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Am Ende der Angst

Am Ende der Angst

Titel: Am Ende der Angst
Autoren: Martin Johannson
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Essen.« Die Hand mit dem Messer machte eine einladende Handbewegung, während sie zurück in die Wohnung wich und in einem kleinen Raum auf der linken Seite verschwand. Offenbar ging sie davon aus, dass ich ihr folgen würde, was ich auch tat.
Ich fand mich in einer kleinen, aber gemütlichen Küche wieder, wo Clara am Herd stand und etwas in einem Topf umrührte. Es roch gut.
    »Magst du Spaghetti?« Als hätte sie gerade etwas sehr Merkwürdiges gesagt, lachte sie plötzlich auf. »Was für eine Frage. Jeder Mensch mag Spaghetti.«
    Sie trug ein knielanges Kleid, das aus einem weitschwingenden Rock und einem engen Oberteil bestand, das vorne geknöpft war. Ihr langes dunkles Haar hatte sie hochgesteckt, aber ein paar Strähnen waren herausgerutscht und kringelten sich auf ihrer Stirn und in ihrem Nacken und fielen leicht über ihre Schulter. Sie sah umwerfend aus.
    »Möchtest du kosten?« Sie hielt mir eine Gabel hin, an der ein paar Nudeln hingen, die vor sich hin dampften.
    Da auch ich zu den Spaghettiliebhabern gehörte, biss ich in die dargebotenen Nudeln und prüfte sie kritisch. Dann nickte ich. »Sie sind gut. Al dente.«
    Sie legte ihren Kopf schief und lächelte mich an, so dass ihre grünen Augen blitzten. »Genau so sollen sie sein.«
    Sie widmete sich wieder dem Essen, doch ich konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf ihre Person, nicht auf das Essen. Ich sah, wie der Dampf aus dem Topf ihre Haut anfeuchtete und über das Oberteil ihres Kleides strich. Sie trug offensichtlich keinen BH darunter, was in diesem Moment ein erregtes Kribbeln in mir auslöste.
    Es war verrückt. So ging das schon seit Wochen. Sobald ich sie sah, konnte ich keinen klaren Gedanken mehr fassen.
    Ich versuchte, mich von ihrem Anblick zu lösen und betrachtete stattdessen die Einrichtung der Küche. Der Raum war viel kleiner als meine Küche in der Wohnung gegenüber, wesentlich schmaler, aber dafür einladender eingerichtet. Ein paar Gewürzpflanzen standen auf dem Fensterbrett, und eingerahmte Fotografien von exotischen Landschaften zauberten Farbe an die Wände.
    »Hast du heute viel zu tun gehabt?« Die Frage lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf ihre Person, was mir in diesem Augenblick allerdings nicht so recht war.
    »Ich habe weiter recherchiert, wie geplant. Für den Osterartikel gibt es immer genügend zu tun«, antwortete ich ihr wahrheitsgemäß, obwohl ich ohne Claras Bild vor meinem inneren Auge an einem Tag sicher wesentlich mehr geschafft hätte.
    »Wirst du denn pünktlich fertig?« Sie nahm zwei Teller und den Topf mit den Spaghetti und ging damit ins Wohnzimmer.
    Ich folgte ihr. »Ja, ich denke schon. Ich bin geübt im Recherchieren.«
    »Ich hatte schon Angst, ich hätte dich von der Arbeit abgehalten.«
    »Nein, nein. Hast du nicht.«
    Sie lächelte mich an, als wüsste sie, dass meine Antwort keinesfalls der Wahrheit entsprach, und ging wieder hinaus, um noch etwas aus der Küche zu holen, während ich mich in ihrem Wohnzimmer umsah.
Es war ebenfalls kleiner als meines, aber hell und freundlich. Auf dem großen Esstisch neben der Tür brannten zwei Kerzen und spiegelten sich in den Metallteilen eines Regals. Eine gemütliche Couch samt passendem Sessel befand sich in der Ecke, dahinter führte eine Tür auf eine kleine Terrasse.
    Als Clara wiederkam, brachte sie zwei Gläser und den Topf mit der Soße und setzte ihn auf den Tisch, wo neben Tellern und Besteck auch eine Flasche Wein stand. Sie forderte mich zum Setzen auf und bat mich, zuzugreifen.
    Während des Essens versuchte ich, meine Blicke von Clara fernzuhalten und mich auf meinen Teller zu konzentrieren, aber das war unmöglich. Wie ein liebestoller Rüde beobachtete ich jede ihrer Bewegungen und lauschte jedem ihrer Worte, wobei mich das Blitzen ihrer Augen immer kribbliger machte. Ich wusste nicht, wie lange ich ihr noch widerstehen konnte.
    Seit Wochen traf ich sie zufällig oder gewollt im Haus, beim Müll runterbringen oder Post holen oder wenn sie Mehl oder Zucker brauchte, und mit jedem Mal verdrehte sie mir mehr den Kopf. Von der ersten Minute an hatte ich mich von ihr angezogen gefühlt. Bei unserer Begegnung vor der Wohnungstür direkt an dem Tag, als ich in das Haus eingezogen war, hatte sie mich angelächelt und willkommen geheißen. Daraufhin lud ich sie zur Einweihungsparty ein, bei der wir uns stundenlang unterhielten. Wie eine Motte immer wieder ins Licht fliegt, selbst wenn es sie verbrennt, kam ich stets wieder zu ihr, besuchte sie
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