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Alleinerziehend mit Mann

Alleinerziehend mit Mann

Titel: Alleinerziehend mit Mann
Autoren: Monika Bittl , Silke Neumayer
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mir auch nicht mehr die Mühe, in einem Küchenkalender alle Kinder- und Abendtermine geschäftlicher und privater Natur einzutragen. Das ist reine Zeitverschwendung, er hat nie daraufgesehen. Vielleicht hätte es ihn zu penetrant daran erinnert, dass Lukas oder Eva zum Schwimmkurs, zum Kindergeburtstag oder zum Flötenspielen gebracht werden müssen. Jetzt kündige ich einfach wie die freundliche Frauenstimme aus dem Navi an: »Nächste Woche gehe ich ins Theater.« – »Übermorgen gehe ich ins Theater.« – »Morgen gehe ich ins Theater. Könntest du bitte morgen pünktlich heimkommen?«
    »Morgen schon?«, fragt mein Mann erstaunt. »Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«
    Ich wiederhole im Säuselton: »Hab ich doch, aber du hast es vergessen.« Unheil ahnend zwinge ich mich, ihm diplomatischen Honig um den Bart zu schmieren: »Du mit deinem Job, du vergisst einfach alles!«
    Alex starrt ins Leere. »Ausgerechnet morgen!«
    »Wieso ausgerechnet morgen?«, frage ich.
    »Hast du vergessen, dass am Freitag die Besprechung in der Chefetage ist?«, fragt er vorwurfsvoll.
    Ja, hab ich vergessen, denn die Besprechung hat ursächlich nichts mit seiner Arbeitszeit zu tun. Das werde ich aber nicht zugeben, es würde doch zu sehr an seinem gefühlten Wert im Büro kratzen.
    »Wir haben vor zwei Wochen schon ausgemacht, dass ich morgen ins Theater gehe!«, antworte ich sachlich. »Oder soll ich doch noch sehen, ob ich einen Babysitter kriege?«
    »Nein!« Alex winkt ab. »Die Kinder sollen nicht so viel fremdbetreut werden.«
    Das Wort »fremdbetreut« hat er von mir. Nicht zur Fremdbetreuung zählen seine Mutter, seine Schwester und die Frauen seiner Fußballkumpel. Zur Fremdbetreuung zählen aber meine Freundinnen, meine Mutter und bezahlte Babysitter. Doch ich sage heute nichts dazu. Denn ich freue mich so sehr auf den Theaterbesuch morgen!
     
    Am nächsten Tag kaufe ich in der Mittagspause in vier verschiedenen Läden für seine Lieblingsmahlzeit ein. Als Abschiedsgeschenk sozusagen. Wenn ich abends schon weg bin, dann essen wir alle zusammen noch richtig gut. Auch weil gemeinsame Mahlzeiten in der Familie für Kinder wichtig sind.
    Ich hole die Kinder, animiere Lukas zu den restlichen Hausaufgaben, tröste Eva über den Verlust der Haare ihrer Barbie, schneide Gemüse, verhindere eine Prügelei, ziehe das einzig derzeit passende schicke Kleid an, ziehe es kurz darauf wieder aus (Eva stolpert mit Traubensaft über mich), und um Punkt sechs Uhr steht ein komplettes Menü auf dem Tisch, zwei ruhige Kinder und eine adrett in Hosen gekleidete Ehefrau warten. Das Telefon klingelt. Er schaffe es doch nicht so schnell. Aber um sieben, wenn ich außer Haus muss, sei er sicher da. Wir sollen schon mal ohne ihn essen.
    Das Telefon klingelt wieder, in Lukas’ Schule gibt es Läuse, ich solle dringend meinen Sohn daraufhin untersuchen. Wie sieht eigentlich eine Laus aus? Google klärt mich nach ein paar Mausklicks auf. Was haben Mütter eigentlich gemacht, bevor es das Internet gab? Lukas und Eva haben mittlerweile verbotenerweise den Fernseher eingeschaltet, ich will gerade schimpfen, das Telefon klingelt schon wieder. Eine Mutter aus Evas Kindergarten möchte mich zu einem Gespräch einladen. Eva würde ihre Tochter zu Straftaten (ja, wirklich!) anstiften. Die Mutter ist als schwer erziehbar bekannt, der dazugehörige Mann hat angeblich ein Alkoholproblem. Die Angriffe auf Eva bringen mich also nicht aus der Fassung, aber sie ist kaum abzuwürgen am Telefon.
    »Ich muss jetzt aufhören!«, sage ich mehrmals. »Ich geh gleich ins Theater!«
    »Ach, Sie haben es schön!«, meint die schwer erziehbare Mutter. »Mein Mann bringt nie die Kinder ins Bett!«
    Na ja, denke ich, der Mann hat ja auch ein Alkoholproblem. Aber was denke ich eigentlich über einen Mann, der
ohne
Alkoholproblem die Kinder nie ins Bett bringt? Nein, nein, ich darf und will nicht weiter denken, heute will ich nur einen schönen Theaterabend genießen!
     
    Alex kommt, und ich begründe die Fernsehzeit der Kinder damit, dass sie mit dem Essen auf ihn warten wollten. Alex schaut finster drein, spricht sehr wenig, setzt sich an den Tisch, ich packe meine Handtasche, schalte den Fernseher ab, umarme Eva und streiche Lukas zum Abschied durchs Haar. O Mist! Die Haare fühlen sich klebrig an. Ich halte den Kopf meines Sohnes noch etwas länger zärtlich in den Händen. Ja, da ist etwas kleines Schwarzes. Igitt! Mein Sohn hat Läuse.
    »Warum schaust du so
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