Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Alter schützt vor Scharfsinn nicht

Titel: Alter schützt vor Scharfsinn nicht
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
flotten Kapitän aus angesehener Familie… Sein Vater war Admiral. Außerdem einen tüchtigen Arzt, der bei den Patienten sehr beliebt war. Doch kaum jemand ahnte, dass er eine Spezialausbildung in chemischen Kampfwaffen hatte, im Umgang mit Giftgasen.
    Und später, vor dem Zweiten Weltkrieg, bezog dieser Mr Kane von Ihrer Liste, Mrs Beresford, ein hübsches strohgedecktes Haus beim Hafen. Er hatte bestimmte politische Ideale – nicht den Faschismus, oh nein! Nur Frieden über alles, um die Welt zu retten – Ideen, die sich sehr rasch auf dem Kontinent ausbreiteten, aber auch in zahlreichen anderen Ländern der Erde.
    Das alles wollen Sie im Grunde gar nicht wissen, Mrs Beresford, trotzdem sollten Sie den Hintergrund kennen, der so sorgsam ausgewählt wurde. Denn hierher schickte man Mary Jordan – um Tatsachen zu sammeln.
    Es war vor meiner Zeit. Als ich später ihre Geschichte hörte, habe ich sie sehr bewundert. Ich hätte sie gern gekannt. Sie besaß Charakter und Persönlichkeit.
    Zwar hieß sie mit Vornamen Mary, aber sie wurde allgemein Molly genannt. Sie war intelligent und tüchtig. Eine Tragödie, dass sie so jung sterben musste!«
    Tuppence hatte ein Bild an der Wand betrachtet, das ihr vertraut erschien, die Zeichnung eines Knabenkopfs.
    »Ist das – das ist doch…«
    »Ja«, sagte Mr Robinson. »Das ist Alexander Parkinson. Damals war er elf, der Enkel einer Tante von mir. So kam Molly zu den Parkinsons, als Gouvernante. Es schien ein guter, sicherer Beobachtungsposten zu sein. Niemand wäre je auf den Gedanken gekommen – «, er machte eine Pause, »dass es so enden würde.«
    »Es war doch nicht etwa – ein Parkinson schuld?«, fragte Tuppence.
    »Nein, meine Liebe. Soviel ich weiß, hatte die Familie Parkinson nichts damit zu tun. Aber verschiedene Gäste und Freunde übernachteten damals in ihrem Haus. Ihr Mann entdeckte, dass der fragliche Abend auf den Termin der Volkszählung fiel. Nicht nur die Hausbewohner, sondern alle, die in jener Nacht im Hause schliefen, mussten aufgeführt werden. Einer der Namen gab uns einen Anhaltspunkt. Die Tochter des Arztes, von dem ich eben sprach, kam ins Dorf, um ihren Vater zu besuchen, und sie bat die Parkinsons, sie aufzunehmen, da sie auch noch zwei Freundinnen mitgebracht hatte. Diese Freundinnen sind frei von jedem Verdacht, aber später stellte sich heraus, dass ihr Vater tief in die Ereignisse im Dorf verwickelt war. Die Tochter hatte ein paar Wochen zuvor im Parkinsonschen Garten geholfen und war schuld daran, dass Fingerhut und Spinat so dicht nebeneinander wuchsen. Sie war es auch, die am entscheidenden Tag die tödliche Mischung in die Küche brachte. Die Erkrankung aller Teilnehmer an der Mahlzeit wurde als eines jener kleinen Versehen abgetan, die nun mal passieren können. Der Arzt erwähnte ähnliche Fälle aus seiner Praxis. Bei der gerichtlichen Untersuchung sagte er demgemäß aus und das Urteil lautete auf Tod durch Unfall. Die Tatsache, dass am selben Abend ein Cocktailglas vom Tisch fiel und zerbrach, fand keine Beachtung.
    Um ein Haar, Mrs Beresford, hätte sich die Geschichte wiederholt: Aus einem Pampasgrasdickicht wurde auf Sie geschossen; später hat die Dame, die sich Miss Mullins nannte, versucht, Ihren Kaffee zu vergiften. Übrigens soll sie eine Enkelin oder Großnichte jenes Arztes sein. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte sie zu Jonathan Kanes Anhängern. Daher kannte Crispin sie auch. Und Ihr Hund schätzte sie auch nicht und handelte prompt. Inzwischen wissen wir auch, dass sie den alten Isaac getötet hat.
    Nun müssen wir uns mit einem womöglich noch übleren Charakter befassen: Der von allen so verehrte Hausarzt scheint nach den vorhandenen Beweisen Mary Jordans Tod auf dem Gewissen zu haben, obwohl das damals keiner geglaubt hätte. Er hatte große wissenschaftliche Interessen, war ein Fachmann auf dem Gebiet der Gifte und ein Pionier der Bakteriologie. Es hat an die sechzig Jahre gedauert, bis dieser Umstand ans Licht kam. Nur Alexander Parkinson, der damals noch zur Schule ging, machte sich Gedanken.«
    »›Mary Jordan ist keines natürlichen Todes gestorben‹«, zitierte Tuppence leise. »›Es war einer von uns.‹« Dann fragte sie: »War es der Arzt, der Marys wahre Identität entdeckte?«
    »Nein. Er hatte keinen Verdacht. Es war jemand anders. Bis zu jener Zeit war sie sehr erfolgreich gewesen. Der junge Kapitän hatte ahnungslos, wie von uns geplant, mitgemacht. Das Material, das sie ihm lieferte, war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher