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Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte

Titel: Alleinstehender Psychopath sucht Gleichgesinnte
Autoren: Jeff Strand
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mit dem Bohrer weiter näher. Mittlerweile trennten weniger als fünfzehn Zentimeter die äußerst weiche Haut meines Gesichts von der äußerst unweichen Spitze des Bohrers. Ich überlegte, ob ich ihn abbeißen könnte.
    Anscheinend wollte sich der kleine Irre nützlich machen, denn er hievte die Kettensäge auf Brusthöhe und riss am Starterseilzug. Unmittelbar danach ereigneten sich drei Dinge in sehr rascher Abfolge. Erstens sprang der Motor der Kettensäge wieder an. Zweitens registrierte das Gehirn des Irren Überraschung darüber, dass der Kettensägenmotor tatsächlich angesprungen war. Drittens reagierte die Hand des Irren auf die Überraschung etwas unglücklich, nämlich indem sie den Griff der Kettensäge losließ.
    Das laufende Blatt prallte von seinem Bein ab. Während es das Bein nicht durchtrennte oder dergleichen, verursachte es ein Prachtexemplar von einer Fleischwunde. Der kleine Irre fiel schreiend zu Boden und robbte von der Kettensäge weg, als wäre sie lebendig und könnte ihn wie ein Raubtier verfolgen. Der große Irre senkte hastig den Bohrer und eilte zu seinem Gefährten hinüber.
    Der umklammerte sein Bein und brüllte weiter. Ich vergeudete törichterweise einige Sekunden damit, weiter gegen die Seile anzukämpfen, als könnte ich mich unverhofft in Superman verwandeln und sie zerreißen. Dann ging ich dazu über, mich zur Seite zu lehnen, und kippte den Stuhl erfolgreich um, schlug jedoch härter auf dem Zementboden auf, als ich gedacht hatte.
    »Das kommt schon wieder in Ordnung«, meinte der Große über das Geschrei hinweg. »Sieht schlimmer aus, als es ist.«
    Die Kettensäge lag auf der Seite und lief noch, nur Zentimeter von meiner rechten Hand entfernt. Ich strampelte mit den Beinen, so gut ich konnte, und versuchte, mich darauf zuzuschieben. Es ist eine heikle Kunst, Seile mit einer Kettensäge zu durchtrennen, umso mehr, wenn die Seile die eigenen Hände fesseln, aber ich unterstand einem ziemlich engen Zeitplan.
    Es gelang mir, mich einige weitere Zentimeter vorwärtszuschieben. Halb erwartete ich, drei oder vier meiner Finger würden durch die Luft wirbeln. Stattdessen traf das Sägeblatt auf das Seil … und das Sägeblatt gewann! Es durchschnitt den Strick nicht völlig, doch mit einem Jimmy-Olsen-artigen Anflug von Kraft zerriss ich den Rest und befreite meine linke Hand.
    Der große Irre schaute von seiner medizinischen Untersuchung auf, bemerkte mich und hob den Bohrer auf.
    Ich packte die Kettensäge am Griff und berührte mit dem Sägeblatt rasch das Seil, das meine andere Hand fesselte. Diesmal schnitt ich es vollends durch, daneben auch durch die obersten Hautschichten meines Handgelenks. Somit hatte ich beide Hände frei. Wäre der Rest meines Körpers nicht nach wie vor an einen umgekippten Stuhl gefesselt gewesen, und hätte sich nicht ein Wahnsinniger mit einem Elektrobohrer auf mich zubewegt, wäre ich in Jubelstimmung verfallen.
    Der große Irre knurrte, als er hinter mir außer Sicht ging. Nun, ich konnte ihn durch den Lärm der Kettensäge und des Bohrers nicht wirklich hören, aber seine Miene sah mir stark nach einem Knurren aus. Ich gab ein Grunzen von mir, als er gegen die Rückenlehne meines Stuhls trat, dann machte ich mich emsig an den Versuch, die Fesseln an meinen Füßen zu durchschneiden. Ich sah, wie sich seine Hand herüberstreckte, um mir den Bohrer in die Seite zu rammen, doch ein einschüchternder Schwinger mit der Kettensäge bewog ihn, es sich anders zu überlegen.
    Als das Seil von meinem linken Fuß abfiel, erstarb die Kettensäge wieder. Dadurch konnte ich hören, dass der große Irre durch die Rückenlehne des Stuhls bohrte.
    Wenngleich ich weit davon entfernt bin, an einen Gewichtheber zu erinnern, bin ich körperlich trotzdem recht gut in Form, zudem durchströmte mich Adrenalin. Ich ließ die Kettensäge los, stemmte die Hände auf den Boden, stützte mich mit dem freien Fuß ab und drückte, so kräftig ich konnte. Ich hatte vor, den Stuhl herumzudrehen, dadurch den Bohrer abzubrechen und hoffentlich die Finger des großen Irren zu zerquetschen.
    Das funktionierte nicht. Der Stuhl rührte sich keinen Millimeter.
    Ich griff mir wieder die Kettensäge, schwang sie mit aller Kraft über die Schulter und schlug damit auf den großen Irren ein.
    Das funktionierte.
    Er stieß einen Schrei aus, und ich hörte, wie der Bohrer zu Boden fiel. Hektisch begann ich, an dem Seil zu zerren, um mich zu befreien, bevor …
    Ich schaute auf und
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