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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
Autoren: Wolfgang Schorlau
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vor den Rockern.«
    Tränen stehen ihm jetzt in den Augen. Und er bemüht sich nicht länger, sie zu verstecken.
    Simon sagt: »Die lassen uns hier ein paar Stunden schmoren, dann lassen sie uns gehen. Sie wollen uns Angst einjagen.«
    »Das ist ihnen perfekt gelungen«, sagt Cem.
    Nach einigen Minuten dreht sich der Schlüssel im Schloss, und die Tür geht auf. Laura kommt herein. Sie weint lautlos. Ihre Haare sind zerrauft, Tränen laufen über ihr Gesicht und tropfen von der Wange auf ihren Anorak. Jakob und Simon stürzen auf sie zu.
    »Mein Gott, Laura«, sagte Simon und will sie umarmen, doch Laura macht eine abwehrende Armbewegung, und Simon hält mitten in der Bewegung inne.
    »Jetzt du da«, sagt das fette Walross und deutet auf Jakob.
    Er steht in der Tür und wippt mit dem Fuß. Jakob atmet kräftig durch, blickt noch einmal zu Laura, die von einem Weinkrampf geschüttelt wird, und geht an dem Rocker vorbei durch die Tür.

Monolog Carsten Osterhannes
    Ich bin der Kaiser.
    Ich sage das in aller Bescheidenheit: Ich dirigiere ein Imperium. Eine eigene Welt; eine eigene faszinierende Welt. Ich habe sie aus eigener Kraft aufgebaut. Ich war ein armes Schwein. So kam ich mir jedenfalls vor, als ich den überschuldeten Hof meines Vaters übernahm: wie eine von seinen Zuchtsauen. Die einen gingen in den Schlachthof, ich musste zur Deutschen Bank. Der Unterschied war damals nicht sonderlich groß.
    Ich habe die ersten Gespräche mit dem Banker nie vergessen. Die Filiale in Oldenburg befindet sich in guter Lage. Gediegen. Heute ist es so ein brauner Zweckbau. Aber damals – richtig gediegen. Mir bot der Kreditsachbearbeiter nicht einmal einen Kaffee an. Sie waren scharf auf den Hof. Sie dachten, sie würden ihn billig bekommen. Sie dachten, für den Termin mit dem ahnungslosen Sohn reicht der Sachbearbeiter. Sie haben sich getäuscht.
    Mein Vater war ein Bauer. In jeder Hinsicht. Ein Oldenburger Dickschädel. Den hat er mir vererbt. Und um ehrlich zu sein: mehr nicht. Der Hof gehörte schon quasi der Bank. Doch für eines bin ich ihm dankbar. Er wollte, dass es mir besser geht. Er hat geschuftet für mein Abi, er hat geschuftet für mein Studium, und er hat geschuftet, bis ich das Harvard-Stipendium antreten konnte. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke.
    Aus dem überschuldeten Hof ist ein Konzern geworden. Mein Sohn führt jetzt die Geschäfte, zumindest das Tagesgeschäft. Das macht er gut. Er hat eine philosophische Ader, ich weiß gar nicht, von wem er die hat. Er mischt das Philosophische mit dem Kaufmännischen, und so redet er von Nachhaltigkeit und vom Return on Investment gleichzeitig. Ich bin sehr stolz auf ihn.
    Aber ich passe auf. Ich komme noch jeden Tag in die Firma. Es gibt viele Fallstricke. Ein Imperium ist immer gefährdet. Denken Sie an die alten Römer.

16. Hof des Bauern Zemke, Nähe Oldenburg, frühmorgens
    Der fette Rocker geht links, der Dschingis-Khan-Bart rechts von ihm. Sie führen ihn durch einen Flur, verlassen das Stallgebäude, gehen ins Freie, laufen auf das Wohnhaus zu, gehen die drei Stufen hinauf zur Eingangstür, befinden sich in einem schmalen Gang, passieren eine weitere Tür, gelangen in den Flur einer Wohnung, der Fette stößt Jakob durch eine weitere Tür, und nun steht er in der Küche des Bauernhauses. Auf der Bank hinter dem Esstisch sitzt der kleine Rocker mit der Sonnenbrille und wedelt mit der Hand. Vor ihm liegen zwei Handys, das alte Nokia von Jakob und Simons neues iPhone. Lauras und Cems Telefone liegen etwas abseits, daneben ein Blatt Papier und ein Kugelschreiber.
    »Setz dich!«
    Jakob nimmt vorsichtig Platz. Das Walross und Dschingis Khan bleiben hinter ihm stehen.
    Der kleine Rocker beugt sich leicht nach vorne. Er zeigt auf die beiden Telefone.
    »Welches ist deins?«
    Jakob deutet auf das alte Nokia.
    Der Sonnenbrillen-Rocker nimmt es in die Hand.
    »Die PIN -Nummer?«
    Jakob überlegt einen Augenblick, und dann fragt er: »Wie lange wollt ihr uns hier festhalten?«
    Er sieht die Faust nicht kommen. Der Schlag trifft ihn mit solcher Wucht, dass er samt Stuhl nach hinten geschleudert wird. Der Fette fängt den Stuhl auf und stellt ihn wieder in die Ausgangsposition zurück.
    »Wir machen hier keine Konversation!«, sagt der kleine Rocker und hebt das Nokia hoch.
    Er wirkt so ruhig wie vor dem Schlag, gefährlich ruhig.
    Jakob reibt sich mit der linken Hand die Wange. Als er die Hand zurückzieht, ist sie blutverschmiert.
    »Das ist
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