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Am Ende der Angst

Am Ende der Angst

Titel: Am Ende der Angst
Autoren: Martin Johannson
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ausweisen?«
    »Selbstverständlich.«
    Ich zeigte ihr meinen Dienstausweis. Sie las ihn mit zusammengekniffenen Augen, dann öffnete sie mir widerwillig die Tür.
    Das Haus war nicht sehr groß, dementsprechend eng war der Flur, auch das Wohnzimmer zeichnete sich nicht gerade durch seine Großzügigkeit aus. An allen vier Wänden hingen Bilder von Jagdtrophäen, zwischendurch mal von jungen Menschen, wahrscheinlich die Enkel und die Kinder.
    Am Tisch beim Abendessen saß der Hausherr, Frank McDougal. Er war eine stattliche Erscheinung, um die Siebzig, groß und immer noch kräftig, mit einem dichten, dunklen Vollbart und buschigen Augenbrauen. Auch er kaute. Es gab Chili con carne und Brot.
    Als seine Frau mit meinem Anliegen herausrückte, legte er die Gabel beiseite und lehnte sich zurück. Überraschender Weise trat Trauer in sein Gesicht.
    »Ich habe davon gehört, und es tut mir sehr, sehr leid um die junge Frau. Ich kann mir nicht vorstellen, wem so etwas aus unserer Gemeinschaft hätte passieren können.« Er räusperte sich. »Sie können gerne meine Waffen untersuchen, obwohl ich nicht weiß, was das bringen soll. Die Polizei war auch schon bei mir und hat nichts gefunden. Ich habe den Cops die Namen all unserer Mitglieder gegeben, die Liste kann ich Ihnen gerne auch noch einmal zeigen, wenn Sie wollen, aber ich glaube nicht, dass Sie jemanden finden werden, dem so etwas passiert ist.«
    »Warum nicht?«
    Er lachte kurz auf und sah mich an, als hätte ich eine völlig verrückte Frage gestellt. Hatte ich wahrscheinlich auch. Aber ich wollte es von ihm hören.
    »Weil wir durchaus den Unterschied zwischen einer Frau und Wild ausmachen können. Und wenn man aus Versehen einen Menschen trifft, dann vielleicht einmal, aber man zersiebt das Opfer nicht mit Schüssen.«
    Schon wieder war ich überrascht. Ich hatte nicht gewusst, dass Loreen von mehreren Kugeln getroffen worden war. Fiona offenbar auch nicht. Vielleicht hätte ich mich besser vorbereiten sollen, bevor ich mich in diese Untersuchungen stürzte. Aber auf dem Gebiet war ich blutiger Anfänger und hatte bisher als Zivilperson noch keinen Mord untersuchen müssen. Auch nicht in meinem früheren Berufsleben als Soldat. Da war ich es gewesen, der schoss und tötete.
    »Wissen Sie, wie viele Schüsse abgegeben wurden?«, fragte ich schnell, damit er meine Verwirrung und Unsicherheit nicht bemerkte.
    »Die genaue Zahl hat mir die Polizei nicht verraten, ich weiß nur, dass es mehrere gewesen sein sollen. Da bleibt es einem selbst überlassen, sich eine Zahl auszudenken.«
    »Kann es nicht doch vorkommen, dass man bei Dunkelheit oder schlechter Sicht mehrere Schüsse auf ein falsches Ziel abgibt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wenn man nicht sieht, was man treffen will, kann man auch nicht treffen. Meiner Meinung nach wusste der Schütze genau, worauf er schoss. Einmal blind auf irgendetwas anzulegen, was sich bewegt, mag ja noch angehen, aber wie schon gesagt, nicht mehrmals. Das macht keiner von uns.«
    »Wie viele Jäger sind in Ihrem Verein?«
    »Mehr als dreißig. Wollen Sie die Liste haben?«
    Ich hatte zwar keine Lust, alle dreißig nacheinander abzuklappern, nickte jedoch. Wenn ich etwas herausfinden wollte, musste ich mit ihnen sprechen.
    Der Mann stand auf und lief mit sportlichen Schritten zu einem Sekretär, der in die Ecke gequetscht neben der Tür stand. Daraus zog er eine Liste und reichte sie mir. »Wenn Sie zu unserem Schießstand gehen, werden Sie sicherlich einige unserer Mitglieder antreffen. Er ist bis zehn Uhr geöffnet.«
    Ich nahm die Liste und dankte ihm. Danach gab er mir die Adresse des Schießstandes. »Wollen Sie auch noch meine Waffen sehen?«
    Wieder nickte ich.
    Er führte mich in den Keller, wo ich mir beim Anblick seiner Büchsen ein anerkennendes Pfeifen nicht verkneifen konnte. Er hatte eine beeindruckende Sammlung an Jagdgewehren. Das Herzstück war sicherlich die Borovnik, eine Bockdoppelbüchse in meisterlicher Ausführung, die er in einem sicheren Schrank verwahrt hatte. Sie war mit Tierbildern an den Seiten und am Abzugsbügel graviert und kostete mit Sicherheit an die hunderttausend Dollar.
    Als er meinen bewundernden Blick bemerkte, huschte ein Lächeln über sein Gesicht. »Sie kennen sich aus?«
    »Ein wenig. Obwohl mir die M240 vertrauter ist als ein Jagdgewehr.«
    »Sie waren beim Militär?«
    »Ja, Somalia, Afghanistan und Irak. Seit zwei Jahren bin ich wieder hier.« Eigentlich befand ich mich bereits seit
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