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Am Ende der Angst

Am Ende der Angst

Titel: Am Ende der Angst
Autoren: Martin Johannson
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war zu schrecklich. Der arme Engel.«
    Die Zähne fehlten? Vermutlich, damit sie nicht identifiziert werden konnte. Aber nur ein Einschussloch in der Stirn? Was war mit den anderen Kugeln? Wenn ich den Jägern Glauben schenken durfte, müsste sie von Einschusslöchern übersät sein. Wieso hatte er das nicht bemerkt?
    »War kein Blut zu sehen?«
    »Doch, sie war blutverschmiert. Unter der Kleidung, nicht darauf.«
    Das war merkwürdig und ergab keinen Sinn.
    »War etwas anders als gewöhnlich? Um sie herum vielleicht? Im Müll?«
    »Da lag nur der normale Abfall, aber ich kann Ihnen nicht sagen, ob etwas anders war als sonst. Hier werden täglich Tonnen von Müll abgeladen, da merke ich mir nicht, was sich verändert. Nur tote Engel fallen mir auf.«
    Ich nickte und sah mich um. Viel war nicht mehr zu erkennen, weil die Dämmerung langsam der Nacht wich, doch um mich herum in der Dunkelheit wogte ein Meer von Müll. Unmengen von Plastikflaschen, Tüten, Dosen und Essensreste stapelten sich übereinander, nebeneinander und hintereinander, so dass man kaum Einzelnes ausmachen konnte. Es war mir ein Rätsel, wie Menschen solch einen Haufen Müll verursachen konnten, und dabei war das hier nur der Abfall von einer Stadt. Wenn man den Müll aller Städte zusammenlegen würde, wagte ich mir die Menge gar nicht vorzustellen. Es musste ein Ozean sein. Und mitten in diesen Abfall der Zivilisation hatte sich ein Engel verflogen und war mit gebrochenen Flügeln unsanft gelandet.
    »Danke«, sagte ich schließlich und wandte mich zum Gehen.
    »Was werden Sie nun tun, um die Sicherheit hier zu erhöhen?«, wollte der Mann wissen. Ich zuckte mit den Schultern und reichte ihm meine Maske. Dann versprach ich ihm, eines Tages mit einer Lösung wiederzukommen, verabschiedete mich und fuhr davon.
     
    Ich lag an diesem Abend noch lange wach. Ich war kein Fachmann, aber irgendetwas war ganz merkwürdig an diesem Fall. Ein Schuss mitten in die Stirn deutete auf eine Hinrichtung hin. Auch die Schüsse aus mehreren Gewehren, die angeblich nicht mehr zu sehen waren. Warum wurde sie getötet? Und wo? Und wieso waren ihre Wunden nicht mehr sichtbar? Die Kleidung hätte zerfetzt und von Blut durchtränkt sein müssen. Es sei denn, sie trug keine Kleidung, als sie erschossen wurde. Aber wer tötete auf große Entfernung eine nackte Nutte und zog sie danach wieder an, um sie auf der Müllkippe zu entsorgen? Die Geschichte wurde immer merkwürdiger, je mehr ich darüber nachdachte. Irgendwann dann gab ich es auf, mir das Hirn zu zermartern. Fakt war, dass ich Skye etwas Neues erzählen konnte. Ob sie das beruhigen würde, war allerdings fraglich.
    Irgendwann lange nach Mitternacht schlief ich schließlich ein.

Widersprüche
     
    Als ich am Morgen aufwachte, schlief Fiona neben mir. Sie lag in einem Meer von rotbraunen Locken, den Mund leicht geöffnet, und schniefte leise im Schlaf. Ich hatte nicht gehört, dass sie gekommen war und wollte sie nun auch nicht aufwecken, deshalb zog ich mich schnell an und ging ohne Frühstück aus dem Haus. Auf dem Weg zur Arbeit besorgte ich mir etwas zu essen, was ich dann wahrscheinlich sowieso wieder in die nächstbeste Mülltonne werfen würde. Ich hatte morgens einfach keinen Appetit.
    Während meines Dienstes sprach ich mit Samuel nur das Nötigste, ich war immer noch viel zu sehr mit der toten Nutte beschäftigt. Einmal fragte ich ihn, ob er von dem Fall gehört habe, was er jedoch verneinte. Er wollte außerhalb seines Dienstes nichts von Kriminalität und Verbrechen wissen. Und das musste ich akzeptieren.
    Uns lief zwar kein weiterer Einbrecher über den Weg – Tarek im Übrigen auch nicht – aber dafür konnten wir einen Streit zwischen zwei Eheleuten schlichten, der zu eskalieren drohte. Der Mann war nicht damit einverstanden, dass seine Frau mit einem Personal Trainer zusammenarbeitete, um abzunehmen. Auf der anderen Seite wollte er jedoch unbedingt, dass sie ihre schlanke Figur wieder erreichte. Sie hingegen wollte ihm beweisen, dass sie noch sehr attraktiv war und hatte sich den jüngsten und knackigsten Trainer gesucht, den sie für das Geld ihres Ehemannes bekommen konnte. Als der Gatte ihr das vorhielt, ging sie mit den Hanteln auf ihn los und schlug ihm die Vorderzähne aus. Er schlug zurück und brach ihr den Arm. Wenn wir nicht durch den Lärm darauf aufmerksam geworden wären, hätten sich die beiden wahrscheinlich gegenseitig zu Krüppeln gemacht. Wir riefen einen Krankenwagen, der die
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