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Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Titel: Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel
Autoren: Langen Müller
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keinen verzweifeln. Tag für Tag füttert sie uns mit Sonderangeboten und zwingt uns so zu geistiger Betätigung. Wir haben dann zu entscheiden, ob uns ein Blumenkohl von gestern munden wird, ob wir eine neue Auflaufform brauchen oder einen nur einmal gebrauchten Schlitten (Rentier, Zipfelmütze und Bart sind Verhandlungssache).
    Früher wurden nicht unmittelbar nach Weihnachten frische Attacken auf Geldbörse und Sparschwein geritten. Es gab den Winterausverkauf mit soliden Ladenhütern, und irgendwann konnte die tüchtige Hausfrau ihre zerschlissene Haushaltswäsche durch neue ersetzen. Und damit basta! Heute haben wir Schnäppchen am laufenden Band. Angeboten an einem einzigen Tag wurden mir Kochtöpfe jeder Größe, ein Kaffeeservice aus 20 Teilen, das sich um 40 Euro verbilligt hatte, eine um 400 Euro heruntergesetzte Kücheneinrichtung und Hühnerfrikassee Gärtnerin-Art zu 2,90. Das muss allerdings in den Geschäftsräumen der Firma gegessen werden. Selbst starke Supermenschen müssen da butterweich werden und auf die Idee verfallen, dass Gelegenheitskäufe nichts kosten.

Moselfahrt mit Hund
    Noch sieht alles grau aus. Der Winter fährt Schlittschuh mit unserer Laune, die Nase schnieft, der Hals kratzt, und allerorten haben die Wolken Blasenschwäche. Für die Reisebranche, immer tätig und immer bereit zum Sprung in fremder Leute Urlaubsglück, ist das kein Grund, Trübsal zu blasen. Etliche Leute, die ich nicht kenne und die mich nicht kennen, haben sich das Ziel gesetzt, gleichzeitig meinen Horizont zu erweitern und mein Bankkonto einzuschmelzen. Derzeit landen in meinem Briefkasten gar staunenswerte Reiseangebote. Erwecken sie Wanderlust, Wagemut, Fernweh? Wenn’s nur das wäre, könnte ich noch munter in die Zukunft schauen, doch jeder Prospekt entlarvt die bisherigen Reisen und Unternehmungen meines Lebens als uninspirierte, spießige Kaffeefahrten. London, New York, Nairobi, der Suezkanal und die Serengeti, die geliebten Dolomiten und das Schloss Schönbrunn in Wien, war das alles nichts? Wer hat schon wie ich mit dem Ungeheuer von Loch Ness einen Whisky getrunken? Das war am 35. Mai anno Suppe in einer stockdunklen Vollmondnacht. Die Palmen blühten und Nessie hatte Eiszapfen an der Nase. Wenn ich der Verlockung der Reisebranche nachgebe, sollte ich mir dieses Jahre einen persönlichen Butler in einem Luxushotel in Dubai leisten. In Botswana geht der Tourist nicht nur auf Tuchfühlung mit Elefanten, Büffeln und Löwen (kann jeder Hans und jede Grete, wenn sie das Jahr über den Gürtel eng genug schnallen). Feine Leute übernachten im Luxuszelt mit Antiquitäten im Kolonialstil. Oder sie verbringen den Sommer auf einer Jacht, auf der die Wasserhähne goldene Schwäne sind. Am stärksten trommelt mein Herz für ein Hotel in den schottischen Highlands, gebaut im Stil eines französischen Landschlosses und mit wirklich standesgemäßen Freizeitangeboten – Golf, Reiten, Gun-Dog-Jagd (jagt man da Hunde oder jagen die Hunde arme Häschen?) und Falknerei.
    Da ich bisher kaum Kontakt zu Falken hatte, wäre das schottische Intermezzo bestimmt interessant, schon weil es für mich die letzte Chance ist, einen Scheich persönlich kennen zu lernen. Vielleicht will der seinem Hund was Exklusives gönnen. Da hätte ich einen Tipp. Es gibt neuerdings gemeinsame Flusskreuzfahrten auf Rhein und Mosel für Hund, Frauchen und Herrchen. Stubenreinheit und gutes Sozialverhalten sind Bedingung. Das finde ich allerdings zu hart. Die meisten Menschen sind ja stubenrein, doch gutes Sozialverhalten lernen sie nie.

Hund, Katz und Maus sind alle Stars
    In einer der regenbogenbunten Zeitungen, die man angeblich nur beim Friseur liest, ist mir der Begriff Star-Philosoph begegnet. Die Mutmaßung, es wäre von Sokrates oder Platon die Rede, erwies sich als grundfalsch. Der Star-Philosoph plapperte in einem Interview so viel Unsinn, dass mir ausschließlich sein silbergrauer Lockenschopf auffiel.
    Er beschäftigt mich nur deshalb, weil er wieder mal Anlass zum Grübeln über ein Zeitphänomen gibt. Ohne den Zusatz Star vor der Berufsbezeichnung ist ein Promi heutzutage nämlich keinen Pfifferling wert. Übrigens: Beim Pfifferling handelt es sich um einen Star-Pilz.
    Noch in meiner Jugend war ein Star ein Vogel wie Amsel und Drossel. Auf medizinischem Gebiet ist der Star (entweder grün oder grau) eine Augenkrankheit. Als Filmstars wurden ursprünglich nur die Großen der Branche bezeichnet, beispielsweise Marlene Dietrich oder
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