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Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter
Autoren: Hans G. Bentz
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mich mit der Schulter gegen die Tür. Sie klemmt, aber ich stemme sie auf. Etwas Schwarzes schießt einen Moment über meine Schulter weg an mir vorbei: Peter! Ihm ist nichts passiert. Hände packen mich am Arm, unter den Schultern. Ich stehe draußen zwischen vielen Menschen und wanke. Mir wird schlecht, grüne Nebel — aber ich drücke sie weg. Dann humple ich um den Wagen herum. Man hat die rechte Tür, die nur noch lose zerbrochen in den Angeln hängt, schon aufgerissen. Ich sehe, wie meine Gefährtin gleich einer Puppe, einer fürchterlichen Marionette herauskippt. Man faßt sie unter den Armen. »Vorsicht!« schreit jemand. »Nicht anrühren!« Ganz langsam läßt man sie auf das Pflaster gleiten, das voller Glasscherben und Holzsplitter liegt. Da schlägt sie die Augen wieder auf. Sie will mit der Hand nach mir greifen, aber sie kann es nicht. Nur die Finger bewegen sich ein bißchen. Ihre Lippen sind weiß bis auf das Blut, das daran herunterläuft. Sie flüstert: »Nicht hinlegen — ich will stehen!« Dann sinkt sie wieder in sich zusammen.
    Polizeiuniformen. Wo ist denn der Lastzug? — Ach, da hinten, weit hinten in einer Nebenstraße. — Aber das ist ja auch alles egal. Ich beuge mich herunter und helfe, sie auf die Beine zu stellen. Sie reißt sich mit übermenschlicher Anstrengung zusammen und bleibt so eine Weile, von vielen Händen gehalten und langsam hin und her schwankend. Ihr Kleid hängt in Fetzen. »Mein Hut — meine Handtasche«, murmelt sie verwirrt. Jetzt klingelt es, die Menschenhaufen weichen zur Seite, Bremsenquietschen, Ambulanz — und jetzt eine Sirene — Unfallkommando.
    »Gleich um die Ecke ist das Krankenhaus!« sagt jemand. Wieder grüne Nebel.
    Als ich zu mir komme, stehe ich in einem Raum mit gekachelten Wänden und glitzernden Instrumenten. Keine Ahnung, wie ich da hingekommen bin. Schwestern und Ärzte mit Tüchern vor dem Mund, Operationstisch, ein dunkles Bündel drauf. Braunes Haar, blutüberronnen. Eine Hand hängt herunter, wird von einer Schwester wieder heraufgehoben, festgehalten. Etwas wird an diesem Bündel gemacht, es bäumt sich auf, stöhnt.
    »Was ist denn mit Ihnen?« Das ist ein anderer Arzt, ein junges gebräuntes Gesicht, schwarzes Kraushaar.
    »Nichts — nur das Knie — aber nicht viel — was ist denn...«
    Das Gesicht des Arztes ist sehr ernst: »War sie ohnmächtig?«
    »Ich glaube — einen Augenblick — aber was ist...«
    »Hat sie sich übergeben?«
    »Ich weiß nicht — nein — aber...«
    »Wir werden sehen! Beruhigen Sie sich. Hier, trinken Sie mal!« Er reicht mir ein Gläschen mit einer milchigen Flüssigkeit, beobachtet mich, während ich schlucke. Mir wird etwas klarer. Das Bündel drüben ist ganz still. Der Arzt, der sich darüberbeugt, hat die Hand ausgestreckt, und eine der Schwestern steckt ihm etwas hinein.
    »Wenn Sie sich dann danach fühlen«, sagt der junge Arzt zu mir, »gehen Sie lieber ‘raus zum Wagen. Eine Schwester geht mit Ihnen und bringt Sie wieder zurück. Man braucht Sie da draußen.«
    Zwischendurch setzt es immer für Sekunden bei mir aus. Da gehe ich schon die Stufen hinunter auf die Straße. Eine Hand ist an meinem Arm, eine Schwester, eine kleine dicke Blonde. Sie hat freundliche Augen und sieht entschlossen aus. »So, noch eine Stufe!« sagt sie.
    Menschen — es sind noch viel mehr Menschen geworden, die halbe Straße voll, so weit man sehen kann. Wer spricht da mit mir? — Ach so, ein Polizist.
    Die Menschen weichen zur Seite, einen Moment sehe ich Muckelchen. Was von ihm übrig ist. Ein zerschlagenes, schauerliches Wrack, eine verbeulte Blechschachtel mit Blutflecken. Es hat das rechte Vorderrad unter dem Bauch, die Motorhaube ist zusammengeknüllt, als habe eine Riesenfaust hineingehauen. Da ist ein grüner Wagen mit blauen Scheinwerfern und Milchglasscheiben. Man hilft mir zwei Stufen hinauf. Drinnen ist ein richtiger Schreibtisch und ein Polizeibeamter dahinter. Er hilft seinem Kollegen, mich in einen Stuhl zu setzen. Ich soll — so gut es geht — erzählen, wie es kam. Ich starre ihn nur an. Da stellt er Fragen. Ich antworte mechanisch. Allmählich komme ich zu mir. Es tut mir wohl, wieder zur Sachlichkeit gezwungen zu werden. Ein Dritter im Hintergrund rattert auf der Schreibmaschine. Dann schiebt man mir ein Blatt Papier hin: »Bitte unterschreiben!« Ich tue es.
    »Besser ist es, Sie stellen auch gleich Strafantrag gegen den schuldigen Fahrer!« sagt der Wachtmeister.
    Ich zögere. »Ich mache so
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