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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts
Autoren: Roger Zelazny
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er.
    Die Stimme schien von oben und irgendwo von rechts zu kommen. Ich trat geduckt durch einen niedrigen Bogen und gelangte in ein helles blaues Gewölbe aus demselben kristallinen Material wie der Rest ringsum. In einer Ecke entdeckte ich einen Schlafsack und ein Kissen. Licht flutete durch eine kleine Öffnung etwa zwei Meter fünfzig über mir herein.
    »Luke?« fragte ich erneut.
    »Hier«, kam seine Antwort.
    Ich stellte mich unter die Öffnung und blinzelte in die Helligkeit hinauf. Schließlich hielt ich beschattend die Hand über die Augen. Lukes Kopf und Schultern zeichneten sich über mir ab; seine Haare waren eine Krone aus kupferfarbenem Feuer in dem Licht, das entweder das des frühen Morgens oder das des Abends war. Er lächelte wieder.
    »Das ist der Weg hinaus, nehme ich an«, sagte ich.
    »Für mich«, entgegnete er.
    »Was soll das heißen?«
    Daraufhin hörte ich ein Knirschen, und die Sicht war zum Teil durch den Rand eines großen Steins verdeckt.
    »Was tust du da?«
    »Ich bringe den Stein in die entsprechende Stellung, um die Öffnung schnell verschließen zu können«, erwiderte er, »und danach werde ich ein paar Keile hineinschieben.«
    »Warum?«
    »Es gibt genügend kleine Luftlöcher, damit du nicht erstickst«, fuhr er fort.
    »Großartig. Und warum bin ich überhaupt hier?«
    »Wir wollen jetzt keine Grundsatzdiskussion führen«, sagte er. »Das hier ist kein philosophisches Seminar.«
    »Luke! Verdammt! Was geht hier vor sich?«
    »Es dürfte doch klar sein, daß ich dich zum Gefangenen mache«, sagte er. »Der blaue Kristall wird übrigens jegliche Trumpf-Übermittlung verhindern und deine magische Fähigkeit, die Dinge jenseits der Wand zum Gegenstand haben, zunichte machen. Ich brauche dich fürs erste lebendig und unschädlich, an einem Ort, wo ich dich schnell erreichen kann.«
    Ich betrachtete die Öffnung und die Wände in meiner Nähe.
    »Versuch es erst gar nicht«, warnte er. »Ich bin in der besseren Position.«
    »Meinst du nicht, daß du mir eine Erklärung schuldest?«
    Er sah mich eine Zeitlang an, dann nickte er.
    »Ich muß zurückgehen«, sagte er schließlich, »und versuchen, mich des Geistrades zu bemächtigen. Hast du irgendwelche Vorschläge dazu?«
    Ich lachte. »Es ist zur Zeit nicht besonders gut auf mich zu sprechen. Ich befürchte, ich kann dir nicht helfen.«
    Er nickte erneut. »Dann muß ich eben sehen, was ich tun kann. Gott, welch eine Waffe! Wenn ich sie nicht selbst schwingen kann, dann muß ich wiederkommen und dein Gehirn für einige Ideen anzapfen. Du denkst inzwischen darüber nach, ja?«
    »Ich werde über alles mögliche nachdenken, Luke. Und einiges davon wird dir nicht gefallen.«
    »Deine gegenwärtige Situation erlaubt dir keine allzu großen Sprünge.«
    »Noch nicht«, erwiderte ich.
    Er griff nach dem Stein und wollte ihn über die Öffnung schieben.
    »Luke!« schrie ich.
    Er hielt inne und musterte mich, während sein Gesicht einen Ausdruck annahm, wie ich ihn noch nie bei ihm gesehen hatte.
    »Das ist nicht mein richtiger Name«, bemerkte er nach einiger Zeit.
    »Wie lautet er dann?«
    »Ich bin dein Vetter Rinaldo«, sagte er langsam. »Ich habe Caine umgebracht, und ich habe es bei Bleys fast geschafft. Die Sache mit der Bombe bei der Beerdigung ist mir allerdings mißlungen. Jemand hatte mich entdeckt. Ich werde das Haus von Amber vernichten, mit oder ohne dein Geistrad - aber es würde die Dinge entschieden vereinfachen, wenn ich eine derartige Macht zur Verfügung hätte.«
    »Worauf richtet sich dein Haß, Luke... Rinaldo? Warum die Blutrache?«
    »Ich habe mir zuerst Caine vorgenommen«, fuhr er fort, »weil er derjenige ist, der meinen Vater in Wirklichkeit umgebracht hat.«
    »Das... wußte ich nicht.« Ich starrte die aufblitzende Phönix-Spange an seiner Brust an. »Ich wußte gar nicht, daß Brand einen Sohn hatte«, fügte ich schließlich hinzu.
    »Jetzt weißt du es, alter Freund. Das ist ein weiterer Grund, warum ich dich nicht laufen lassen kann und warum ich dich an einem Ort wie diesem gefangenhalten muß. Ich möchte nicht, daß du die anderen warnst.«
    »Es wird dir nicht gelingen, das durchzuziehen.«
    Er schwieg einige Sekunden lang, dann zuckte er mit den Schultern.
    »Sieg oder Niederlage, ich muß es versuchen.«
    »Warum der 30. April?« fragte ich plötzlich. »Kannst du mir das sagen?«
    »Das war der Tag, an dem mir die Nachricht vom Tod meines Vaters überbracht wurde.«
    Er verschob den Stein und
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