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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst
Autoren: Louise Millar
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weg im Park jenseits der anderen Straßenseite. Das Trippeln winziger Füßchen hinter einem Abfalleimer.
    Das alles beruhigt mich. Ich lasse mich von den Geräuschen umspülen, bis ich schließlich irgendwo in mir ein bisschen Kraft finde.
    Dann drehe ich mich um und betrachte Suzys Haustür.
    In den Blumenkästen eine Explosion von grellpinkfarbenen Geranien. Ich denke an die Fahrten zum Gartencenter im Frühling, als wir sie mit den Kindern gekauft haben, denke daran, wie ich und Suzy den Kindern beim Einpflanzen geholfen haben, wie ich das Rankgitter gehalten und sie es an die Wand genagelt hat, wie wir gemeinsam die Glyzinie um ihre Haustür gewunden haben. Wie ich ihr zusah, als sie mit ihren Kindern und Rae dieses einladende, fröhlich stimmende Zuhause schuf, und wie ich zu meinen staubigen alten Blumenkästen voller vertrockneter Wurzeln hinüberblickte.
    Langsam gehe ich durch Suzys Gartentor und klingle.
    Sie öffnet schwungvoll die Tür. »Honey? Oh, Gott sei Dank. Ich habe mir ja solche Sorgen gemacht«, ruft sie. »In der Klinik hat man uns kaum etwas gesagt. Ist sie immer noch auf der Intensivstation?«
    Ich trete mit gesenktem Kopf ein.
    »Rund um das Herz ist viel Blut ausgelaufen. Sie warten, ob es abfließt.«
    Sie macht ein entsetztes Gesicht und zieht mich dann in ihre Arme.
    »Ach, Honey. Jetzt ist es vorbei. Für immer. Jetzt musst du nur noch einige Zeit Geduld haben. O je, du siehst aber erschöpft aus. Ich helfe dir. Ich brate dir ein paar Eier, dann bitte ich Jez, er soll dich in die Klinik zurückbringen, wenn du dich umgezogen hast.«
    Aber ich rühre mich nicht von der Stelle, bleibe in der Diele stehen, an der noch offenen Haustür. Ich verschränke die Hände auf dem Rücken und lehne mich an die Wand, klemme meine Hände fest.
    »Suze, ich bin nur für einen Moment hergekommen. Ich muss gleich wieder zurück. Aber vorher muss ich dich etwas Wichtiges fragen. Was ich nicht verstehe.«
    »Hm?«
    »Eigentlich geht es um mehrere Dinge.«
    »Was zum Beispiel, Honey?«
    Ich öffne schon den Mund und halte mittendrin inne. Wenn ich jetzt ausspreche, was ich auszusprechen vorhabe, gibt es vielleicht kein Zurück mehr.
    Aufmerksam und zugleich besorgt sieht sie mich an.
    Nein, denke ich. Es ist Zeit.
    »Ich habe gestern Abend noch mit den Polizeibeamten gesprochen. Sie haben etwas Seltsames gesagt. Sie meinten, du wärst diejenige gewesen, die Raes Sturz auf die Straße gemeldet hat.«
    Suzy beobachtet mich ausdruckslos.
    »Ich erinnere mich aber, dass du gesagt hast, es sei jemand anders gewesen. Eine Frau. Eine Nachbarin. Und das begreife ich nicht.«
    Suzy schiebt die Unterlippe vor.
    »Honey. Du hast mir nicht zugehört. Dieser Typ ist ein Trottel. Wie oft muss ich dir das noch sagen.«
    Ich starre sie an.
    »Aber ich habe deine Handynummer gesehen, Suzy. Mit eigenen Augen. In seinem Protokoll.«
    Suzy verzieht das Gesicht und schüttelt eigentümlich den Kopf. Rasch, immer wieder.
    »Cal – was soll das? Ich weiß, dass du wegen Rae Schuldgefühle hast, aber ich habe das Gefühl, du lässt sie jetzt an mir aus.«
    Ich hole tief Luft.
    »Nein, Suze. Ich lasse gar nichts an dir aus. Ich versuche nur, den Dingen auf den Grund zu kommen. Wenn wir schon mal dabei sind: Ich begreife zum Beispiel immer noch nicht, warum du Rae von der Party weggebracht hast, oder wie es kam, dass du dich mit dem Auto im Park so verfahren hast. Als Caroline mich gestern in der Klinik anrief, sagte sie, Rae wäre es auf der Party prima gegangen. Sie sei aufgeregt auf und ab gesprungen.«
    Suzy wird puterrot und reißt die Augen auf.
    »O mein Gott, Callie. Auf wen hörst du denn da? Diese Frau hat nichts als Stroh im Hirn. Und die ganze Zeit, seit du an der Schule bist, hat sie über dich hergezogen. Ich wollte es dir nicht erzählen, aber sie ist diejenige, die alle Eltern gegen dich aufgehetzt hat. Und sie ist so was von snobistisch, Cal. Ich habe mal gehört, wie sie sich über deinen Akzent lustig gemacht hat. Ich habe versucht, dich zu warnen.«
    Ich drücke mich gegen die Wand.
    »Und was wirklich komisch ist: Heute früh hat Ms. Aldon Tom auf dem Handy angerufen, um sich nach Rae zu erkundigen. Und sie hat erwähnt, dass sie Rae und Hannah am Montag, Dienstag und Mittwoch schimpfen musste, weil sie sich so auf den Hort freuten, dass sie aus dem Klassenzimmer rannten, bevor sie es verlassen durften. Von dir habe ich etwas ganz anderes gehört, Suzy. Warum gibt es diese Unstimmigkeiten?«
    Fasziniert
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