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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts
Autoren: Roger Zelazny
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rechtes Handgelenk wurde gepackt, als es noch einmal nach oben und nach vorn schnellte. Eine große Hand mit einem kräftigen Griff hielt mich fest. Gleich darauf gesellte sich eine zweite zu ihr, und ich wurde nach oben gezogen, schnell, geschmeidig. Als ich über der Kante war, suchten meine Füße sofort einen Halt. Mein Handgelenk wurde losgelassen. Ich rieb mir die Augen.
    »Luke!«
    Er war in Grün gekleidet, und offensichtlich behinderten ihn große Klingen nicht so sehr wie mich, denn eine Waffe von beträchtlichem Ausmaß hing ihm an der rechten Seite. Anscheinend benutzte er einen zusammengerollten Umhang als Rucksack, und er trug seine Spange wie einen Orden auf der linken Brust -ein aufwendiges Schmuckstück, irgendeinen goldenen Vogel darstellend.
    »Hier entlang«, sagte er, wobei er sich umdrehte, und ich folgte ihm.
    Er führte mich ein Stück zurück und dann nach links, auf einen Weg, der von der Strecke abzweigte, die ich beim Eintritt in das Tal genommen hatte. Der Boden unter uns wurde fester, während wir weitereilten und schließlich einen flachen Hügel hinaufstiegen, der von dem Erdbeben völlig unberührt zu sein schien. Hier machten wir halt, um zurückzublicken.
    »Geh nicht weiter!« dröhnte eine mächtige Stimme aus jener Richtung.
    »Danke, Luke«, keuchte ich. »Ich weiß nicht, wie es kommt, daß du hier bist, und warum, aber...«
    Er hob die Hand. »Zunächst möchte ich nur eines wissen«, sagte er, wobei er sich über den kurzen Bart strich, den er sich offenbar in erstaunlich kurzer Zeit hatte wachsen lassen; bei dieser Gelegenheit bemerkte ich, daß er den Ring mit dem blauen Stein trug.
    »Sag an!« forderte ich ihn auf.
    »Wie kommt es, daß alles - was auch immer gerade gesprochen hat - deine Stimme besitzt?« fragte er.
    »Ach herrje! Ich wußte, daß sie irgendwie vertraut klang.«
    »Komm jetzt!« sagte er. »Das mußt du doch wissen. Jedesmal, wenn dir gedroht wird und du ermahnt wirst, zurückzukehren, höre ich deine Stimme, die das tut... wie ein Echo.«
    »Wie lange folgst du mir denn schon?«
    »Schon eine geraume Weile.«
    »Diese Wesen vor der Felsspalte, in der ich mein Lager auf geschlagen hatte...«
    »Ich habe sie für dich außer Gefecht gesetzt. Wohin gehst du, und worum geht es?«
    »In diesem Augenblick kann ich nur mutmaßen, was los ist, und das Ganze ist eine lange Geschichte. Aber die Antwort dürfte hinter der nächsten Hügelkette liegen.«
    Ich deutete auf den Lichtschein.
    Er blickte in die entsprechende Richtung, dann nickte er.
    »Laß uns aufbrechen«, sagte er.
    »Es findet gerade ein Erdbeben statt«, bemerkte ich.
    »Es scheint mehr oder weniger auf dieses Tal begrenzt zu sein«, entgegnete er. »Wir können es umgehen und unseren Weg fortsetzen.«
    »Um dann sehr wahrscheinlich der nachfolgenden Katastrophe zu begegnen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Mir scheint«, sagte er, »daß dieses Unbekannte, das dein Vorankommen behindern will, sich nach jeder Anstrengung erschöpft hat und eine ganze Weile braucht, um wieder ausreichend zu Kräften zu kommen und einen erneuten Versuch zu unternehmen.«
    »Aber die Versuche folgen immer dichter hintereinander«, gab ich zu bedenken, »und mit jedem Mal sind sie dramatischer.«
    »Liegt das daran, daß wir ihrem Ursprung näher kommen?« fragte er.
    »Möglicherweise.«
    »Dann wollen wir uns beeilen.«
    Wir stiegen auf der anderen Seite den Hügel hinab und wanderten dann einen zweiten hinauf und wieder hinunter. Die Erdstöße hatten sich inzwischen zu einem gelegentlichen Rütteln abgeschwächt, und bald hörte auch das auf.
    Wir marschierten durch ein weiteres Tal, das uns eine Zeitlang weit nach rechts von unserem Ziel abbrachte, dann jedoch wieder eine sanfte Biegung in die richtige Richtung machte, zu der letzten Reihe kahler Hügel hin, hinter denen Lichter gegen das unbewegte flache Fundament einer wolkenartigen weißen Linie unter einem malvenfarbenen bis violetten Himmel flackerten. Wir begegneten keinen weiteren Gefahren.
    »Luke«, fragte ich nach einiger Zeit, »was geschah damals auf dem Berg, in jener Nacht in Neu-Mexiko?«
    »Ich mußte verschwinden - schnell«, antwortete er.
    »Was geschah mit Dan Martinez' Leichnam?«
    »Ich nahm ihn mit.«
    »Warum?«
    »Ich lasse nicht gern Beweisstücke herumliegen.«
    »Das ist keine ausreichende Erklärung.«
    »Ich weiß«, sagte er und verfiel in einen Laufschritt.
    Ich tat es ihm nach.
    »Und du weißt, wer ich bin«, fuhr ich
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