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Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Autoren: Erin Duffy
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gut?« Ich machte mir Sorgen, dass Chick bei dieser Konjunkturlage ohne Job dastand. Er war teuer. Es würde nicht leicht für ihn sein, in nächster Zukunft einen neuen Arbeitsplatz zu finden.
    »Er kommt schon klar. Er ist ein cleverer Typ. Sobald sich die Dinge wieder beruhigt haben, wird ihn jemand einstellen und froh sein, ihn gekriegt zu haben. Verdammt, hoffentlich geht er irgendwo ins Management und holt uns alle raus aus diesem Höllenloch. Wir sitzen hier auf einem sinkenden Schiff«, sagte Reese.
    Ich seufzte. Ich hoffte, dass er recht hatte. Ich sah mir die Gesichter meiner Freunde an diesem Tisch an und spürte, dass sie alle das Gleiche dachten.
    Das Eis im Eimer war geschmolzen, und die beiden letzten Biere trieben im Wasser, kein gern gesehener Anblick für jemanden von der Wall Street. Reese bestellte noch ein Dutzend und ließ sie auf seine Karte setzen. Marchetti bot an, die Runde zu übernehmen, aber Reese winkte ab. Sollten die Dinge sich entwickeln wie erwartet, sagte er, würden wir noch sehr häufig gemeinsam nach der Arbeit einen heben und damit Marchetti reichlich Gelegenheit geben, die Zeche zu übernehmen. Was, theoretisch gesprochen, stimmte. Also tranken wir einerseits auf Chick und andererseits, weil wir Schiss um unsere Zukunft hatten.
    Zwei Tage später, am Donnerstag, rief Darth Marchetti in sein Büro, um seine Kundenliste mit ihm durchzugehen, und dann entließ er ihn. Darths Büro wurde zur metaphorischen Schlachtbank, und jeder Tag verlief in der Furcht, dorthin abkommandiert zu werden. An dem Abend saßen wir wieder in der Bar, hoben einen auf Marchetti und weil wir noch mehr Schiss hatten um unsere und Cromwells Zukunft.
    »Wisst ihr, was ich wirklich beschissen finde?«, fragte Patty und griff nach ihrer Sonnenbrille auf dem Tisch.
    »Beschränkt sich das auf nur eine Sache?«, fragte ich zurück.
    »Ich meine die Sache mit Baby Gap.«
    »Aha. Wie heißt sie eigentlich richtig?«, fragte Drew.
    »Hannah«, klärte ich ihn auf.
    »Egal. Wen interessiert schon, wie sie richtig heißt?«, höhnte Patty. »Warum in Gottes Namen hat sie überhaupt einen Schreib tisch, wenn sie doch den lieben langen Tag überhaupt nichts tut? Marchetti hat wie viel umgesetzt letztes Jahr für die Abteilung?«
    Reese antwortete wie aus der Pistole geschossen: »Vierzig Mil lionen über den Daumen gepeilt. Und er hat den Verkaufsautomaten leer gefuttert.«
    »Vierzig Millionen Dollar. Und er wird entlassen, aber die lebensgroße Barbiepuppe darf bleiben, obgleich sie null Durchblick hat? Wisst ihr, was sie mich gestern gefragt hat?«
    »Ob die Rezession zur Preissenkung für kosmetische Anwendungen führt?«, bot Drew an.
    »Ob ihre knallenge Bluse zu schlabberig an ihr wirkt?«, meinte Reese.
    »Ob sie den Nachmittag frei bekommt, um sich Strähnchen machen zu lassen?«, steuerte ich bei.
    »Sie hat mich gefragt, wann sie wohl mit Aktien handeln darf. Mit Aktien!«, verkündete Patty.
    Ich schnaubte angewidert. »Hast du ihr erklärt, dass Aktien und Anleihen nicht das Gleiche sind? Und dass wir nicht mit beidem handeln?«
    »Ich habe es versucht, aber sie war zu beschäftigt, sich online einen Trainingsanzug aus Velours zu kaufen.«
    »Meine Fresse!«, schrie Drew empört. »Sie hat eingekauft , während Leute entlassen wurden?«
    »Ja! Deshalb wollte ich ja wissen, warum sie immer noch einen Job hat.«
    »Das ist mit einem Wort erklärt: Arbeitsmoral«, sagte Reese. »Es war die Hölle, als der Dow Jones einbrach und unter elftausend fiel. Sie können sie nicht feuern. Sie ist die Einzige, die die halbe Etage dazu bringt, morgens überhaupt die Arbeit aufzunehmen. Was sollen die Leute denn sonst den ganzen Tag tun, um sich davon abzulenken, dass sie pleite sind und es noch schlimmer wird?«
    Drew nickte. »Genau. Wie schlimm es wirklich steht, weiß man erst, wenn sie anfangen, die flotten Bienen zu feuern.«

19
    Rache ist scheiße
    An den Juli kann ich mich nur verschwommen erinnern. Er bestand größtenteils aus Alkohol, Magentabletten, rot blinkenden Telefonleitungen, Geschrei, Fluchen und Schlafmangel. Gegen Mitte des Sommers funktionierten wir alle nur noch wie Automaten: Unsere Körper bewegten sich unerbittlich weiter, obgleich unser Verstand sich schon lange stress- und schockbedingt verweigerte. Von der ersten Reihe aus die Zerstörung der amerikanischen Volkswirtschaft zu beobachten, war nicht wirklich das, was ich mir vorgestellt hatte, als ich 2006 meinen Vertrag unterschrieb.
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