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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
Autoren: Wolfgang Schorlau
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mehr auf diese hysterischen Anfälle.
    Dengler richtet sich auf und fixiert die Marienstatue an der Wand.
    Um mich hat sie sich nie Sorgen gemacht, als ich noch beim BKA war. Sie hatte keinerlei Vorstellung davon, was ich tat. Keine Ahnung von den zermürbenden Ermittlungen und der nervtötenden Kleinstarbeit, aus denen die Polizeiarbeit nun mal besteht, von den endlosen durchwachten Nächten, von den Großeinsätzen bei den Fahndungen nach Terroristen oder Leuten aus deren Umfeld oder von den zusätzlichen Diensten im Personenschutz im Schichtdienst oder rund um die Uhr.
    Personenschutz. Damals, als ich noch gar nicht so lange dabei war: die Bombe am Straßenrand. Es ist ein Wunder, dass ich überhaupt noch lebe.
    Er versteht es bis heute nicht. Er saß in dem ersten Fahrzeug der Kolonne. Sein Wagen raste als Erster durch die Lichtschranke. Doch die Bombe explodierte erst bei dem zweiten Wagen. Dem Mercedes mit dem Banker. Dem Mann, den er schützen sollte. Wie kann das sein?
    Er stellte Fragen.
    Und niemand gab ihm Antworten.
    Dann sagten sie, er solle aufhören, Fragen zu stellen. Es sei gefährlich, solche Fragen zu stellen.
    Dengler lässt sich zurückfallen und starrt an die Decke.

4. Landstraße, Nähe Oldenburg, nachts
    »Du bleibst hier in der Hecke an der Kreuzung«, sagt Simon zu Cem.
    Immer muss er kommandieren, denkt Jakob. Das ist vollkommen überflüssig: Sie haben alles tausendmal besprochen. Tausendmal geübt. Aber Simon kann nicht anders als kommandieren. Cem nickt und geht mit steifen Schritten auf das Gebüsch neben der Straße zu. Cem, der Held. Er ist der Stärkste von ihnen. Doch trotz der nächtlichen Schwärze kommt es Jakob so vor, als wäre er blass. Sofern ein türkischer Junge, der von Natur aus olivfarbene Haut hat, überhaupt blass werden kann. Cem, der sonnige Typ. Cem, der mutige Typ, der sich noch vor keinem Einsatz gefürchtet hat. Sie alle wissen, dass er zuverlässig Wache stehen wird.
    Mit drei Schritten ist Cem im Gebüsch und drückt sich ins Unterholz. Von hier aus kann er die Straße in beide Richtungen überblicken. Er hebt das Walkie-Talkie vor den Mund und grinst. Jakob winkt Laura zu, und die sieht sich sofort nach Simon um.
    Es ist nur ein kleiner Stich, aber Jakob kennt diesen speziellen Schmerz: Jedes Mal sticht es, wenn er sieht, wie sie Simon anschaut. Ihr erster Blick geht immer zu Simon. Ich bin nicht verliebt in sie, sagt Jakob lautlos zu sich selbst. Da der Schmerz noch nachklingt, wiederholt er den Satz wie ein Mantra. Ein oft benutztes Mantra. Ziemlich ausgefranst, dieses Mantra. Bis jetzt hat es ihm noch nicht geholfen. Und es währt nun schon ziemlich lange, dass Laura ihm diese Herzschmerzen verpasst.
    Bauchschmerzen auch.
    Die ersten Tropfen fallen. Es ist Mai. Dauerregen im Mai! Und das schon seit Tagen. Jakob zieht den Reißverschluss an seinem schwarzen Anorak hoch, sieht zu Laura hinüber und gibt ihr ein Zeichen. Er will nicht, dass sie sich erkältet. Sie lächelt und zieht sich die Kapuze über den Kopf. Nur noch ein paar blonde Locken schauen an der Seite hervor. Wunderschön sieht sie aus.
    Zu dritt gehen sie in schnellen Schritten die Straße hinauf. Erst Jakob, dann Laura, hinter ihr Simon. Es ist dunkel. Neumond. Laura trägt das Walkie-Talkie.
    »Test, Test …«, sagt sie. »Cem? Alles okay?«
    »Klar, keine Panik«, tönt es blechern zurück. »Ich seh’ euch ja noch.«
    Hundert Meter vor sich erahnen sie ihr Ziel. Es ist dunkler als die Dunkelheit, die es umgibt. Wie eine Festung, denkt Jakob. Sie beschleunigen die Schritte.
    Jetzt schüttet es vom Himmel.
    »Auto von hinten«, meldet Cem durch das Walkie-Talkie.
    »Verstanden«, sagt Laura.
    Jakob dreht sich um. Die Scheinwerfer sind erst schwach zu erkennen. Der Wagen ist noch weit weg.
    »Wir könnten losrennen«, sagt Simon. »Das könnten wir schaffen.«
    Laura schüttelt den Kopf. »Kein Risiko«, entscheidet sie.
    Sie wissen, was zu tun ist. Mit zwei Schritten sind sie im Straßengraben und liegen flach auf dem Boden. Jakob, der die beiden Kameras trägt, schützt sie mit der freien Hand und den Ärmeln der Regenjacke vor dem nassen Boden. Die Geräte sind teuer. Laura und Simon haben die Taschen unter sich verborgen. Nach einer Weile hören sie das immer lauter werdende Geräusch eines Motors, dann streicht der Lichtkegel der Scheinwerfer über sie hinweg, das Geräusch wird schwächer und verstummt. Nur der Regen trommelt gleichmäßig aufs nasse Gras. Schließlich hören sie Cems
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