistet haben«, sagte ich in der Hoffnung, meinen gequälten Ehemann ein wenig aufzumuntern. »Was zählt denn mehr, die Schnelligkeit oder die Qualität?«
    Mein Beruhigungsversuch war fehlgeschlagen. »Natürlich ist beides wichtig«, fauchte Emerson. »Wo zum Teufel ist der verdammte Federhalter? Ich darf keine Sekunde verlieren.«
    »Den hast du an die Wand geworfen, und ich bezweifle, daß wir die Tinte jemals wieder von dieser Büste werden entfernen können. Sokrates sieht aus, als hätte er die Masern!«
    »Dein Humor, oder was du dafür hältst, ist fehl am Platz, meine liebe Peabody. Ich finde die Lage überhaupt nicht witzig.«
    Ich sah von weiteren Aufmunterungsversuchen ab und teilte ihm die Neuigkeit lieber gleich unverblümt mit. »Ich habe heute nachmittag ein Telegramm von Evelyn erhalten. Wir müssen unverzüglich nach Chalfont fahren.«
    Emerson wurde aschfahl, und ich bereute sofort, daß ich ihn nicht vorbereitet hatte. Emerson liebte seine Familie über alles. »Alles in Ordnung«, fügte ich schnell hinzu. »Es sind gute Nachrichten. Hör zu!« Ich nahm das Telegramm und las vor: »Wunderbare Neuigkeiten. Kommt und teilt unsere Freude. Wir haben euch schon so lange nicht mehr gesehen.«
    Emerson schnappte nach Luft, und dann legte er los. »Amelia! Du bist wirklich die taktloseste Frau, die ich kenne!« schimpfte er. »Welcher Teufel hat dir das eingeflüstert? Du hast es doch mit Absicht getan!«
    Ich versuchte, ihm die Ungerechtigkeit einer solchen Unterstellung vor Augen zu führen, und es folgte eine hübsche, erfrischende Diskussion, bevor Emerson wieder besänftigt war. »Hm?« meinte er schließlich. »Gute Nachrichten? Vielleicht eine Ehrendoktorwürde für Walter? Oder ein Lehrauftrag?«
    »Typisch Mann!« sagte ich lächelnd. »Ich tippe eher darauf, daß Evelyn wieder ein Kind erwartet.«
    »Aber das ist doch lächerlich, Peabody! Natürlich habe ich nichts dagegen, wenn mein Bruder und seine Frau Kinder in die Welt setzen, aber diese Tatsache als >wunderbare Neuigkeit< zu bezeichnen …«
    »In diesem Fall stimmen unsere Ansichten überein, Emerson, aber wir haben das Telegramm ja auch nicht geschickt. Du kennst doch Evelyns Liebe zu Kindern!«
    »Stimmt!« Emerson überlegte eine Weile und sah mich dann strahlend an. »Weißt du, was das bedeutet, Peabody? Wenn Evelyn ihre Depression überwunden hat, braucht sie Ramses nicht mehr, und wir können den kleinen Kerl nach Hause holen!«
    »Ich bin zum selben Ergebnis gekommen.«
    Emerson sprang auf, zog mich vom Stuhl hoch und wirbelte mit mir durchs Zimmer. »Du hast ja keine Ahnung, wie ich seine Stimme vermißt habe! Und das Tapsen der kleinen Füße! Ich freue mich darauf, ihm wieder aus der Geschichte des alten Ägypten vorlesen zu können und seine Ausgrabungsergebnisse aus dem Rosengarten
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