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Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
Autoren: Heinrich von Kleist
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Dritter Auftritt
     
    Helena tritt auf. Die Vorigen.
     
    Helena.
Ihr Kinder, Volk des besten Vaters, das
Von allen Hügeln rauschend niederströmt,
Was treibt mit so viel Zungen euch, da kaum
Im Osten sich der junge Tag verkündet,
Zu den Zypressen dieses Zeltes her?
Habt ihr das ernste Kriegsgesetz vergessen,
Das Stille in der Nacht gebeut, und ist
Die Kriegersitt’ euch fremd, daß euch ein Weib
Muß lehren, wie man dem Bezirk sich naht,
Wo sich der kühne Schlachtgedank’ ersinnt?
Ist das, ihr ew’gen Mächte dort, die Liebe,
Die eurer Lippe stets entströmt, wenn ihr
Den Vater mir, den alten, trefflichen,
Mit Waffenklirrn und lautem Namensruf
Emporschreckt aus des Schlummers Arm, der eben
Auf eine Morgenstund’ ihn eingewiegt?
Ihn, der, ihr wißt’s, drei schweißerfüllte Nächte
Auf offnem Seuchenfelde zugebracht,
Verderben, wütendem, entgegenkämpfend,
Das ringsum ein von allen Seiten bricht! –
Traun! Dringendes, was es auch immer sei,
Führt euch hierher, und hören muß ich es;
Denn Männer eurer Art, sie geben doch
Stets was zu denken, wenn sie etwas tun.
     
    Der Greis.
Erhabne Guiskardstochter, du vergibst uns!
Wenn dieser Ausschuß hier, vom Volk begleitet,
Ein wenig überlaut dem Zelt genaht,
So straft es mein Gefühl: doch dies erwäge,
Wir glaubten Guiskard nicht im Schlummer mehr.
Die Sonne steht, blick auf, dir hoch im Scheitel,
Und seit der Normann denkt, erstand sein Haupt
Um Stunden, weißt du, früher stets als sie.
Not führt uns, länger nicht erträgliche,
Auf diesen Vorplatz her, und seine Kniee,
Um Rettung jammernd, werden wir umfassen;
Doch wenn der Schlaf ihn jetzt noch, wie du sagst,
In Armen hält, ihn, den endlose Mühe
Entkräftet auf das Lager niederwarf:
So harren wir in Ehrfurcht lautlos hier,
Bis er das Licht begrüßet, mit Gebet
Die Zeit für seine Heiterkeit erfüllend.
     
    Helena.
Wollt ihr nicht lieber wiederkehren, Freunde?
Ein Volk, in so viel Häuptern rings versammelt,
Bleibt einem Meere gleich, wenn es auch ruht,
Und immer rauschet seiner Wellen Schlag.
Stellt euch, so wie ihr seid, in Festlichkeit
Bei den Panieren eures Lagers auf:
Sowie des Vaters erste Wimper zuckt,
Den eignen Sohn send ich, und meld es euch.
     
    Der Greis.
Laß, laß uns, Teuerste! Wenn dich kein andrer
Verhaltner Grund bestimmt, uns fortzuschicken:
Für deines Vaters Ruhe sorge nicht.
Sieh, deines holden Angesichtes Strahl
Hat uns beschwichtiget: die See fortan,
Wenn rings der Winde muntre Schar entflohn,
Die Wimpel hängen von den Masten nieder,
Und an dem Schlepptau wird das Schiff geführt:
Sie ist dem Ohr vernehmlichen als wir.
Vergönn uns, hier auf diesem Platz zu harren,
Bis Guiskard aus dem Schlafe auferwacht.
     
    Helena.
Gut denn. Es sei, ihr Freund’. Und irr ich nicht,
Hör ich im Zelt auch seine Schritte schon. (Ab.)
     
     
     

Vierter Auftritt
     
    Die Vorigen ohne Helena.
     
    Der Greis.
Seltsam!
     
    Der erste Krieger.
      Jetzt hört sie seinen Tritt im Zelte,
Und eben lag er noch im festen Schlaf.
     
    Der zweite.
Es schien, sie wünschte unsrer los zu sein.
     
    Der dritte.
Beim Himmel, ja; das sag ich auch. Sie ging
Um diesen Wunsch herum, mit Worten wedelnd:
Mir fiel das Sprichwort ein vom heißen Brei.
     
    Der Greis.
– Und sonst schien es, sie wünschte, daß wir nahten.
     
     
     

Fünfter Auftritt
     
    Ein Normann tritt auf. Die Vorigen.
     
    Der Normann (dem Greise winkend).
Armin!
     
    Der Greis.   Gott grüß’ dich, Franz! Was gibt’s?
     
    Der Normann (dem ersten Krieger, ebenso).    Maria!
     
    Der erste Krieger.
Bringst du was Neues?
     
    Der Normann.       – Einen Gruß von Hause.
Ein Wandrer aus Kalabrien kam an.
     
    Der Greis.
So! Aus Neapel?
     
    Der erste Krieger.   – Was siehst du so verstört dich um?
     
    Der Normann (die beiden Männer bei der Hand fassend).
Verstört? Ihr seid wohl toll? Ich bin vergnügt.
     
    Der Greis.
Mann! Deine Lipp’ ist bleich. Was fehlt dir? Rede!
     
    Der Normann (nachdem er sich wieder umgesehen).
Hört. Aber was ihr hört, auch nicht mit Mienen
Antwortet ihr, viel weniger mit Worten.
     
    Der Greis.
Mensch, du bist fürchterlich. Was ist geschehn?
     
    Der Normann (laut zu dem Volk, das ihn beobachtet).
Nun, wie auch steht’s? Der Herzog kommt, ihr Freunde?
     
    Einer (aus dem Haufen).
Ja, wir erhoffen’s.
     
    Ein anderer.      Die Kaiserin will ihn rufen.
     
    Der Normann (geheimnisvoll, indem er die beiden Männer vorführt).
Da ich die Wache heut, um Mitternacht,
Am Eingang hier
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