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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Monaten keines bekommen.
    Aus diesem Grund weiß Kimi, was in Adrian vorgeht, als er sein Messer auf den Block zurücklegt. Adrians Augen sagen: Es ist genug. Die nächsten beiden Kadaver ziehen vorbei, ohne dass Adrian ihnen den rechten Vorderlauf abtrennt. Da legt auch Kimi sein Messer zur Seite. Livin sieht es und hört auf zu arbeiten, Viktor ebenso, dann alle außer Nelu und Petre. Die verstümmelten Schweine ziehen unzerlegt weiter.
    Ein Deutscher schreit sie an, Kimi versteht ihn nicht. Ein Vorarbeiter taucht auf und schreit. Adrian redet mit ihm, aber es ist zwecklos. Der Mann brüllt mit hochrotem Kopf und zeigt auf die unbearbeiteten Kadaver. Sie ziehen weiter und weiter. Dann steht das Band. Ein Deutscher im weißen Kittel kommt. Auch er schreit Adrian an, aber niemand hört ihm zu. Adrian, der Deutsch spricht, erklärt ihm, dass sie keinen Lohn bekommen haben. Der Mann schreit weiter, das Gesicht ganz rot, und er hat große Ähnlichkeit mit den Tieren, die vor ihnen an den Haken hängen. Aber er hört nicht zu.
    Da gibt Adrian ihnen ein Zeichen, und sie marschieren alle zusammen aus der Fabrik hinüber ins Lager.

6. Hof des Bauern Zemke, Nähe Oldenburg, nachts
    Unter einem Vordach ziehen sie sich schweigend die Schutzanzüge an, dunkelblaue Overalls, die sie immer für diese Zwecke verwenden, Gummihandschuhe und die Überschuhe aus Plastik, in denen sie eher watscheln als gehen. Simon geht als Erster hinüber zur Tür. Er legt die Hand auf die Türklinke zum Vorraum. Wie sie es zuvor ausgekundschaftet haben, ist die Tür nicht abgeschlossen. Das ist eine ihrer eisernen Regeln: Sie gehen nur in offene Ställe. Er dreht sich kurz um. Hinter ihm stehen Laura und Jakob. Er nickt ihnen zu.
    Laura hebt das Walkie-Talkie an den Mund und flüstert: »Cem, hörst du mich? Wir gehen jetzt rein.«
    »Viel Glück. Hier ist alles ruhig.«
    Laura steckt das Walkie-Talkie an den Gürtel zurück und nimmt den Scheinwerfer aus der schwarzen Plastiktasche. Jakob sieht, wie sie sich eng an die Wand drückt, damit das teure Gerät nicht nass wird. Er stellt sich neben sie und zieht die Infrarotkamera aus der Vordertasche seines Overalls. Wie immer, wenn er nahe bei ihr steht, fühlt er sich hilflos und ausgeliefert. Und doch sieht er trotz Regen und Dunkelheit ihren Blick und das Lächeln, das sie Simon schenkt. Jakob fühlt den Stich unvermittelt in Bauch und Brust. Er presst die Lippen aufeinander und schaltet die Kamera ein.
    »Fertig«, sagt er.
    Sie sind bereit.
    Simon drückt die Klinke und öffnet die Tür.

7. Bad Teinach, Hotel Schröder, nachts
    Zur gleichen Zeit sieht Christian Zemke zu seiner Frau hinüber und denkt: »So möchte ich auch schlafen können.«
    Sie hat die Decke fest um die Schultern geschlungen und liegt mit der rechten Wange auf ihren beiden Händen, deren Finger sie wie zum Gebet ineinander verschränkt hat. Ihr Mund steht ein wenig offen. Er sieht ihre beiden oberen Schneidezähne.
    Sie hat sich auf diesen Urlaub gefreut wie ein Kind. Ihr erster gemeinsamer Urlaub, mit Ausnahme der Flitterwochen damals in Venedig. Lange her. Jetzt sind sie im Schwarzwald. Bad Teinach. Wie ein junges Mädchen hat Julia im Pool geplanscht. Dann in der Sauna geschwitzt, hinterher noch die Aromadusche genossen oder wie immer das Ding hieß.
    »… dass wir uns so was leisten können!«
    Können sie natürlich nicht. Vom wirklichen Preis hat Julia keine Ahnung.
    Den zahlt er allein.

8. Wohnzimmer, Hof des Bauern Zemke, Nähe Oldenburg, nachts
    »Eine Molle wär’ jetzt nicht schlecht!«
    Kevin sagt es zu Ronnie, ohne hochzusehen. Er beugt den Kopf nach unten und lässt einen Faden Spucke fallen. Der Faden zieht sich, dehnt sich, wird lang und dünn, doch kurz bevor er reißt, zieht Kevin ihn mit einem schlürfenden Geräusch wieder zurück in den Mund.
    Ronnie sieht, wie Gisela die Augen verdreht. Sie mag Kevin nicht. Alles an ihm widert sie an. Kein vernünftiges Wort kommt von ihm. Ein blödes Arschgesicht. Nun gut, sie muss den Typen auch nicht lange ertragen.
    »Oder zwei«, sagt Kevin, der sich der Abneigung Giselas vollkommen bewusst ist.
    Marcus lässt sich nicht provozieren. Er ist der Chef. Er sitzt vor dem Laptop und schaut auf den Bildschirm.
    »Es geht los. Jeder auf seinen Platz«, sagt er.
    »Oder drei«, sagt Kevin.
    Ronnie denkt, dass Kevin eine Arschgeige ist. Immer muss er provozieren. Das hier ist ein Job. Mehr nicht. Sie machen ihn, nehmen das Geld und verschwinden. Da muss er sich nicht
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