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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte
Autoren: Eric Malpass
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mischte sich Onkel Walter ein.
    «Ist das wahr, Harry?» fragte Tante Clarissa, immer noch mit spitzem Mund.
    Vater fuhr herum. «Von jedem anderen», sagte er heftig, «wäre diese Frage eine Beleidigung. Von der Tante einer Frau, die ihre Kinder und ihren Mann im Stich gelassen hat, ist die Frage impertinent und infam.»
    «Also, Harry, ich dulde nicht, daß du mit Clarissa so redest», sagte Onkel Walter.
    «Halt du dich hier gefälligst raus, Harbinger!» schnappte Vater wütend.
    Onkel Walters Gesicht sah jetzt aus wie ein roter Luftballon, der jeden Moment zu platzen drohte. Aber da erhob sich zu meinem größten Erstaunen Tante Clarissa und trat auf Vater zu, legte ihm begütigend die Hand auf den Arm und sagte freundlich zu ihm: «Harry — ich weiß, wir leben in verschiedenen Welten. Ich hatte kein Recht, zu dieser Frage und möchte mich bei dir entschuldigen.»
    Vater nickte steif mit dem Kopf.
    «Aber», fuhr sie lächelnd fort, «willst du mir nicht doch ruhig Nicholas Anthony und Persephone für eine Weile mitgeben? Ich möchte dir wirklich gerne helfen, glaub mir.»
    Ich sah zu Vater hinüber. Das denkende Auge war noch mehr verschattet als sonst, aber das andere blickte Tante Clarissa fest an. Und dann sagte er grinsend: «Wirklich nett von dir, Clarissa. Natürlich kannst du sie mitnehmen.» Er sah zu Perse und Trubshaw hinüber. «Du bist dir nur hoffentlich im klaren darüber, daß sie ganz Berkshire auf den Kopf stellen werden.»
     

7
     
    Seltsam, aber mir war ganz komisch zumute, als meine kleinen Geschwister am nächsten Morgen abfuhren. Unsere Familie schien sich immer mehr aufzulösen.
    Perse winkte, und Tante Clarissa winkte, und Onkel Walter hupte zum Abschied noch einmal fröhlich, und der Sand knirschte unter den Rädern, als der Wagen von der Einfahrt in die Landstraße einbog und zwischen den Hügeln verschwand.
    Das Läuten der Kirchenglocken erinnerte mich daran, daß wieder Sonntag war. Aber es war ein trüber, kühler Morgen, von den Bäumen tropfte es schwer, und überall standen Pfützen, und die Kirchgänger waren in Regenmäntel gehüllt. Selbst die Glocken klangen lautlos, und Mr. Chisholm war heute nicht in unserer Kirche, sondern in Shepherd’s Warning beim Gottesdienst.
    Als wir aus der Kirche kamen, schlug ich Gloria einen kleinen Spaziergang vor. Ich steuerte listig auf den Weg zu, der nach Shepherd’s Warning führte. Das war ein abschüssiger Pfad mit niedrigen Steinmäuerchen und Hängen voller Skabiosen, Gänseblümchen und Fingerhut zu beiden Seiten.
    Schließlich lag Shepherd’s Warning unter uns, wir sahen die
    kleine Kirche mit dem Friedhof, der sie umgab. Und gerade in diesem Augenblick trat aus dem Friedhofstor eine Gestalt, die ein Fahrrad schob, sich auf den Sattel schwang und den Weg nach Shepherd’s Delight einschlug. Mein Vorhaben war geglückt.
    «Ist das da unten nicht der nette Mr. Chisholm?»
    «Ja», sagte ich einsilbig.
    Wir gingen etwas schneller. Auf einem der schmalen Pfade, < die hier über die Hügel führen, tauchte eine weibliche Gestalt auf und ging auf den Hauptweg nach Shepherd’s Warning zu, 1 Wir sahen, wie sich die beiden begegneten. Mr. Chisholm stieg vom Rad ab, und die beiden sprachen miteinander. Dann bogen; sie, nebeneinander hergehend, in einen Seitenpfad ab und verschwanden aus unserem Blickfeld.
    «Wer war denn das?» fragte Gloria.
    «Miss Buttle», sagte ich.
    «Hat er was mit ihr?»
    «Nein, nein. Sie hilft wie er in der Gemeinde.» Ich mußte aber doch dabei an Perses Bemerkung denken. «Laß uns umkehren», sagte ich bedrückt.
    Ich hatte gehofft, Vater habe schon irgend etwas zum Essen vorbereitet, aber er saß da und las die Zeitung. «Hallo», sagte er. «Ihr kommt aber spät. Mir knurrt schon der Magen.»
    «Wir haben noch einen kleinen Spaziergang gemacht», sagte ich lustlos und ging in die Küche, um unsere Sonntagsmahlzeit zuzubereiten. Scholle mit Kartoffelchips.
     

8
     
    Etwa zwei Wochen danach begegnete ich beim Krämer meinem Angebeteten.
    Im ersten Augenblick schien er verlegen, aber gleich darauf fragte er mich lächelnd, ob er mich ein Stück begleiten dürfe. «Aber gern, Mr. Chisholm», sagte ich.
    Wir gingen die Dorfstraße entlang. Er war sichtlich nervös.
    Dann brachte er schließlich stotternd heraus: «Viola, ich möchte Sie etwas fragen.»
    Großer Gott, dachte ich, er will dir einen Antrag machen ¡Ausgerechnet hier, vor der Fischhandlung.
    «Ja, Mr. Chisholm?» sagte ich so sanft und
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