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Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Titel: Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
Autoren: Lisa Thomsen
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...«
    Weiter kam sie nicht. Der kurze Traum süßer Rache wurde mit einem Blitzschlag aus Olgas Handgelenk beendet. Mitten in Friedas eben noch so mutiges Gesicht.
    »Lass Orje aus dem Spiel!«, donnerte Olga mit Nasenflügeln, die an flatternde Gaulnüstern erinnerten. »Er hat mich geliebt ...«
    »Der?« Frieda trat ein paar Schritte zurück. Dann begann sie schrill zu lachen. »Orje hat gesagt, dass du fett bist wie eine schlachtreife Sau, und er hat dich beschissen. Und er ist dir durch ...«
    »In die Legion ist er gegangen!«, brüllte Olga mit glitzrigen Augen.
    »Legion«, sagte Frieda ruhig und voller Verachtung. »Er hat dir dreißig Mille Schwarzgeld aus deinem Nachthemdenstapel geklaut und ist mit Sonja Küppers auf die Kanarischen Inseln. Sonja geht aufn Strich und dein Orje macht Maxe. Legion, ausgerechnet der ...«
    »Stimmt das?«, fragte Olga leise und vernichtend. »Mit dem Geld und den Inseln und mit Sonja?«
    »Jawohl«, sagte Frieda. »Und das mit der fetten Sau auch. So, und jetzt geh ich putzen!«
    Sie schob sich an Olga vorbei. Wie ein massiger Haufen Unglück stand Olga mit dem Rücken an der Tür.
    »Und er hat gesagt, er liebt mich ...«, flüsterte sie, wobei die Tränen tiefe Bäche in die Schminke wuschen.
    »Glaub die Männers nix«, riet Frieda. »Hätte ich ihnen nicht alles geglaubt, dann wäre ich heute ... Was wäre ich eigentlich? Na ja, verdreckte Klos müsste ich bei dir bestimmt nicht putzen. Ganz bestimmt nicht, Olga!«
    Frieda Paluschke hatte lediglich einen kleinen moralischen Sieg davongetragen, denn Olga Zunder gehörte zu den Frauentypen, die einem Mann nicht lange hinterherweinten. Mit dem Geld gab es schon einige Probleme. Das schmerzte. Und es machte wütend.
    Die Paluschke bekam diesen Zorn an jenem denkwürdigen Tag noch etliche Male Euroig zu spüren. Alle möglichen Schimpfworte musste sie sich an den Kopf werfen lassen. Aber eines war für Frieda besonders schlimm. Es erinnerte sie an das Elend ihres Lebens.
    »Hau ab«, sagte die Zunder hinter dem Tresen. »Hau ab, du ausrangierte Nutte!«
    Diese Beschimpfung war stets die Krönung, und das Anschließende war schon beinahe zum Ritual geworden: Frieda verkroch sich in der kleinen, nicht sonderlich sauberen Küche. Ein fetter Kakerlak kroch unter den verwaschenen Vorhang am Spülstein und wies Frieda sozusagen den Weg.
    Zwischen Putzeimer und Scheuersand dämmerte jeden Tag die Schnapsflasche der Krönungsbeschimpfung entgegen, wartete darauf, herausgeholt und an die faltigen Lippen gesetzt zu werden. So geschah es auch heute.
    »Du Ratte«, knurrte Frieda nach dem ersten tiefen Schluck, abgrundtief verächtlich. »Es kommt der Tag, an dem ich dir die Schwarte abziehe. Warte nur, du ...«
    Eine knochige Faust wurde in Richtung Tür gereckt. Ein zweiter, kräftiger Schluck hielt das Feuer des ersten am Brennen. Und dann ging Frieda Paluschke zum ehedem weißlackierten Küchentisch, blickte eine Weile ganz leer in den dreckigen Hinterhof und begann schließlich zu heulen. Fast jeden Tag zwischen halb und vier heulte sie sich den Hass von der Seele und wärmte gleichzeitig das Elend auf.
     
    *
     
    Gegen vier Uhr kamen die ersten Mädchen herunter. Die Sonne schickte sich bereits zum Rückzug an. Den Dirnen jedoch saß noch die vergangene Nacht in den Augen.
    Die erste, die heute eintrat, hieß Marie Berger und stammte aus Köln. Man nannte die zierliche Dunkelhaarige nur Mimi. Der Name passte zu dem Mädchen, dessen Alter schwer zu schätzen war. Wenn jemand Mimi auf dreiundzwanzig schätzte, lächelte sie selig. dass sie jedoch heuer bereits fünfunddreißig wurde, behielt sie für sich. Das war besser, denn durchgesickertes Alter war eines der schlimmsten Dinge, die einer Dirne passieren konnte. Alle glaubten sie fest daran, eine Treppe aufwärtszurennen. Und jeden Tag spürten sie neu und mit erschreckender Deutlichkeit, dass diese Treppe eigentlich nach unten führte.
    »Na, mein Schätzchen?«, frage Mimi mit rauer Zärtlichkeit. »Hat sie dich wieder zusammengepfiffen?«
    Diese Frage war so überflüssig wie jene, ob Wasser im Rhein sei. Jeder wusste, dass Frieda Paluschke für Olga Zunder nicht nur putzen, sondern auch als Prellbock der Launen hinhalten musste.
    »Diese Kröte«, schluchzte Frieda. »Diese verdammte, dreckige Kröte. Ich mach sie kaputt - eines Tages. Ich hau sie in die Schnauze, Mimi ...«
    Heftiges Schluchzen rüttelte Friedas magere Schultern.
    »Mir geht es heute hundeelend«, sagte
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