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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts
Autoren: Roger Zelazny
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Richtung meiner Kehle, und es sprang so hoch und so schnell, daß ich ihm nicht gegen den Kopf treten konnte. Ebensowenig vermochte ich ihm auszuweichen.
    Seine Vorderbeine waren auf einer Höhe mit meinem Zwerchfell, und ich hoffte, daß mein Onkel auch in dieser Hinsicht recht gehabt hatte, während ich sie packte, mich mit aller Kraft nach hinten und einwärts wegdrehte und auf ein Knie fiel, um den Kiefern zu entgehen, das Kinn gesenkt, um meine Kehle zu schützen. Knochen krachten und knirschten, als ich mich umdrehte und sich sein Kopf fast unmittelbar darauf senkte, um meine Handgelenke anzugreifen. Doch da erhob ich mich bereits wieder und warf mich mit einem Aufwärtssprung nach vorn.
    Es taumelte rückwärts, drehte sich um sich selbst und wäre beinahe über die eigenen Pfoten gestolpert. Als diese jedoch auf den Boden schlugen, gab es einen Laut von sich, eine Mischung zwischen einem Winseln und einem Fauchen, und sackte nach vorn.
    Ich war im Begriff, zu einem erneuten Schlag gegen den Schädel auszuholen, als seine Füße wieder festen Boden fanden und es sich schneller bewegte, als ich ihm zugetraut hatte. Sobald es wieder stand, hob es sofort das rechte Vorderbein und balancierte auf drei Beinen, immer noch knurrend, die Augen starr auf mich herab gerichtet, Speichel aus dem Unterkiefer versabbernd. Ich wich ein kleines Stück nach links, überzeugt davon, daß es noch einmal einen Angriff auf mich vorhatte; ich knickte den Körper ab und brachte mich in eine Stellung, die mir niemand beigebracht hatte, denn hin und wieder habe ich auch eigene Einfälle.
    Als es diesmal auf mich losging, war es ein bißchen langsamer. Vielleicht hätte ich auf den Schädel zielen und ihn erwischen können. Ich weiß es nicht, weil ich es nicht versucht habe. Ich packte es erneut am Hals, und diesmal handelte es sich dabei um vertrautes Territorium. Während der wenigen Augenblicke, die ich brauchte, sollte es sich diesmal, anders als beim ersten Mal, meinem Griff nicht entwinden. Ohne seinen Schwung zu bremsen, drehte ich mich weg, duckte mich tief und stieß und zog und steuerte auf diese Weise seine Bewegungsbahn.
    Es schwenkte mitten in der Luft ab, sein Rücken schlug gegen das Fenster. Mit einem Klirren und Scheppern krachte es hindurch, wobei es einen Großteil des Rahmens, den Vorhang und die Vorhangschnur mitnahm.
    Ich hörte, wie es drei Stockwerke tiefer aufprallte. Als ich mich erhoben hatte und hinausblickte, sah ich, wie es ein paarmal zuckte und dann reglos liegenblieb, dort unten auf dem Betonplatz, wo Julia und ich so oft ein Mitternachtsbier getrunken hatten.
    Ich kehrte zurück zu Julia, kniete neben ihr nieder und hielt ihre Hand. Allmählich wurde ich mir meiner Wut bewußt. Irgend jemand mußte hinter dieser Sache stecken. Konnte es wieder mal S sein? War dies mein diesjähriges Geschenk zum 30. April? Ich hatte eine undeutliche Ahnung, daß es so war, und ich hätte S gern dasselbe zugefügt wie soeben dem Geschöpf, das dieses Schauspiel aufgeführt hatte. Es mußte einen Grund geben. Es mußte eine Auflösung geben.
    Ich erhob mich, ging ins Schlafzimmer, holte eine Decke und deckte Julia damit zu. Automatisch wischte ich meine Fingerabdrücke von dem zu Boden gefallenen Tür knöpf und machte mich an die Durchsuchung der Wohnung.
    Ich fand sie auf dem Kaminsims zwischen der Uhr und einem Stapel Taschenbüchern, die sich mit Themen aus dem Bereich des Übersinnlichen beschäftigten. In dem Augenblick, da ich sie berührte, spürte ich ihre Kälte. Ich erkannte, daß das hier eine weitaus ernstere Sache war, als ich angenommen hatte. Das mußten die mir gehörenden Dinge sein, die sich bei ihr befanden und die ich brauchen würde - nur daß sie eigentlich nicht wirklich mir gehörten, obwohl ich, während ich sie flüchtig durchblätterte, sie einerseits erkannte und andererseits nichts mit ihnen anzufangen wußte. Es waren Karten, Trümpfe, doch von einer Art, wie ich sie noch nie gesehen hatte.
    Es war kein kompletter Satz. Genauer gesagt nur einige wenige Karten, und noch dazu sehr seltsame. Ich ließ sie schnell in meine Seitentasche gleiten, als ich die Sirene hörte. Später wäre immer noch Zeit für eine Patience.
    Ich hastete die Treppe hinunter und durch die Hintertür hinaus, ohne unterwegs jemandem zu begegnen. Fido lag immer noch an der Stelle, wo er aufgeprallt war, und sämtliche Hunde der Nachbarschaft sprachen über den Fall. Ich sprang über Zäune, zertrampelte Blumenbeete und
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