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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts
Autoren: Roger Zelazny
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kürzte meinen Weg durch Hinterhöfe ab, um zu der Seitenstraße zu gelangen, wo ich den Wagen geparkt hatte.
    Minuten später war ich kilometerweit entfernt und versuchte, die blutigen Pfotenspuren aus meinem Gedächtnis zu wischen.

-2-
    Ich fuhr weg von der Bucht, bis ich eine stille, mit reichlich Bäumen bewachsene Gegend erreichte. Ich hielt an, stieg aus und ging zu Fuß weiter.
    Nach einer geraumen Zeit kam ich zu einem verlassenen kleinen Park. Ich setzte mich auf eine der Bänke, nahm die Trümpfe aus der Tasche und betrachtete sie eingehend. Einige erschienen mir halbwegs vertraut, die anderen gaben mir Rätsel auf. Ich starrte eine davon zu lange, an und glaubte, den Gesang einer Sirene zu hören. Ich legte sie aus der Hand. Ich konnte mir auf die Art ihrer Gestaltung keinen Reim machen. Das war etwas überaus Seltsames.
    Ich erinnerte mich an die Geschichte eines weltberühmten Toxikologen, der versehentlich ein Gift zu sich genommen hatte, für das er kein Gegenmittel hatte. Die vorherrschende Frage für ihn war: Hatte er eine tödliche Dosis genommen? Er schlug in einem Werk der klassischen Fachliteratur nach, das er selbst einige Jahre zuvor geschrieben hatte. Gemäß seinem eigenen Buch war er fällig. Er schlug in einem anderen nach, das von einem gleichermaßen hervorragenden Fachmann geschrieben worden war. Gemäß diesem hatte er nur etwa die Hälfte der für jemanden seiner Körpermasse gefährlich werdenden Menge zu sich genommen. Also setzte er sich hin und wartete, in der Hoffnung, daß er sich geirrt hatte.
    Derartige Gefühle überkamen mich, weil ich Experte auf diesem Gebiet bin. Ich bildete mir ein, die Arbeit sämtlicher Leute zu kennen, die in der Lage sein könnten, solche Erzeugnisse herzustellen. Ich nahm eine der Karten in die Hand, die auf mich eine sonderbare, beinahe vertraute Faszination ausübten - sie zeigte die Darstellung eines grasbewachsenen kleinen Vorsprungs, der in einen stillen See hinausragte, und einen Streifen von etwas Hellem, Glitzernden, Unerkennbaren, das zum rechten Rand hin verlief. Ich atmete heftig aus und hauchte es an, so daß es für einen Augenblick beschlug, und tippte mit dem Fingernagel darauf. Es läutete wie eine gläserne Glocke, und flackernd erwachte Leben darin. Schatten waberten und pulsierten, während sich nach und nach der Abend über die Szene legte. Ich fuhr mit der Hand darüber, und alles wurde wieder still - der See war wieder da, das Gras, das Tageslicht.
    Sehr weit entfernt. Der Zeitstrom floß dort im Verhältnis zu meiner gegenwärtigen Situation schneller. Interessant.
    Ich durchwühlte meine Tasche nach einer alten Pfeife, die ich mir dann und wann genehmigte, stopfte sie, zündete sie an, paffte und grübelte. Es handelte sich bei den Karten tatsächlich um echte Spielkarten, nicht um irgendeine geschickte Imitation, und obwohl ich ihren Sinn und Zweck nicht ganz begriff, war das im Augenblick nicht mein wichtigstes Anliegen.
    Heute war der 30. April, und ich hatte wieder einmal dem Tod ins Angesicht geblickt. Die Auseinandersetzung mit derjenigen Person, die mit meinem Leben gespielt hatte, stand mir noch bevor. S hatte sich wieder einmal eine stellvertretende Drohung einfallen lassen. Das war kein gewöhnlicher Hund gewesen, den ich getötet hatte. Und die Karten... woher hatte Julia sie, und warum hatte sie gewollt, daß ich sie bekäme? Die Karten und der Hund deuteten auf eine Person hin, deren Macht die eines normalen Menschen überstieg. Während der ganzen Zeit hatte ich den Verdacht gehabt, daß ich möglicherweise der Gegenstand der unerwünschten Aufmerksamkeit eines Psychopathen war, mit dem ich nach Lust und Laune umspringen könnte. Doch die Ereignisse dieses Morgens gaben der Sache einen völlig neuen Anstrich. Es sah ganz danach aus, als hätte ich irgendwo einen verdammt fähigen Feind.
    Ich erschauderte. Ich hätte gern noch einmal mit Luke gesprochen, wollte ihn bitten, sich seine Unterhaltung vom gestrigen Abend noch einmal genau ins Gedächtnis zu rufen, um herauszufinden, ob Julia irgend etwas gesagt hatte, das mir einen Hinweis liefern könnte. Ich wäre auch gern zurückgegangen, um ihre Wohnung noch einmal gründlicher zu durchsuchen. Doch das war völlig unmöglich. Die Bullen waren bereits vor dem Haus angerückt, als ich gerade wegfuhr. Ich würde für eine ganze Weile auf keinen Fall dorthin zurückkehren können.
    Rick. Es gab Rick Kinsky, den Typen, mit dem sie herumgezogen war, nachdem wir uns
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