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Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]

Titel: Alte Narben - [Kriminalroman aus der Eifel]
Autoren: KBV Verlags- und Mediengesellschaft
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aus.
    Gustav winkte lächelnd ab. »Lass nur, meine Liebe, der alte Brummbär meint es ja nicht so. Lass ihn lästern, das braucht er.«
    Lorenz nickte zustimmend. »Jawohl, du verstehst mich. Empathie sagt man den Jungs von der anderen Fakultät ja auch nach.«
    »Nun ist es aber gut«, schalt Bärbel.
    Lorenz kraulte sich den Bart und murmelte leise: »Der in Ehren ergraute Ermittler wusste ja, dass seine Freunde ihm so leicht nichts übel nehmen würden. Kommissar Wollbrand war mit sich und der Welt sehr zufrieden.«
    »Das kann er auch sein«, meinte Benny. »Wir haben die Mörder gefasst und eine internationale Verschwörung aufgedeckt.«
    »Nun, so weit würde ich nicht gehen«, entgegnete Lorenz. »Aber immerhin, die Pistole, die du dem Ganoven auf der Ordensburg aus der Hand geschlagen hast, wurde als die Waffe identifiziert, mit der Kommissar Gerster erschossen wurde. Und Henry Drechsler hat ein umfassendes Geständnis abgelegt. Er hat mittlerweile zugegeben, dass er von den Machenschaften der anderen Stadträte erfahren hatte und Kellermann aus purer Geldgier geholfen hat. So hat Drechsler die Drecksarbeit erledigt, als Kellermann von Wilhelm Flotos Anruf alarmiert wurde und Korger entschied, dass Floto ausgeschaltet werden müsse. Drechsler wurde auch engagiert, Kratz vor den Übergriffen der Neonazis um Hermann Floto zu schützen, um nicht noch mehr Staub aufzuwirbeln und Korgers Vorhaben nicht zu gefährden. Der alte Nazi hatte wesentlich weitreichendere Pläne als diese kleinen Schläger.«
    Bärbel fügte hinzu: »Und die Hinweise, die wir mithilfe von Dr. Hardering und Pfarrer Friesdorf der Polizei über Korgers Publikationen geben konnten, werden vielleicht noch mehr Licht auf das Netzwerk des alten Nazis werfen.«
    »Fragt sich nur, wer Korgers Auto in die Luft gejagt hat«, meinte Benny. »Von Kalle Gärtner fehlt jede Spur, dem wäre so was zuzutrauen. Oder vielleicht hat diese Amerikanerin Spezialagenten vom CIA dazu beauftragt, die Amis machen so was überall in der Welt. Oder der israelische Geheimdienst. Und vor allem, der Kratz hatte doch erzählt, dass er im Krieg das Bomben basteln gelernt hat. Der war’s bestimmt.«
    Gustav schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Jakob hat seit Langem genug von all der Gewalt. Er wollte der Wilke helfen, die Nazis aufzuspüren, und hoffte auf Heilung für seine alten Narben. Das eine ist ihm gelungen, das andere wohl kaum.«
    »Schade, dass er nicht bleiben konnte«, meinte Bärbel. »Ich hätte ihm gegönnt, den Lebensabend in seiner Heimat zu verbringen. Vielleicht hätten wir gute Freunde werden können.«
    »Ja, vielleicht«, sagte Lorenz. »Aber hier schmerzen ihn all diese Erinnerungen zu sehr, hier wurde er damals von seinen Nachbarn verraten und im Stich gelassen, jeder Baum, jeder Stein erinnert ihn zu sehr an die schreckliche Vergangenheit. Seine Heimat wurde ihm gestohlen, und das kann er nicht rückgängig machen.«
    Die Freunde schwiegen. Lorenz ließ seinen Blick über das Rurtal schweifen. Der Sommer hatte gerade erst richtig begonnen, und er freute sich auf die nächsten Wochen voller Wärme und Licht. Er atmete tief durch, ließ das Erlebte der letzten Tage vor seinem inneren Auge vorüberziehen.
    Gustav setzte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Nun, alter Ermittler, was grübelst du?«
    Lorenz sah seinem Freund lange in die Augen. Dann sagte er: »Weißt du, ich muss immer daran denken, dass ich damals zu jung war, um gegen diesen Wahnsinn etwas tun zu können. Aber nach dem Krieg, was haben wir dann getan, um das geschehene Unrecht so gut als irgend möglich wieder gutzumachen?«
    »Was hätten wir denn besser machen können?«, fragte Gustav. »Immerhin sind wir ein demokratischer Rechtsstaat geworden. Mit den üblichen Geburtswehen und vielen kleinen Krankheiten, und blühende Landschaften haben wir nur teilweise, aber es ist doch alles in allem gar nicht so übel.«
    »Stimmt«, meinte Lorenz. »Aber warum gibt es heute, nach so langer Zeit, immer noch keine neue jüdische Gemeinde in unserer schönen Heimat? Sieh dich doch um.« Er zeigte auf die Wälder und Hügel, die sich ringsherum erstreckten, und auf die satten Wiesen im Tal, durch die tief unter ihnen die Rur floss. Dann fuhr er fort: »Ich sehe das so: Wir hatten einen blühenden Garten, die unterschiedlichsten Blumen blühten in Eintracht nebeneinander in einem schönen Beet. Und dann kamen Panzer und walzten alles platt. Und was tut der
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