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Am Ende der Angst

Am Ende der Angst

Titel: Am Ende der Angst
Autoren: Martin Johannson
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Polizei hatte mich gestern mit aufs Revier mitgenommen, um mich zu verhören, dabei habe ich aufgeschnappt, was die Typen von der Spurensicherung ermittelt haben. Die mussten mich wieder gehen lassen. Ich bin unschuldig.«
    Davon hatte mir Fiona ebenfalls nichts erzählt. Aber vielleicht wusste sie es auch nicht.
    »Wie viele waren es?«
    »Mehrere, vielleicht vier oder fünf. Oder sechs oder sieben, so genau habe ich das nicht mitbekommen. Und jetzt lassen Sie mich endlich in Ruhe.«
    Er wandte sich ab und schoss wieder auf einen Kipphasen, den er jedoch um Längen verfehlte. Ihm wollte ich nicht im Wald begegnen, wenn er jagte.
    Die Frau war durch Schüsse aus mehreren Gewehren getötet worden. Das klang fast nach einer Hinrichtung. Aber wer wollte denn eine Nutte hinrichten? Und warum?
    Ich hatte genug von dem Mann gehört. Mehr würde ich von ihm nicht erfahren. Die anderen beiden beachteten mich immer noch nicht. Sie wussten vermutlich noch weniger. Daher machte ich kehrt und ging zu meinem Motorrad zurück.
    Es war noch hell, so dass ich beschloss, einen letzten Abstecher einzulegen, bevor ich nach Hause zurückkehrte. Ich wollte mir die Müllhalde ansehen, auf der die Nutte gefunden worden war.
     
    ***
     
    Es stank erbärmlich. Ich hätte nie gedacht, dass der Abfall normaler menschlicher Haushalte solch einen unerträglichen Gestank verursachen konnte. Schon als ich auf die Deponie zugefahren kam, schlug mir der Abendwind den fürchterlichen Geruch entgegen. Als ich an einer Schranke am Eingang der Deponie angekommen war, hätte ich am liebsten kehrtgemacht. Doch bevor ich mich entschieden hatte, stand ein Mann vor mir und hielt mir einen Mundschutz hin.
    »Was wollen Sie?«, fragte er. »Etwas abgeben oder abholen?« Er war dicklich, seine dunkelbraune Haut spannte über seinen Pausbacken. Seine Hände, die die Maske hielten, zitterten leicht.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, was hier jemand würde abholen wollen, aber wer weiß, welche Schätze in den Haufen Müll schlummerten.
    »Ich arbeite für einen Sicherheitsdienst und möchte sehen, wo die Tote neulich gefunden wurde.«
    Der Mann wurde schlagartig todernst. »Es wird Zeit, dass die Sicherheitsmaßnahmen hier erhöht werden. So etwas möchte ich nicht noch einmal erleben.«
    »Haben Sie die Frau etwa gefunden?«
    Er nickte. »Es war schrecklich. Ich bin am Morgen durch die Anlage gelaufen, weil der Detektor eine erhöhte Temperatur vermeldete, was bedeuten konnte, dass ein Brand in den Haufen schwelte. Und da lag sie mitten im Müll. Wunderschön, aber tot. Es war schlimm.« Seine Stimme zitterte. »Soll ich Ihnen die Stelle zeigen?«
    Ich nickte.
    Ich stellte das Motorrad ab, setzte den Mundschutz auf und folgte dem Mann, der unterwegs unentwegt brabbelte und mir die Geschichte der Deponie erzählte. Vor einem Müllberg blieb er schließlich stehen.
    »Hier war es, hier lag sie. Wie ein Engel. Wie ein unschuldiger Engel.«
    Ich hätte ihn am liebsten darauf hingewiesen, dass die Nutte mit Sicherheit alles andere als unschuldig war, verkniff es mir aber. Er wirkte wirklich ergriffen.
    »Wissen Sie, wie lange sie schon hier lag?« Meine Stimme wirkte durch den Mundschutz seltsam dumpf.
    »Sie muss in der Nacht abgelegt worden sein, oder gegen Morgen. Jedenfalls kann sie nicht lange hier gelegen haben. Der arme Engel.«
    »Wie können die Täter hier eingedrungen sein?« Ich sah mich um. Die Deponie war von einem festen Zaun umgeben, am Tor durch eine Schranke gesichert.
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht hatte jemand einen Schlüssel.«
    »Wer besitzt alles einen Schlüssel?«
    »Nur ich und Marvin, mein Kollege. Und die Bosse natürlich.«
    »Ist nachts jemand hier?«
    »Nein, aber ich rede schon seit Jahren, dass nachts ein Sicherheitsdienst seine Runden drehen müsste. Immer wieder landet Zeugs von draußen auf den Halden oder bleibt auf dem Zaun liegen. Aber es interessiert niemanden, was ich sage.«
    »Gibt es Videokameras?«
    »Ja, aber die funktionieren nicht, schon seit Jahren nicht. Auch etwas, was ich ständig bemängele, aber auch das interessiert niemanden.«
    »Passiert es öfter, dass Unbefugte eindringen?«
    »Normalerweise nicht, aber das würden wir auch nicht merken, eben weil die Kameras nicht funktionieren.«
    Da hatte er Recht.
    »Wie viele Wunden hatte sie, konnten Sie das sehen?«
    »Nur eine, direkt in der Stirn. Und die Zähne fehlten. Aber sonst sah sie aus, als würde sie schlafen. Ich habe nicht so richtig hingesehen, es
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