Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Titel: Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
Autoren: Lisa Thomsen
Vom Netzwerk:
Mimi plötzlich. Fast schlagartig verstummte das Schluchzen. Der Kopf ging in die Höhe, und in die Augen trat ein Ausdruck der Fürsorglichkeit.
    »Wat fehlt dir denn, Mimikind?«, fragte Frieda. »Haste Kopfweh? Soll ich dir 'ne Aspirin ...«
    »Nein, lass mal, Schätzchen«, lehnte Mimi ab. »Aber eine Tasse schönen Kaffee ...«
    »Aber dat mach ich doch«, versicherte Frieda und sprang auf. Ja, so war Frieda: Wenn man sie brauchte, dann war sie da. Sie schaffte es mühelos, das eigene Leid und Elend in den Hintergrund zu drängen, nur um für andere da zu sein. Und die Mädchen wussten das. Daher versuchten sie, Frieda auf diese Weise abzulenken. Frieda mochte es vielleicht gefühlt haben. Doch sagte sie nichts.
    Noch während Frieda dabei war, den Kaffee zu brühen, kam Irmchen Schlick in die Küche. Irmchen hatte dünnes, rötliches Haar und sah ungeschminkt eigentlich richtig hässlich aus. Sie war hohlwangig und hatte eine zu kantige Nase. Der Mund war schmallippig, das Kinn lang und spitz zulaufend. Das einzig Schöne an Irmchen Schlick waren die graublauen Augen, die etwas von einem staunenden Kinderblick besaßen und oft ganz rührend gucken konnten.
    »Hallo, Muttchen Paluschke«, sagte Irmchen und gab Frieda einen Kuss
    auf die faltige, ungeschminkte Wange. »Nanu, haste wieder heulen müssen?«
    »Hör auf«, raunzte Frieda gutmütig. »Du weißt doch jenau, dat ich jeden Tag am Heulen bin wegen die alte Hyäne, was die ist. Ach Gottchen, wenn ich sie bloß man richtig bescheißen könnte. Nicht nur für 'ne Pulle Schnaps, wat sie nicht merkt. Dann würde ich es schön für uns alle machen. Dat schwöre ich, so wahr ich die olle Paluschke bin. Aber die hockt ja mit ihrem fetten Hintern auf die Kohle, und von Schnaps wirste besoffen, aber nicht reich. Ach Gottchen, ja ...«
    »Kochst du schon wieder Kaffee für die Weiber?«, mäkelte Olgas Bassstimme zur Tür herein. »Ich bin kein Sozialamt und keine Heilsarmee ...«
    »Es ist mein Kaffee«, sagte Frieda. »Hab ich mitgebracht für die Mädels ...«
    »Mädels«, sagte Olga und maß die beiden Dirnen mit abschätzenden Blicken. »Nur zwei billige Kerls waren letzte Nacht oben. Das sind ganze vierzig von jeder. Kein Wunder bei dem Aussehen ...«
    »Nun hör auf, Olga«, sagte Irmchen. Ihre schönen Augen wurden nun auch hässlich. »Du hast das große Maul und sonst nischt. Leg du dich doch mal rauf auf die abgerappelte Matte und nimm so 'nen abgefüllten Bock. Wat meinste, wie lange der an dir rummacht. Du füllst die Freiersköppe ja nur ab, und auf uns schlafen sie dann ein. Kannste machen, was du willst. Sie pennen auf dir ein. Oder, Mimi?«
    »Und wenn du sie runterschiebst, fangen sie an zu grunzen und zu schnarchen«, bestätigte Mimi Berger tiefsinnig. »Rausschmeißen kann man sie nicht, weil sie dann lautstark rummosern. Nee, Olga, ist nicht' mehr so wie zu deiner Zeit. Ach was, wenn es für dich so etwas überhaupt gab ...«
    »Ich hatte damit nie wat am Hut als Nutte«, wies Olga zurück. »Ich war eine Schauspielerin - vor 'ne Weile ...«
    »Fürs Gehabte kriegst du nischt«, fiel ihr Irmchen ins Wort. »Es zählt das Heute. Und heute biste nun mal Puffmutter und eine ganz miese obendrein. Wenn ich da an andere denke ...«
    »Da geh doch bei die anderen!«, donnerte Olga. »Solche wie dich werden sie überall erwarten, oder wie. Du bist ja fast schon so eine ausrangierte Nutte wie die Paluschke und taugst auch bald nur noch fürs Putzen. Jawohl, hau ab. Gleich heute. Räum die Bude. Es warten hundert andere darauf, dat sie es gut bei mir haben. Woanders zahlste! Das hält dein Unterleib nicht mehr aus.«
    »Es ist meiner«, sagte Irmchen eiskalt. »Beguck dich nackend im Spiegel und schrei danach herum. Weißte wat? Ich lasse dir deine Läusebude dichtmachen. Ich kenne einen von der Gewerbeaufsicht. Da geh ich hin. Gleich heute. Dann hat es ausgetröpfelt im guten Tropfen!«
    »Anzeigen willste mich?«, hauchte Olga.
    »Für einen Orden kann man dich nicht vorschlagen«, erwiderte die Dirne. »Ich kann es auch bleibenlassen, wenn du deine Klappe zulässt und nicht rummeckerst. Möchte nicht wissen, wat du für Fischköppe an dich rangelassen hast. Schauspielerin - das kannste uns heute weismachen. Aber mir ist das egal. Und wenn du eine Stadtparkschlampe gewesen wärst, würde mich dat nicht jucken. Aber lass uns zufrieden. Wir sind Puffweiber, dabei basta. Und wir zahlen, dat wir wohnen können. Alles andere geht dich nischt an,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher