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Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte

Titel: Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
Autoren: Jeff Strand
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gelegentlichen Albträumen von der Tortur mittlerweile so gut wie unbeeinträchtigt zu sein schien, aber auch keineswegs schlecht. Auf Empfehlung mehrerer Ärzte hatten wir Kyle in eine Sonderschule für seelisch beeinträchtigte Kinder gegeben, doch die meiste Zeit ging es ihm tadellos.
    »Also, was hast du gemacht?«, fragte ich.
    »Nichts.«
    »Die haben Mom grundlos angerufen?«
    Kyle zuckte mit den Schultern. In seinen Händen rettete
Captain Hocker
gerade einen Planeten vor der gefürchteten
Gleeker-Streitmacht des Verderbens
.
    »Komm schon, Kumpel, mir kannst du es ruhig sagen.«
    »Ich habe gespuckt.«
    »Du hast gespuckt?«
    »Mhm.«
    »Wohin?«
    »Auf Leute.«
    »Wie viele Leute?«
    Abermals zuckte er mit den Schultern. »Eine Menge.«
    »Warum hast du das gemacht?«
    »Keine Ahnung.«
    »Du hast dir einfach gedacht: ›He, ich hab ein wenig Geifer übrig, den könnte ich doch mit anderen teilen‹?«
    Wieder ein Schulterzucken.
    Ich seufzte. »Hör mal, Kumpel, du kennst doch dieses stinkige Kind in deiner Klasse, das keiner mag, oder?«
    »Joey.«
    »Genau. Stinke-Joey, der Stinktierjunge. Also, andere Kinder anzuspucken, ist genauso schlimm, wie übel zu riechen. Die Leute mögen das nicht. Und weißt du noch, dass ich dir erzählt habe, stinkende Kinder können keine Astronauten werden, weil der Gestank die Sauerstoffanlage durcheinanderbringt? Wenn du spuckst, schwebt dein Speichel durch das Space Shuttle, gerät ins Getriebe, und Menschen sterben. Verstehst du, was ich sage?«
    Kyle nickte.
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Also wirst du niemanden mehr anspucken?«
    »Nein.«
    »Versprochen?«
    »Ja.«
    »Hand drauf.« Wir schüttelten einander die Hände, dann umarmte ich ihn.
    »Andrew, komm sofort hier runter!«, rief Helen von unten.
    »Sie ist wieder auf dem Kriegspfad«, stellte Kyle fest.
    »Sag das nicht mehr. Ich mein’s ernst.«
    »Du hast es zuerst gesagt.«
    »Und
genau deshalb
will ich nicht, dass du es sagst.« Damit erhob ich mich, eilte aus seinem Zimmer und die Treppe hinunter.
    Helen saß auf der Couch und hielt sich einen Eisbeutel an den Kopf. »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich wollte dich nicht anbrüllen, aber es ist einfach so frustrierend. Wo bist du heute gewesen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Nirgends.«
    * * *
    Am nächsten Tag war Mittwoch, was bedeutete, dass Helens Eltern die Kinder hüteten. Ich versuchte, Helen zu überreden, sich die Nacht freizunehmen, damit wir romantisch ausgehen könnten. Doch sie war noch wütend auf mich, weil ich sie mich so lange anbrüllen ließ, ohne ihr zu erklären, dass ich von Wahnsinnigen entführt worden war.
    Also fuhr ich zu Roger. Er begrüßte mich mit drei Kratzern im Gesicht, die von seinem linken Auge zum Kiefer hinab verliefen. Die auf der anderen Gesichtshälfte verheilten bereits recht gut.
    »Ich will diese Katze nicht mehr«, teilte er mir mit.
    »Es ist grausam, so etwas zu sagen«, erwiderte ich und trat ein. Rußflocke schlief friedlich auf Rogers Couch, deren Seiten die schwarze Katze liebevoll zerfleddert hatte. »Dieses unschätzbare Tier hat mir das Leben gerettet.«
    »Dann nimm
du
sie doch! Sie kratzt mich ständig. Sie haart auf meine gesamten Möbel. Sie kaut nachts an meinem Ohr. Ich habe sogar Katzenhaare in einem Milchkarton gefunden, den ich gerade geöffnet hatte.«
    »Ist meine Rußflocke ein liebes Kätzchen?«, fragte ich und kraulte den Kater hinter den Ohren. »Ja, das ist er! Ja, das ist er! Ja, das ist er!«
    »Ich mein’s ernst, Andrew. In meinem ganzen Schlafzimmer ist Katzenstreu verteilt. Du bist derjenige, dessen Leben das Vieh gerettet hat.«
    »Ja, aber nur, weil er mir das Leben gerettet hat, konnte ich deines retten, schon vergessen?«
    »Wenn der Kater klug genug gewesen wäre, dich sterben zu lassen, wäre mein Leben nie in Gefahr geraten«, entgegnete Roger. »Nimm das Vieh. In Gottes Namen, nimm es!«
    »Helen ist allergisch gegen Katzen. Außerdem zerkratzen sie alles. Ich meine, sieh dich nur mal um.«
    »Mir ist nicht nach Scherzen zumute. Der Kater miaut die ganze Nacht, und ich glaube, er versucht, eines meiner Kissen zu schwängern.«
    »Schon gut, schon gut. Ich werde sehen, was ich tun kann«, versprach ich. »Vielleicht nehmen ihn meine Schwiegereltern. Aber er ist so ein süüüßes Kätzchen!«
    »Du bist ein hundsgemeiner Mensch«, ließ Roger mich wissen.
    * * *
    Wir fuhren zum
Blizzard Room
, einem Café, in dem wir für gewöhnlich unsere Mittwochabende damit verbrachten,
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