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Alraunes Todeskuß

Alraunes Todeskuß

Titel: Alraunes Todeskuß
Autoren: Jason Dark
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die Welt nicht mehr.
    Er kam sich vor wie ein Darsteller in einem irrationalen Film, bei dem niemand die Handlung begriff. Sie war aber simpel, sie lag vor ihm, er brauchte nur genau hinzuschauen, um zu sehen, wie diese Person, diese kleine Frau, dieses zwergenhafte Wesen an der rechten Seite des starren Gesichts herabrutschte, mit beiden nackten Füßen Halt auf dem Rand des Lakens fand und dort zunächst einmal stehenblieb. Es wartete ab, es schüttelte den Kopf, die Haare flogen, und es kümmerte sich nicht um den Beobachter, der beide Arme angehoben und die Hände dicht unter seinen Mund gepreßt hatte.
    Es war eine Frau, daran gab es nichts zu deuteln. Eine kleine, nackte und gut proportionierte Frau, doch ihr Körper hatte eine ungesunde Farbe. Er war bleich wie frisches Baumholz, von dem die Rinde abgeschnitten worden war. Die Haut sah auch irgendwie zäh aus, zwar glatt, abejr trotzdem nicht mit der eines normalen Menschen zu vergleichen.
    Die kleine Frau drehte den Kopf.
    Es fiel ihr nicht schwer. Für den Mann sah es aus, als müßte sie erst die Muskeln und Sehnen in Schwung bringen, schaffte es gut und schaute Quinn an.
    Zum erstenmal sah er ihre Augen!
    Er schauderte zusammen. Mochten sie auch noch so klein sein, er schaffte es einfach nicht, diesen Blicken zu entkommen. Sie bannte ihn auf der Stelle. Die Augen waren wie dunkle Linsen, die sich einen bestimmten Brennpunkt ausgesucht hatten.
    Wer war diese Person? War sie ein Mensch, ein zu früh geborenes Kind mit dem Körper einer Erwachsenen? Unsinn, ein Toter konnte kein Kind bekommen.
    In seinem Kopf rasten die Gedanken. Quinn fand sich überhaupt nicht mehr zurecht, die Stille dieser Totenhalle umgab ihn wie dickes Glas, das er nicht sprengen konnte.
    Bisher hatte die kleine Person auf dem Rand des Tisches gestanden, als hätte sie sich ausruhen wollen.
    Nicht mehr lange, denn sie knickte in den Knien ein und gab sich auf diese Art und Weise Schwung.
    Mit einer hüpfenden Bewegung landete sie auf dem kalten Fliesenboden vor dem Leichen tisch.
    Dort blieb sie stehen.
    Quinn wollte atmen, er hörte sich nur stöhnen, wobei er den Kopf drehte und seinen Blick nach unten richtete. Nun schaute er auf die kleine Person mit den dunklen Haaren, und er wußte nicht, was er denken sollte. Er hätte den Fuß anheben und die kleine Person zertreten können. Das wagte er nicht. Statt dessen bereitete ihm dieses kleine Wesen ein Gefühl tiefer Todesangst.
    Er hatte nie so recht über diesen Begriff nachgedacht, er wußte auch nicht, wie sich ein Mensch in der Todesangst fühlen konnte, in diesem Fall jedoch ging er davon aus, daß ihn diese Furcht umklammert hielt und allmählich zerdrücken würde.
    Das Wesen mit dem blassen Körper hatte seinen Kopf zurückgelegt und starrte ihn an.
    Augen funkelten. Quinn las ein böses Versprechen in ihnen, und bei ihm meldete sich der Selbsterhaltungstrieb. Er wußte, daß er nicht länger hier auf dem Fleck stehenbleiben durfte, deshalb überwand er die Hemmschwelle und ging zurück.
    Er hätte es Sekunden früher tun sollen, da aber war die Starre noch zu stark gewesen.
    Plötzlich schnellte das Wesen in die Höhe. Aus dem Stand hervor jagte es hoch.
    Der Mann blieb stehen.
    Er sah den Schatten an sich heranwischen, und plötzlich hing die Alraune an seinem Hals. Zum erstenmal spürte er den Körper in einem direkten Kontakt. Er hatte eigentlich erwartet, daß er so kalt wie der einer Leiche sein würde, da aber irrte er sich. Die Haut war ungewöhnlich warm, und es strömte von ihr etwas über, das auch ihn erfaßte. Kleine Hände hatten sich in der Haut an seinem Hals festgeklammert, und er merkte, daß die Spitzen der Nägel kleine Wunden in seine Haut bohrten.
    Das Wesen hing an ihm, aber es krabbelte weiter und wollte nicht nur auf einer Stelle bleiben.
    Quinn ging zurück, ohne daß er es richtig mitbekam. Er stieß gegen einen der anderen Tische, prellte sich die Hüfte, merkte es kaum, wobei ihm gleichzeitig der Gedanke kam, endlich die Arme anzuheben und die Person von seinem Körper zu reißen.
    Auf einmal riß das Wesen seinen Mund noch weiter auf. Die untere Gesichtshälfte bestand fast nur aus Maul, und aus dieser tiefdunklen Öffnung schoß etwas hervor.
    Es war ein roter Klumpen, wie der Strang einer Pflanze, und es war doch anders.
    Die Zunge der Alraune schoß vor und erreichte zielsicher die Lippen des Mannes.
    Quinn spürte den Aufschlag. Er hörte auch das schmatzende Geräusch, er wollte die Lippen
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