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Alle Singen Im Chor

Alle Singen Im Chor

Titel: Alle Singen Im Chor
Autoren: Leena Lehtolainen
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anfing, mit diesem Franz zu flirten. Es war schön mit Jukka, und von Timo hatte ich damals ja noch keine Ahnung. Aber die Sache war gleich nach der Reise zu Ende, ich war ja damals noch mit Jari zusammen …»
    «War Timo eifersüchtig auf Jukka?»
    «Wegen der Sache in Deutschland? Glaub ich nicht, warum auch? Danach war ja nichts mehr zwischen uns. Ich würde Timo nie betrügen!»
    Aber deinen damaligen Freund hast du sehr wohl betrogen, dachte ich belustigt. «Als du nachts auf der Toilette warst, hast du da irgendwen gesehen oder gehört?»
    «Die Toilette ist ja gleich nebenan, da sieht man nicht viel, außerdem war ich halb im Schlaf und ein bisschen betrunken und bin gleich wieder eingeschlafen. Aber dass Tuulia unten schnarchte, hab ich schon gehört. Ich begreif nicht, wie Piia und Mirja bei dem Krach schlafen konnten. In Jukkas Bett hätte es Piia viel bequemer gehabt. Eingeladen war sie ja.» Sirkku sah plötzlich schuldbewusst drein. «Ich war nach der Sauna kurz oben, da haben sie sich scheinbar gerade gestritten. Jukka hat Piia gebeten, bei ihm zu schlafen, aber sie wollte nicht. Aber sonst hab ich wirklich nichts gehört.»
    «Wovon bist du denn mitten in der Nacht wach geworden?»
    «Na, ich musste eben aufs Klo!» Sie wurde nachdenklich. «Ich weiß nicht … Vielleicht hab ich ein Poltern gehört, aber ich bin mir nicht sicher. Ich muss meistens nachts aufs Klo, wenn ich abends spät noch was trinke.» Sie warf Rane einen Blick zu und wurde rot.
    Kleinmädchengehabe mag ich nicht – womöglich nur, weil ich selber diese Kunst nicht beherrsche. Ich sagte Sirkku, ich würde mich Anfang der Woche noch einmal bei ihr melden, dann ließ ich sie gehen und bat sie, Timo Huttunen hereinzuschicken.
    «Warum macht sie so einen Wind um Jukkas Techtelmechtel mit ihrer Schwester? Glaubt sie vielleicht, dass etwas dahinter steckt?», überlegte ich halblaut. «Auf jeden Fall muss die ‹Marlboro of Finland› … weißt du noch, Rane, was für ein Theater im Frühjahr um die Schleichwerbung gemacht wurde? Also wir sollten überprüfen, ob das Boot vielleicht gerade in irgendeinem Hafen liegt und ob dieser Peter Wahlroos, aus welchem Grund auch immer, zwischendurch nach Finnland geflogen ist. Halte ich allerdings für unwahrscheinlich. Aber wer weiß, vielleicht fließt in seinen Adern heißes Wikingerblut, und wenn seine Penelope nicht brav war, bringt er den Nebenbuhlern das Fürchten bei.»
    Ich gab es auf, Mythen zu mischen, weil Huttunen hereinkam. Ein rachsüchtiger Ehemann, der in Segelschuhen durch den Schlick watete, das klang noch unglaubwürdiger als Sirkkus Vermutung, der Mörder könne nur ein Fremder sein, der zufällig vorbeigekommen war. Das hofften sie wohl alle.
    Timo Huttunen sah aus, als hätte er die ganze Geschichte satt. Äußerlich wirkte er wie ein Naturbursche vom Land: blassblaue Augen, strohblondes Bürstenhaar, robuste Statur. Man hätte ihm auf den ersten Blick nicht zugetraut, dass er sich mit irgendetwas Künstlerischem befasste, am allerwenigsten mit klassischer Musik. Die nächste Überraschung kam, als er den Mund aufmachte, denn seine Sprechweise war ungemein geziert:
    «Hoffentlich warst du nett zu Sirkku. Sie ist in der Tat zutiefst erschüttert ob des Vorfalls.»
    Timo arbeitete in den Semesterferien in einer Verkaufsstelle für Landwirtschaftsmaschinen. Im Chor sang er seit drei Jahren. Sein Bericht über die Ereignisse des gestrigen Abends unterschied sich kaum von dem, was Sirkku gesagt hatte: essen, auf der Terrasse sitzen, Sex in der Sauna (an dieser Stelle errötete der Knabe voller Stolz, und ich war geneigt, ihn doch als Rustikalmacho einzustufen), Liebesgeflüster am Kamin. Timo hatte geschlafen wie ein Murmeltier, war auch nicht aufgewacht, als Sirkku auf die Toilette ging, er wusste also nicht, wie lange sie unterwegs gewesen war. Jedoch hatte er seine eigene Theorie, weshalb Jukka ermordet worden war.
    «Ich habe persönlich nichts gegen Jukka, aber er hat es doch recht bunt getrieben. Es hat mir nicht gefallen, wie er mit Piia geflirtet hat, immerhin ist sie verheiratet. Antti mochte das auch nicht. Das hat er Jukka ja auch gesagt.»
    «Was meinst du damit?»
    «Na, Peter, also Piias Mann, ist ein alter Freund von Jukka und Antti, durch die beiden haben Piia und Peter sich kennen gelernt. Als ich den anderen ein paar Flaschen Bier in die Sauna brachte, hörte ich Antti zu Jukka sagen: «Misch dich nicht in das Leben deines Freundes ein, der hat’s schon schwer
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