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Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)

Titel: Als das Glück zu Frieda kam - ROTE LATERNE Band 1 (German Edition)
Autoren: Lisa Thomsen
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sie mit dem halbwegs gesäuberten Schuh aus.
    »Untersteh dich«, schnaubte Dora. »Geh nur rein zur Zunder. Die juckt dir heute die Jacke voll ...«
    »Warum?« Der Duftschuh sank in den Schrecken düsterer Vorahnungen langsam hinab, und in Friedas Kohleäuglein trat ein neugierig-furchtsames Funkeln.
    »Sie schrie was von einem faulen Mensch. Und damit hat sie dich gemeint, Paluschke. Und von Beschiss hat sie wat gesagt. Aber ich muss los. Der Mittags-IC ist der beste, weißte!«
    Und fort war sie, um Frieda mit ihren grüblerischen Gedanken allein zu lassen. Die Frau zog den Schuh wieder an und ging langsam weiter. Sie war auf Olga Zunder angewiesen. Eine andere Arbeit war für Frieda nicht mehr zu finden. Vorbei waren die Jahre, in denen Männer vor ihr gekniet hatten, die Stunden, in denen sich Frieda im Diamantenfeuer gewärmt und im Licht edelster Lüster gesonnt hatte. Obwohl Frieda es ganz glaubwürdig so und nicht anders bei jeder passenden Gelegenheit zu servieren wusste, war es wohl doch ein wenig anders gewesen.
    Die Männer hatten nicht vor ihr gekniet, sondern waren gleich zur Sache gekommen. Die Diamanten waren allenfalls Straß gewesen. Und die edlen Lüster hatten wohl einstmals als insektenumschwirrte Neonlampen im Nachtwind über der Bordellstraße geschaukelt. Aber Geld hatte Frieda verdient. Viel verdient und viel ausgegeben. Alles, um genau zu sein. Wie gewonnen, so zerronnen ...
    Olga Zunder war eines Tages mit viel Geld in der Tasche von irgendwoher gekommen und hatte den »Guten Tropfen« gekauft. Mit dem Geld aus einem Riesenbeschiss, pflegte Frieda es heimlich auszudrücken. Und lautstark dann, wenn Olga nicht zugegen war. Aber bei Olga durfte Frieda Mädchen für alles machen. Sie machte nun schon so viel »alles«, dass sie sogar gelernt hatte, Olgas Steuererklärungen zu frisieren. Und trotzdem war Olga in Friedas Augen das Undankbarste, was sich in der gesamten Halbwelt bewegte. Frieda schwor jeden Tag ein paarmal Rache. Oft zitierte sie Hemingway mit seiner Geschichte von der geschlagenen Stunde und hoffte, ihr würde die Stunde auch einmal schlagen. Mit Donnerhall. Und lohnen sollte es sich.
    So dachte Frieda auch jetzt, als sie mit gesenktem Kopf und wie ein geprügelter Hund auf den »Guten Tropfen« zuschlappte.
    »Da bist du ja!«
    Worte, die nichts und doch alles sagten. Auf den Ton kam es an. Der war heute absolut gefährlich. Bei Frieda blinkte Alarmstufe eins.
    »Is wat?«, fragte Frieda. Der Mut in ihrer Stimme war so dünn wie der Ölfilm auf der Straßenpfütze. Der Ölfilm zitterte, wenn der Wind darüberstrich. Frieda zitterte auch. Am ganzen Leib allerdings. Mit grauem Mantel, grauem Gesicht und schlotternden Knien stand sie vor der wuchtigen Olga, deren Augen wie Billardkugeln rollten. Der unübersehbare Busen wogte wie Atlantikdünung, und die Nähte des sehr straffen, pinkfarbenen Gewandes begannen stellenweise zu klaffen.
    »Das Klo ist nicht sauber«, sagte Olga.
    »Ich war es nicht«, zirpte Frieda.
    »Du saublödes Weib! Natürlich, nicht du. Die Männers, ich weiß. Sie saufen und gehen raus. Kommen wieder rein. Saufen und gehen wieder raus, oder zwischendurch mal zu den Mädels. Aber sie putzen nicht, die Männers! Wofür bezahle ich dich? Und du putzt nicht!«
    »Es war spät. Ich hab es vergessen!«
    »Dat zieht bei mir nicht! Sauber muss es sein!«
    »Ich - ich putze ja - gleich«, würgte Frieda heraus. Das Wasser schoss ihr in die Augen. Aber heulen wollte sie jetzt nicht. Nicht vor Olga. Und heute Morgen hatte man sie noch für eine von der Behörde gehalten.
    »Und du stinkst«, stellte Olga mit böser Verächtlichkeit fest. Die breiten Nasenflügel wurden afrikanisch. »Du stinkst ja nach - jawohl, nach Scheiße stinkst du ...«
    »Dafür kann ich nicht!«, schrie Frieda erbost. »Ich bin wo reingetreten ...«
    »Egal - wasch dich!«
    »Nur der Schuh!«, schrie Frieda zitternd vor Wut. »Nicht ich stinke, sondern der Schuh. Guck dich an! Guck deine Bude an, die stinkt auch! Und du - du - du stinkst nach Schweiß, jawohl.«
    Olga Zunders rot getünchter Mund öffnete sich langsam. So weit, dass man fast den zitternden Gaumen sehen konnte.
    »Jawohl!«, schrie Frieda Paluschke. Wenn das die Stunde war, die nun schlug, würde sie nicht lohnend sein. Aber sie schlug, und die gekränkte Frieda drosch den Klöppel. »Recht hat er gehabt, der Orje. Jawoll, du bist fett und riechst. Und das andere, was Orje über dich sagte, stimmte auch. Jawoll, und ich
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