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Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht
Autoren: Agatha Christie
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singt Hans Sachs, in den Mei s tersingern, meiner Lieblingsoper. Wie Recht er hat!«
    Er nahm das Blatt Papier, das sie ihm reichte.
    »Lesen Sie es ruhig vor, wenn Sie wollen«, sagte Tuppence. »Es macht mir wirklich nichts aus.«
    Mr Robinson warf einen Blick darauf und reichte es an Crispin weiter.
    »Angus, Sie können so was besser als ich.«
    Mr Crispin nahm die Liste und las mit wohl klingender und klarer Stimme:
    »Schwarzer Pfeil
    Alexander Parkinson
    Oxford und Cambridge
    Viktorianische Porzellanstühle
    Grin-hen-lo
    Ka-Ka
    Mathildes Bauch
    Kane
    Wahreliebe.«
    Er schwieg und sah seinen Gastgeber an, der sich wieder an Tuppence wandte:
    »Meine Liebe«, sagte er, »ich darf Ihnen gratulieren. Sie müssen eine ganz ungewöhnliche Kombinationsgabe besitzen; um von diesen Stichworten zu den Dingen zu kommen, die Sie schließlich entdeckt haben.«
    »Tommy hat sehr intensiv mitgearbeitet«, sagte Tuppence.
    »Weil mir nichts anderes übrig blieb«, ergänzte Tommy.
    »Er hat hervorragend recherchiert«, lobte Pikeaway.
    »Das Datum der Volkszählung war ein ausgezeichneter Ansatzpunkt.«
    »Sie sind ein begabtes Paar«, sagte Mr Robinson. Er sah wieder Tuppence an und lächelte. »Ich nehme an, dass Sie, obwohl Sie sich jeder indiskreten Neugier enthalten haben, immer noch wissen möchten, um was es sich handelte?«
    »Ach!«, rief Tuppence. »Wollen Sie uns wirklich Genaueres erzählen? Das ist großartig!«
    »Ein Anfang waren, wie Sie richtig vermuteten, die Parkinsons«, erklärte Mr Robinson. »Also eine weit zurückliegende Zeit. Meine Großmutter war eine geborene Parkinson. Einiges habe ich von ihr erfahren… Die junge Frau, die sich Mary Jordan nannte, arbeitete für den englischen Geheimdienst. Sie hatte Kontakte zur Marine. Ihre Mutter war Österreicherin, daher sprach sie fließend Deutsch.
    Vielleicht wissen Sie – Ihr Mann weiß es mit Sicherheit –, dass bestimmte Dokumente unserer Behörde in Kürze zur Veröffentlichung frei gegeben werden. Politische Kreise sind nämlich heute der Ansicht, dass Geheimhaltung, so nötig sie in gewissen Augenblicken auch sein mag, nicht für unbegrenzte Zeit gültig sein darf. In unseren Archiven existieren Unterlagen, die als Dokumente zur Zeitgeschichte unseres Landes veröffentlicht werden sollen. In den nächsten zwei Jahren werden also drei bis vier historische Werke erscheinen, deren Glaubwürdigkeit durch diese Dokumente belegt ist.
    Die Ereignisse um das Schwalbennest, wie Ihr Haus damals hieß, finden darin mit Sicherheit Erwähnung.
    Damals hat es Verrat gegeben – in Kriegszeiten gibt es immer Fälle von Verrat, auch vor dem möglichen Ausbruch eines Krieges. Es gab angesehene Politiker, die über jeden Verdacht erhaben schienen. Es gab den einen oder anderen bekannten Journalisten, der seinen enormen Einfluss unklug einsetzte. Und es gab Männer, die sogar schon vor dem Ersten Weltkrieg gegen ihr Land arbeiteten. Nach ihnen kamen junge Männer von den Universitäten, die glühende Bewunderer und oft aktive Mitglieder der kommunistischen Partei waren, ohne dass es jemand ahnte. Und – was sich noch gefährlicher auswirkte – es kam der Faschismus in Mode; ein fortschrittliches Programm mit dem Ziel einer späteren Vereinigung mit Hitler wurde propagiert.
    Und so weiter! Eine Skizze dessen, was im Hintergrund geschah. Ähnliches ist in der Geschichte schon früher vorgekommen. Zweifellos wird es auch wieder passieren: Eine fünfte Kolonne, die aktiv und gefährlich ist, von Leuten geleitet, die an ihre Ziele glauben – oder von Gewinn und Macht träumen. Oh, vieles wird höchst interessant zu lesen sein! Wie oft mag schon jemand im besten Glauben gesagt haben: ›Der alte B. ein Verräter? Unsinn! Der ist absolut vertrauenswürdig!‹
    Der uralte Trick! Die alte Geschichte, immer nach demselben Muster.
    In der Wirtschaft, beim Militär, im politischen Leben – immer ist es der Kerl mit dem ehrlichen Gesicht, bei dem man nicht anders kann, als ihn zu schätzen und ihm zu vertrauen, erhaben über jeden Verdacht. Jemand, der für diesen Beruf geboren ist wie der Mann, der einem vor dem ›Ritz‹ einen falschen Goldbarren andreht.
    Das Dorf, in dem Sie jetzt wohnen, Mrs Beresford, war vor dem Ersten Weltkrieg die Zentrale einer gewissen Gruppe – ein so reizender, altmodischer Ort! Immer haben dort nette Leute gewohnt, patriotische Leute, die im Krieg ihrem Land dienten, wo sie konnten. Es gibt einen guten Marinehafen und es gab damals einen
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