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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx
Autoren: Michael Peinkofer
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müssen.«
    »Inschallah«, erwiderte er mit einer wahren Unschuldsmiene, während sie bereits näher rückte.
    Sarahs Atem beschleunigte sich. In Erwartung der Leidenschaft, die sie gemeinsam erleben würden, beugte sie sich vor, bis ihr Gesicht dicht vor dem ihres Geliebten schwebte. Sie konnte seine Wärme spüren, seinen Atem. Sie wusste, auch er genoss diese Nähe, die Schauer freudiger Erwartung, die sie dabei durchrieselten. Sarah spürte, wie ihre Brüste sich strafften, und sie erbebte, als Kamal sanft seine Hand daran legte und sie zart zu liebkosen begann.
    Sanft wie ein Wüstenwind strich er über sie hinweg, küsste ihren Hals, ihre Augen und ihre Stirn, ehe sich ihre Lippen begegneten. In gegenseitigem Verlangen rieben ihre Zungen aneinander, und mit zitternden Händen begann Sarah, die Verschnürung ihres Kleides zu lösen. Rauschend glitt der Stoff an ihr herab und enthüllte das Mieder und die Ansätze ihrer kleinen, wohlgeformten Brüste.
    Sie ließ sich zurücksinken, während seine erfahrenen Hände sowohl sie als auch sich selbst von allem störenden Stoff befreiten. Sein Gesicht erschien über ihrem, und sie nahm es in beide Hände und liebkoste es, während er langsam in sie eindrang. Sie schloss ihre Beine um ihn und zog ihn an sich. Sie genoss es, ihn in sich zu spüren, ihn ganz zu besitzen, sich für einen süßen Augenblick der Vorstellung hinzugeben, dass er ihr allein gehörte, auf immer und ewig.
    An der Wand konnte sie ihre Schatten sehen, die flackernden Silhouetten zweier Menschen, die eins geworden waren. Von den Flügeln der Liebe getragen, fand Sarah Kincaid tatsächlich Vergessen, und ihre Hoffnung, die Schatten der Vergangenheit endgültig hinter sich lassen zu können, schien sich in diesem Moment zu erfüllen.
    Der alte Sinnspruch ihres Vaters, demzufolge die Geschichte niemals ruhte, bewahrheitete sich jedoch einmal mehr.
    Denn noch in dieser Nacht kehrten die Schatten zurück.

3.
    K INCAID M ANOR , Y ORKSHIRE
N ACHT ZUM 17. S EPTEMBER 1884
    »Aufmachen, sofort! Öffnen Sie die Tür!«
    Die heiseren Rufe und das dumpfe Hämmern der Fäuste, mit denen gegen die Pforte von Kincaid Manor geschlagen wurde, rissen Sarah aus dem Schlaf – und diesmal war sie sicher, dass es nicht bloß Geräusche aus einem Traum waren, die sie bis in den Wachzustand verfolgten.
    Alarmiert richtete sie sich halb auf.
    Ein erneuter schwerer Stoß gegen die Pforte.
    »Öffnen Sie sofort die Tür, oder wir werden Gewalt anwenden«, gab jemand lautstark dazu bekannt.
    Sarah spürte heißen Zorn in ihre Adern schießen. Wer zum Teufel war so dreist, zu nachtschlafender Zeit gegen die Pforte ihres Anwesens zu hämmern und in so ungebührlicher Weise Einlass zu begehren? Wütend fuhr sie aus dem Bett und schlüpfte in den Nachtrock, der an einem Haken an der Wand hing. Auch Kamal war erwacht, sein Blick verriet Verwirrung.
    »Was in aller Welt …?«, wollte er fragen, aber sie winkte ab, war schon auf dem Weg zur Tür.
    Kamal beeilte sich, ihr zu folgen. Hastig schlüpfte er in Hemd und Hose und bekleidete sich notdürftig. Das wirre Haar strich er kurzerhand zurück. Sarah war bereits auf dem Weg nach unten. Eine Kerze in der Hand, die sie eilig entfacht hatte, huschte sie die breite, steinerne Treppe zur Eingangshalle hinab, an deren Fuß sie bereits erwartet wurde.
    »Madam, ich weiß nicht, was dies zu bedeuten hat«, lispelte Trevor, der ältliche Hausdiener, verstört, dessen weißes Haar in alle Richtungen stand. Sein Nachthemd reichte ihm bis zu den Knöcheln und ließ ihn im flackernden Schein des Kerzenleuchters, den er vor sich her trug, wie ein Gespenst erscheinen. Auch aus Richtung Küche, wo die Kammern des Hausgesindes untergebracht waren, drang jetzt aufgeregtes Geschrei.
    »Im Namen Ihrer Majestät, öffnen Sie die Tür«, ließ sich die energische Stimme erneut vernehmen, »oder wir werden sie gewaltsam öffnen!«
    »Wer ist da?«, fragte Sarah laut und vernehmlich, sehr zum Entsetzen Trevors, dem anzusehen war, dass er sich am liebsten irgendwo verkrochen hätte.
    »Inspector Lester vom Scotland Yard«, drang es zurück. »Wenn Sie nicht sofort öffnen, zwingen Sie uns, Gewalt anzuwenden.«
    Trevor sandte Sarah einen fragenden Blick, worauf sie ihm zunickte. Natürlich hatte es keinen Sinn, den Gesetzesvertretern Ihrer Majestät den Einlass zu verwehren. Die Frage war viel eher, was die Herren um vier Uhr morgens fern von London vor der Pforte von Kincaid Manor zu suchen hatten
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