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Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Titel: Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
Autoren: Lisa Thomsen
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höre ich schon ewig. Heute ist Freitag. Schaff meinen Lottozettel in die Annahme und bring mir vom Schlachter ein Pfund Lachsschinken mit!«
    Ja, dachte Frieda bei sich, noch frisste Lachsschinken. Aber einmal bin ich dran ...
    »Guck nicht so, Paluschke ...«
    »Ich heiße Frieda!« schnaubte sie böse und beleidigt zurück.
    »Paluschke aber auch!«
    »Besser als Zunder«, sagte Frieda und ging. Am Tresen schnippte sie Asche in Olgas halbvolles Glas. Eine dünne Rache. Aber wenigstens etwas.
    Wenig später schob sie mit eingezogenem Nacken in ihrem grauen Mantel an den Hauswänden der Bordellstraße entlang. Es gab nur wenige, die ihr gut waren. So war es, wenn man die Glanzzeiten hinter sich gebracht hatte und nur noch in einsamen Stunden von ihnen träumen durfte.
    »Na, Paluschke, heute schon die Jacke vollgekriegt von deine Olga?«, schallte eine quäkende Stimme aus einem Parterrefenster. Dort lehnte Hanna Kunstmann mit gewagtem Ausschnitt und versuchte, frühe Kunden zu locken.
    »Sie ist nicht meine Olga«, gab Frieda bissig zurück. »Und überhaupt ...«
    »Also, für die Zunder biste doch der letzte Dreck!«
    »Und für euch die Königin von Saba, oder wie?«, spottete Frieda mit feuchten Augen. »Behalt mal dein Mitleid für dich. Später wirst du es oft genug brauchen können. Da achte mal drauf. Zuerst wird dein Busen immer länger, dann dein Gesicht. Und dann sagt einer >alte Rappel< zu dir. Und der nächste spuckt dich an. Und dann biste unten. Dann brauchste dein Mitleid. Da achte mal drauf!«
    Nach diesen Worten ging sie weiter. Auch aus den anderen Fenstern gab es Zurufe. Frieda stellte sich taub. Sie war schließlich froh, als sie aus der Bordellstraße hinaustrat in die Allee mit den Läden und Lokalen. Es war wie ein Schritt in eine andere Welt.
    Unterwegs blieb Frieda ab und zu stehen und beguckte sich die Auslagen. Sie sah die schönen eleganten Kleidungsstücke, den Schmuck, die Schuhe und Handtaschen und versuchte sich daran zu erinnern, wie es eigentlich gewesen war, als sie das alles noch gedankenlos besessen hatte, so als hätte sie es nicht gehabt.
    Da stand sie, die graue, erbärmliche Gestalt, als Spiegelbild zwischen der Eleganz und dem Noblen. Rasch ging Frieda weiter und betrat das Lottogeschäft. Dort musste sie sich nicht verstellen. Man wusste, wer sie war und wo sie arbeitete. Aber man beschimpfte sie wenigstens nicht.
    »Ach ja«, sagte sie zu der ältlichen Verkäuferin. »Is ja wieder mal Freitag. Ich spiele schon seit Jahren. War noch nie wat. Wird wohl auch nie wat werden!«
    »Ach, sagen Sie das man nicht, Frau Paluschke«, meinte die Verkäuferin mit einem aufmunternden Lächeln. »Vor zwei Wochen hat eine Türkin drei Millionen gewonnen!«
    »So?«, fragte Frieda und war etwas zusammengezuckt. Dann zuckte sie nochmals. Diesmal mit den Schultern unter dem grauen Mantel. »Ich bin aber keine Türkin«, murmelte sie. »Ich bin nur die olle Paluschke aus der Schnüttgengasse sieben, zweiter links. Und für die olle Paluschke gibt es kein Glück, nee, Frau Hacker, nicht für mich!
    »Nun, wer wird denn so mutlos sein. Aber nun müssen Sie sich beeilen. Nach sechs geht nichts mehr. Die Automatik, wissen Sie.«
    »Ach, ja richtig«, erinnerte sich Frieda. Die Zettel waren bereits ausgefüllt, als Frieda sie aus der Manteltasche fingerte. Nur noch Namen und Adresse waren einzutragen.
    »Nun machen Sie doch, Frau Paluschke. Es ist zwei vor!«
    »Ach Gottchen, dat Ding - ich meine, es schreibt nicht gut. Aber geht schon. So, da haben Sie. Hier ist dat Geld. Ach, und ich muss noch zum Schlachter nebenan. Lachsschinken für die Frau Zunder kaufen. Isst sie so gern, wissense!«
    Olga Zunder war angesehen. Nicht weil sie das Bordell, sondern weil sie Geld hatte. Und da Geld nicht riecht und nur manchmal ein bisschen schmutzig ist, war jeder darauf aus, möglichst viel von Olgas Geld zu verdienen. dass sich mancher hinterher die Hände wusch, wusste Olga nicht. Und es wäre ihr wohl auch völlig egal gewesen.
    Frieda kaufte den Lachsschinken. Er sah verlockend aus.
    »Wiegen Sie hundert Gramm zu«, sagte sie mit flimmrigen Augen. »Als eine Extraportion in ein Extrapapier. Aber mit dem Pfund!«
    Frieda wusste, warum. An der Ecke zur Bordellstraße genoss sie die hundert Gramm in aller Heimlichkeit. Die Dämmerung hatte ja ohnehin schon die Augen zugedrückt, und die Peitschenleuchten wähnten sich noch im Tageslicht. Sie flammten beim letzten Bissen zuckend auf und jagten
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