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Allein die Angst

Allein die Angst

Titel: Allein die Angst
Autoren: Louise Millar
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den Händen hoch und versuche, es in Bewegung zu bringen. Nichts. Ich kann nicht aufstehen. In mir steigt ein verzweifeltes Bedürfnis auf, zu Rae zurückzukehren. Mit dieser Situation werde ich nicht fertig. Was habe ich da losgetreten? Ich muss raus hier.
    Suzy atmet kurz und heftig aus, und ich sehe hoch. Sie hat die Augen zum Boden gerichtet.
    »Suzy. Hier geht es nicht nur um mich«, sage ich und stütze mich verzweifelt auf die Tischplatte, um mich wieder hochzuziehen. »Du weißt genauso gut wie ich, dass zwischen dir und Jez etwas nicht stimmt. Ich weiß, dass du es verbergen möchtest, aber ich sehe es jetzt ganz klar. Ich weiß nicht, was es ist. Aber ich glaube wirklich, dass er einsam ist.«
    »Einsam?« Sie lächelt und blickt wieder auf. »Wirklich? Du glaubst wohl, du bist die Einzige, Cal? Da solltest du dich mal mit meiner Freundin Vondra unterhalten. Es gibt mindestens noch zwei andere wie dich. Und wahrscheinlich einen ganzen Haufen kleiner Raes, überall verteilt.«
    Sie schüttelt den Kopf, als sie mein schockiertes Gesicht sieht.
    »Ja, und alle deine Pläne, hier einzuziehen und mir meinen Mann auszuspannen, kannst du erst mal vergessen. Sieht so aus, als hättest du Konkurrenz, Honey. Eine deiner Mitbewerberinnen ist anscheinend ein ganzes Stück jünger.«
    »Um Himmels willen, Suzy, was willst du mir noch alles unterstellen? Dir deinen Mann auszuspannen, das hatte ich sowieso niemals vor. Unsere Freundschaft hat begonnen, bevor Jez überhaupt auftauchte. Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte, und dann war es zu spät, und …«
    Plötzlich hämmert es an die Haustür. Wir drehen uns beide um – und sehen Debs. Nervös streckt sie den Kopf zur offenen Tür herein.
    »Callie? Alles in Ordnung?«, fragt sie zögernd.
    »Debs«, rufe ich. »Bitte. Nicht jetzt.«
    Suzy wirft die Hände in die Luft.
    »Na toll – jetzt ist die Bekloppte auch noch da. Jetzt siehst du’s selber, Cal. Siehst, wie sie auf meiner Türschwelle rumkreischt. Auch eine Lüge, was? Und nachdem ich rausgekriegt habe, dass du mit meinem Mann ins Bett gehst – wussten Sie das, Debs, dass unsere liebe Freundin hier meinen Mann fickt? –, habe ich übrigens immer noch versucht, dein Kind vor dieser Spinnerin zu beschützen. Statt mir zu danken – weiß Gott, Callie, andere Freunde hast du ja nicht, wahrscheinlich, weil du nie von was anderem redest als von dir – statt mir zu danken, beschuldigst du mich, dass ich lüge. Unfassbar.«
    Ich sehe, dass Debs unsicher wird, ihre Augen flackern zwischen mir und Suzy hin und her.
    Zaudernd tritt sie weiter in die Diele herein.
    »Callie – Sie haben eine Affäre mit Jez?«
    »Debs, das geht Sie nichts an, bitte gehen Sie. Wir unterhalten uns später.«
    Aber sie rührt sich nicht vom Fleck.
    »Callie«, stottert sie, »Sie müssen mir zuhören. Suzy verbreitet Lügen. Über mich, über jeden …«
    Suzy lässt einen kleinen Schrei los. Zielstrebig marschiert sie aus der Küche an mir vorbei in die Diele, auf Debs zu, und baut sich vor ihr auf.
    »Jetzt reicht’s aber. Verlassen Sie mein Haus.«
    Aber Debs redet hektisch weiter, lugt um Suzys Taille herum.
    »Callie, bitte hören Sie mir zu. Meine Nachbarin Beattie wird Ihnen alles bestätigen. Wegen Suzy haben alle in der Straße Angst, mit Ihnen zu reden.«
    »Raus!«, schreit Suzy und versucht sie zur Tür zu drängen, aber Debs redet immer weiter, ihr kleiner Kopf mit der großen Brille taucht mal links, mal rechts von Suzy auf.
    Mein erschöpftes Gehirn bemüht sich, zu begreifen. Was sagt sie da?
    »Und in der Schule hat sie’s genauso gemacht. Beatties Tochter sagt, dass sie alle Eltern mit schrecklichen Lügen gegeneinander ausgespielt hat.« Suzy schiebt sie Stück für Stück, mit vollem Körpereinsatz, weiter zurück, aber Debs gibt nicht auf. Und irgendwie finde ich endlich die Energie, mich mit den Händen vom Tisch hochzustoßen, stütze mich am Sofa ab und folge ihnen in die Diele hinaus, ganz Ohr. »Die Schulleitung musste eingreifen und ein Gespräch mit ihr führen«, fährt Debs fort; ihre Stimme wird immer verzweifelter, als Suzy sie schließlich bei der Haustür hat und sie hinauszuschubsen versucht. »Und sie hat den Eltern auch über Sie hässliche Lügen erzählt. Anscheinend wussten alle Eltern, dass Rae krank ist und Sie allein mit ihr sind; sie wollten Sie in der Schule herzlich aufnehmen, aber Suzy hat das verhindert. Hat behauptet, Sie würden furchtbare Sachen über die anderen
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