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Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte

Titel: Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
Autoren: Jeff Strand
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uns darüber zu beklagen, dass wir keinen besseren Ort hatten, an dem wir unsere Mittwochabende verbringen konnten. Praktisch das einzig Empfehlenswerte an dem Lokal war, dass es nicht in Flammen stand, dennoch ließen wir so gut wie nie eine Woche aus.
    »Warum kommen wir hierher?«, fragte ich. »Der Kaffee ist nicht gut, die Tische wackeln, wenn man …«
    »Andrew, das kauen wir jedes Mal durch«, unterbrach mich Roger und seufzte. »Jeden Mittwoch hockst du da und zählst auf, was an dem Lokal mistig ist, und jeden Mittwoch kommen wir wieder her.«
    »Und findest du das nicht deprimierend erbärmlich?«
    Roger zuckte mit den Schultern. »Das ist unser Schicksal. Unser Weg ist vorherbestimmt, und wir können nichts tun, um ihn zu ändern.«
    »Ja, ich schätze, du hast Recht.« Ich trank einen Schluck Kaffee. »Vielleicht gehen wir nächste Woche zum Bowlen.«
    »Wir können sofort aufstehen und Bowlen gehen.«
    »Ne.«
    »Dachte ich mir.«
    Nach einigen weiteren Minuten intellektuell auszehrender Unterhaltung stand Roger auf, um die Toilette zu benutzen. Ich erinnerte ihn daran, dass die Toiletten unterdurchschnittliches Niveau besaßen, insbesondere der Handtrockner, der etwa so wirksam war, als würde man sich in die Hände hauchen. Er teilte mir daraufhin mit, dass ihm die Unzulänglichkeiten der WC-Anlage durchaus bewusst seien und er es sehr zu schätzen wüsste, wenn ich meine Ansichten in meinem Kopf behielte, wo sie hingehörten. Ich stimmte zu.
    Wenige Minuten, nachdem er gegangen war, schwang die Tür auf, und eine Frau trat ein. Sie wirkte wie etwa sechzig. Offensichtlich hatte sie sich liften lassen, wodurch sie vermutlich jünger erscheinen sollte, doch in Wirklichkeit sah sie dadurch lediglich wie eine Sechzigjährige aus, deren Haut nach hinten gespannt worden war. Ihr Haar war blond – zu blond – und zu einem Dutt hochgesteckt. Sie trug ein teuer wirkendes blaues Kleid, Stöckelschuhe und eine blaue Handtasche, die perfekt zu dem Kleid passte.
    Eine Weile ließ sie den Blick sichtlich unbeeindruckt durch das Café wandern, dann erspähte sie mich und kam an meinen Tisch.
    »Andrew Mayhem?«, fragte sie. Ich hätte erwartet, dass sie eine ungemein fiese Stimme besaß, tatsächlich jedoch klang sie recht weich und angenehm.
    »Ja?«
    »Darf ich mich setzen?«
    »Sicher. Warten Sie, ich besorge Ihnen einen Stuhl, der noch alle vier Beine hat.« Ich streckte die Hand aus und zog einen Stuhl vom Nachbartisch herüber.
    Die Frau nahm Platz und schenkte mir den Ansatz eines Lächeln. »Danke. Mein Name ist Patricia Nesboyle. Ich bin eine viel beschäftigte Frau, und ich bin sicher, sie sind ein viel beschäftigter Mann. Also komme ich gleich auf den Punkt. Ich möchte Sie dafür bezahlen, mich morgen Abend zu einer Party zu begleiten.«
    »Was für eine Party?«
    »Eine Dinnerparty. Eine schlichte Angelegenheit, nur vier Freunde und ich.«
    »Ich verstehe. Und darf ich fragen, weshalb Sie mich dafür bezahlen möchten?«
    Sie nickte. »Ich habe darüber gelesen, wie Sie die schreckliche Situation mit diesen scheußlichen Menschen gemeistert haben. Unter meinen Freunden sind Sie eine Art Berühmtheit. Sie wären alle zutiefst beeindruckt durch Ihre Anwesenheit, außerdem könnten Sie mich beschützen.«
    »Wovor?«
    Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Einer meiner Freunde hat vor, mich morgen Abend umzubringen.«
    »Nur einer?«
    Beleidigt lehnte sie sich zurück. Sofort wurde mir klar, was ich gesagt hatte. »Nein, nein, das habe ich nicht gemeint. Ich wollte nur fragen, ob … Na schön, ich
habe
gefragt, ob es nur einer will, aber ich habe damit nicht gemeint, dass es mehr sein sollten. Also, soweit es mich betrifft, sollten es
gar keine
sein, aber …«
    »Werden Sie es tun?«
    »Woher wissen Sie, dass jemand Sie töten will?«
    »Das ist äußerst kompliziert. Sagen wir einfach, ich habe etwas gehört, was nicht für meine Ohren bestimmt war.«
    Etwas an ihrem Tonfall weckte in mir den Verdacht, dass sie nicht die ganze Wahrheit sagte, wenngleich ich nicht allzu viel Vertrauen in meine Instinkte setze, da ich erfahrungsgemäß ein unqualifizierter Stümper bin.
    »Na schön, aber ich weiß wirklich nicht, wie ich helfen könnte«, gestand ich. »Ich bin kein Leibwächter.«
    »Er hat Recht, ist er nicht«, bestätigte Roger, der an den Tisch kam. »Sie sollten mal sehen, wie er meinen Leib bewacht hat.«
    »Das habe ich«, gab Patricia zurück. »Es war recht grotesk, was Ihnen
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