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Alleinerziehend mit Mann

Alleinerziehend mit Mann

Titel: Alleinerziehend mit Mann
Autoren: Monika Bittl , Silke Neumayer
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die Frauen zogen sich die BHs aus und die Miniröcke an. Viel mehr noch: Empfängnisverhütung auf Rezept setzte sich durch, und plötzlich waren wir »Herr« unserer Familienplanung. Wir können uns nun aussuchen, ob und wann wir Kinder kriegen, ob wir diese mit oder ohne Mann aufziehen, ob wir arbeiten oder nicht. Ähm … Moment! Können wir uns das wirklich alles so aussuchen? Haben wir wirklich so viele Freiheiten?
    Ökonomische Gründe zwingen sehr viele von uns zur Arbeit. Im Gegenteil: Familie gilt als Armutsrisiko Nummer eins in den großen Städten. Die biologische Uhr setzt auch der Familienplanung Grenzen. Und schließlich: Ob der Mann wirklich bleibt, ist immer noch mehr dem Zufall geschuldet. Männer können sich nach wie vor mit einem Alimenten-Dauerauftrag vom alltäglichen Chaos zwischen Schreibtisch, Herd und Bastelstunden freikaufen.
    Mutter bleibt immer noch Mutter, zumindest in den allermeisten Fällen. Und wenn wir uns für Kinder samt Mann entscheiden, dann werden wir, ehe wir uns versehen, in die bürgerlichen Strukturen des vorigen Jahrhunderts zurückkatapultiert: Die Frau kümmert sich nach der ersten Entbindung um die Kinder und den Haushalt und arbeitet »nebenbei«, während der Mann zum Familienernährer wird. Ein paar kleine Änderungen dienen nur dem frischen Anstrich der alten Rollenverteilung: Kein Mann würde heute noch stolz berichten, dass er auch den Kinderwagen schiebt. Und fast jeder Mann hat eine Alibibeschäftigung im Haushalt, um sich auch »zur Hälfte« zu beteiligen – der gefühlten Statistik nach besteht in den meisten Haushalten die »Hälfte« aus Spülmaschine einräumen.
    Und wir Frauen halten uns erschreckend oft an die entscheidenden Tipps eines Buches, das Ehefrauen 1958 zur Hochzeit vom Standesbeamten geschenkt bekamen. Darin heißt es: »Lassen Sie Ihren Mann die Mühen des Alltags nicht spüren. Ziehen Sie sich um und machen Sie sich hübsch, ehe er von einem schweren Arbeitstag nach Hause kommt. Haben Sie stets ein Lächeln für ihn auf den Lippen und nörgeln Sie nicht herum. Ermahnen Sie die Kinder zu Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit für den Vater. So wird Ihre Ehe gelingen!«
    Im Kreißsaal, so scheint es, wird Alice Schwarzer von der Geschichte verschluckt.
    Und deshalb wünschen wir der Historie bisweilen Schluckauf.

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    45. Die lieben Miteltern
    I n meinem Leben habe ich einiges erfahren. Liebevolle Nähe in der Kindheit, Mobbing im Studium, einen netten Chef im ersten Job, ein Arschloch im zweiten Job, finanzielle Höhen und Tiefen, Umzüge, Trennungen, eine wunderbare Partnerschaft, politische Ungerechtigkeiten, neue Freundschaften, unverhoffte Erbschaften und den ersten Wirbelsturm in meiner Heimatstadt. Ich habe mit Lampenfieber meinen Mann geheiratet und unter Schmerzen meine Kinder geboren. Mein Kater Rufus ist verendet, meine Freundin Helga hat ihren Gatten erschlagen, meine Zimmerlinde verwelkte von einem Tag auf den anderen, Neffe Leo hat gleich drei Jahrgangsstufen übersprungen, mein Mann hatte einen Bandscheibenvorfall und gewann bei der Aktion Sorgenkind, und meiner Freundin Heike rettete eine Wallfahrt nach Medjugorje ihrer Meinung nach das Leben, als sie Brustkrebs hatte.
     
    Ich habe viel in meinem kleinen Leben erfahren und erlebt – und dereinst auf dem Sterbebett werde ich mich vielleicht an die komischsten Situationen erinnern und mit etwas Glück darüber kichern. Diese absurdesten Situationen meines Lebens lassen sich in einem Wort zusammenfassen: Elternabende.
    Als ginge es um Leben oder Tod, debattieren die lieben Miteltern in der Ini darüber, ob die Rohkost nun vor oder während des Essens serviert wird.
    Als ginge es um das persönliche Heil, schwören Horteltern die Erzieherinnen darauf ein, mit den Kindern einmal in der Woche in den Wald zu gehen, sonst würden sie den Platz kündigen, sonst würden die Kinder der Natur entfernt und degeneriert, sonst würden die Kinder auf ewig keine Beziehung zu ihrem eigenen Körper entwickeln können.
     
    Auch mir liegen die pädagogischen Belange am Herzen, und ich debattiere gerne mit. Aber der Fanatismus in diesen Bereichen scheint grenzenlos. Mütter würden lieber sterben, als dem Kind einmalig eine Gurke aus nicht biologischem Anbau anzubieten. Übertrieben? Oh nein, Folgendes passierte mir gestern:
    Ein Elternabend an der Schule von Lukas wurde einberufen, ein extra Elternabend zum Thema Ernährung. An die Grundschule meines Sohnes ist ein Gymnasium angegliedert,
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