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Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte

Titel: Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
Autoren: Jeff Strand
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K APITEL E INS
    Manchmal wacht man morgens auf, und man
weiß
einfach, dass es einer jener Tage ist, an denen man an einen Stuhl gefesselt in einer dreckigen Garage endet, wo man von zwei zahnlückigen Irren mit einer Kettensäge gefoltert wird. Deshalb kann ich nicht behaupten, dass ich sonderlich überrascht war, als ich gegen die Seile ankämpfte.
    Tatsächlich war dies das zweite Mal, dass ich an einen Stuhl gefesselt mit einem Schneideinstrument bedroht wurde, was ich für einen Kerl Anfang dreißig ziemlich beeindruckend finde. Beim letzten Mal hatte ich einen Jutesack über den Kopf gestülpt, und um ehrlich zu sein, hätte ich diesmal auch gerne einen gehabt. Ich meine, mir ist schon bewusst, dass die inneren Werte zählen, aber diese Burschen waren
richtig
hässlich. Und ihren vereinten Atem hätte man vermutlich als Ersatz für Abflussreiniger verwenden können.
    Der größere Irre, dessen T-Shirt ein modisches Tabakfleckenmotiv zierte, seufzte verärgert, als der kleinere Irre erneut am Starterseilzug der Kettensäge riss. Die beiden versuchten seit etwa fünf Minuten, das Ding anzulassen. »Vielleicht braucht sie Benzin«, schlug der Größere vor.
    »Ich hab dir doch gesagt, es ist Benzin drin«, herrschte ihn sein Partner an.
    »Dann zieh kräftiger.«
    »Ich ziehe schon, so kräftig ich kann!«
    »Gib sie mir«, bot der größere Irre an und streckte die Hand aus.
    »Lass die dreckigen Hände von meiner Kettensäge!«
    »Dann wirf sie endlich an!«
    »Ich versuch’s ja!«
    Ich schätze, es wirft kein gutes Licht auf mich, dass ich mich von diesen Kerlen entführen ließ, aber ich bekam in der vergangenen Nacht wenig Schlaf ab. Ich war auf die Couch verbannt worden, weil ich die Wohnzimmerlampe zerbrochen hatte. Eigentlich hatte gar nicht
ich
sie zerdeppert, sondern mein Sohn Kyle, doch es geschah während eines Basketballspiels im Haus. Dagegen gibt es eine Regel, nur war ich zu beschäftigt mit dem Fernsehen, um sie durchzusetzen. Helen war weniger wegen der Lampe aufgebracht als vielmehr wegen des Umstands, dass ich unsere beiden Kinder dazu ermutigt hatte, bezüglich der Ursache der Zerstörung zu lügen. Ich weiß wirklich nicht, was mich dazu veranlasst hat zu glauben, ein Siebenjähriger und eine Neunjährige könnten die Lügengeschichte – in der auch ein streunender Dobermann eine Rolle spielte – durchziehen. Jedenfalls erntete ich durch den Vorfall eine schlaflose Nacht im Ausziehbett des Elends.
    Ich stand daher ziemlich neben mir, als ich an jenem Morgen das Haus verließ. Einen in Chloroform getränkten Lappen auf dem Mund später erwachte ich und stellte fest, dass meine Hände, meine Füße und mein Rumpf in einer dreckigen Garage an einen Stuhl gebunden waren, während zwei zahnlückige Irre mich mit einer Kettensäge foltern wollten.
    »Versuch es anders«, drängte der größere Irre. »Leg sie auf den Boden, stemm den Fuß drauf und zieh mit beiden Händen am Starterseil.«
    »Vielleicht sollten Sie die Kolben schmieren«, schlug ich vor.
    »Du hältst gefälligst die Klappe! Niemand hat dich aufgefordert, was übers Schmieren irgendwelcher verdammter Kolben zu sagen!« Der große Irre zitterte vor Wut. Sein mächtiger Bierbauch waberte hin und her wie die Wellen an einem wunderschönen, von Mondlicht erhellten Strand in der Karibik.
    Der kleine Irre legte die Kettensäge auf den Zementboden. »Warum liest du ihm nicht die Erklärung vor?«
    »Weil wir uns, du verfluchter kleiner Schwachkopf, darin einig waren, ihm zuerst die Arme abzuschneiden, um uns seine Aufmerksamkeit zu sichern. Deshalb musst du diese wertlose Kettensäge anwerfen. Deinetwegen sehen wir wie zwei Idioten aus. So wird Andrew Mayhem sterben – mit dem Gedanken, dass wir Idioten sind! Echt klasse. Einfach dufte. Versüßt mir den Tag unheimlich.«
    »Eigentlich dachte ich gerade, dass Sie nie bei den Pfadfindern waren«, sagte ich und hob die freien Hände.
    Na gut, stimmt nicht. Ich habe das nicht wirklich gesagt. Trotz ihrer Unzulänglichkeit beim Anlassen der Kettensäge verstanden diese beiden Wahnsinnigen es, verteufelt gute Knoten zu knüpfen. Ich kämpfte aus Leibeskräften gegen die Fesseln an, doch es sah nicht danach aus, als könnte ich meine gewitzte Bemerkung über die Pfadfinder in nächster Zeit anbringen. Während mir Schweiß in die Augen rann, hoffte ich, es würde mir zumindest gelingen, etwas Geistreicheres von mir zu geben als: »
Aaahhh! Meine Arme, meine Arme! Aaahhh!
«
    Der kleine Irre
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