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Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Allein mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Autoren: Erin Duffy
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an der gegenüberliegenden Seite direkt auf die Freiheitsstatue und Ellis Island. Fotografen hätten Chicks Büro als Postkartenmotiv verwenden und auf dem Times Square verkaufen können – wahrscheinlich taten sie das auch. Hätte ich diese Aussicht, würde ich den ganzen Tag hier sitzen, aber es wirkte nicht so, als verbrächte Chick viel Zeit in seinem Büro. Sein glänzend lackierter Schreibtisch und aerodynamischer Sessel standen genau in der Mitte des Raums, und es gab zwei lederbezogene Stühle vor seinem Schreibtisch. Die Wände zu den angrenzenden Büros waren komplett kahl. Ich nahm an, dass er bei dieser Aussicht weitere Kunstwerke für unnötig hielt. Ich ließ den Blick über die Arbeitsplatte gleiten, auf der ein Bildschirm mit zwei Tastaturen stand und ein Telefon. Ansonsten lagen ungeordnete Papierstapel und Bücher darauf. Ein Mini-Basketballkorb war rechts an der Wand angebracht, neben einem großen Aquarium mit drei tropischen Fischen. Das war’s so ungefähr.
    Chick setzte sich hinter seinen Schreibtisch mit dem Rücken zum Fenster und dem Blick aufs Wasser. Ich fand es irgendwie lustig, dass die Leute, die über diese Büros verfügten, mit dem Rücken zu einem der kultigsten Wahrzeichen New Yorks saßen. Aber ich nahm an, dass Cromwell mit der Aussicht die Klienten und nicht die Angestellten beeindrucken wollte.
    »Setz dich«, befahl Chick von seinem Sessel aus, während er auf die leeren Stühle ihm gegenüber wies.
    Ich tat wie befohlen und legte meine Hände auf die Knie, um sie vom Zittern abzuhalten. Der Typ ängstigte mich.
    »Okay, Alex«, sagte er, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und legte die Füße auf den Schreibtisch, sodass ich die Schuhsohlen seiner braunen Gucci-Loafer anstarrte. Er lehnte sich zurück und redete mit mir, während er an die Decke starrte. Es war ziemlich befremdlich, sich mit jemandem zu unterhalten, bei dem man nur dadurch, dass man die einzige andere Person im Raum war, wusste, dass er mit einem redete. »Ich bevorzuge einen offenen Führungsstil, und wir sind hier alle ziemlich locker. Es gibt nicht viele Regeln zu beherzigen, aber ich nenne dir jetzt die wichtigsten. Du bist smart, das weiß ich, denn wenn du es nicht wärst, wärst du nicht hier. Ich versichere dir aber, dass du nicht die smarteste Person in diesem Gebäude bist. Das bedeutet, dass ich von dir erwarte, dass du hart arbeitest; ich erwarte von dir, dass du morgens als Erste hier bist und abends als Letzte gehst. Es sei denn, du glaubst, dass du mehr weißt als einige der Jungs, die sich hier seit zwanzig Jahren den Arsch aufreißen. Glaubst du das, Alex?«
    Ich war mir nicht ganz sicher, ob das eine rhetorische Frage war. Es war schwer einzuschätzen, weil er immer noch an die Decke starrte.
    »Nein, Mr. Ciccone. Das glaube ich nicht.« An seinem linken Schuh hing ein Stück rosa Kaugummi.
    »Gut. Ich bin jeden Morgen gegen halb sieben hier, du kannst dir also ausrechnen, wann du da sein musst. Das ist Regel Nummer eins. Regel Nummer zwei ist: Nenn mich nicht Mr. Ciccone! Ich bin nicht dein Highschool-Mathelehrer, und wir sind alle erwachsen hier. Nenn mich Chick wie jeder andere. Du wirst keinerlei Forderungen stellen. Aus meiner Sicht hast du dir noch keine Sporen verdient. Keiner kennt dich, du hast bisher absolut nichts Produktives dazu beigetragen, diesem Team beim Geldverdienen zu helfen, und bis du das tust, solltest du einfach nur Gott jeden Tag dafür danken, dass du die Lobby passieren darfst. Bis ich es anderweitig verfüge, ist dein Job, so viel zu lernen wie möglich, indem du dem Rest des Teams bei der Arbeit zusiehst und Fragen stellst, ohne sie dabei so zu nerven, dass sie dir eine verpassen. Hilf aus, wenn du darum gebeten wirst. Wenn das heißt, dass du für jemanden die Wäsche aus der Reinigung holen und in sein Apartment schaffen oder ein Geburtstagsgeschenk für seine Frau besorgen sollst, tu es, und tu es lächelnd. Es mag nicht in der Stellenbeschreibung stehen, aber du kannst dich damit trösten, dass du zumindest das bestbezahlte Liefermädchen auf dem Planeten bist. Ich habe persönlich mehr als achtzig Bewerber für die eine freie Stelle in dieser Abteilung dieses Jahr interviewt, sodass ich genau weiß, dass es Hunderte junger Leute gibt da draußen, die scharf auf diesen Job sind. Wenn irgendwas hiervon ein Problem für dich ist, gib unten dein Namensschild ab und verschwinde schnurstracks durch die Eingangstür. Bis heute Mittag habe ich dich ersetzt
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