Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle lieben Peter

Alle lieben Peter

Titel: Alle lieben Peter
Autoren: Hans G. Bentz
Vom Netzwerk:
albernes Riesenmöbel? Und wenn du nicht bald weitergehst, springe ich aus dem Fenster und reiße dir den Schwanz ab und das Ohr und sonst noch alles, was um deinen dicken Bauch herumhängt!«
    Es gibt unter Hunden so etwas wie einen Ehrenkodex des Besitzes. Man versucht sehr selten, dem anderen sein Eigentum streitig zu machen, ob es sich nun um Haus, Garten, Schlafdecke oder Freßnapf handelt oder auch um das eigene Auto. So drehte denn der Schäferhund das Ohr wieder nach hinten und trottete mit hängender Rute weiter. Nur mit einem kurzen Blick schaute er auf das Wagenfenster zurück, hinter dem der rote Ziegenbart auf und nieder fuhr: »Ja, ja, weiß schon, reg dich nicht auf, Hanswurst!«
    Die Ladentür! Da war sie — Frauchen! Peter hatte sie auch gleich entdeckt und schnellte hoch. Wir starrten ihr beide mit angehaltenem Atem entgegen. Was machte sie für ein Gesicht? Auf jeden Fall war es ernst. Aber nicht niedergeschlagen. Mein Herz klopfte. Als sie nach der Türklinke griff, lächelte sie mir zu.
    »Was ist?« Meine eigene Stimme kam mir fremd vor.
    »Alles in Ordnung!«
    »Wann fängst du an?«
    »Morgen. Grüß dich, mein Peterle! Denke mal, du brauchst nicht aus deinem Häuschen und aus deinem Garten. Du kannst weiter den Igel anbellen und auf der Schwelle liegen und im Frühling, wenn es wieder Pusteblumen gibt, so ganz vorsichtig zwischen ihnen liegen, daß keine von ihnen eine einzige Locke verliert.«
    »Dann fahr’ ich uns nach Haus.«
    »Ja, bitte.«
    Sie hob Peter nach hinten, wobei er ihr schnell die Hand leckte, und setzte sich neben mich. Er baute sich hinter uns so auf, daß er zwischen unseren Köpfen nach vorn und gleichzeitig auch aus beiden Seitenfenstern sehen konnte. Ich fuhr an.
    Wir fuhren schweigend, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt. Also — die Atempause. Ich würde sie ausnutzen, weiß Gott, ich würde es! Arbeiten, arbeiten und noch mal arbeiten, bis ich den Laden wieder auf ebenem Kiel hatte.
    Langsam ziehen die Geschäfte und der Menschenstrom der Hauptstraße an uns vorbei. Die Gesichter sind mir nun nicht mehr fremd und feindselig. Das Tageslicht scheint heller zu sein.
    Da schreit Peter auf. Es ist ein wilder, stöhnender Laut äußerster Todesnot, wie ihn ein Hund nur ausstößt, wenn er in den Fängen eines stärkeren Gegners zu verenden droht. Ich werfe den Kopf nach links, und da sehe ich ihn auch, den Lastzug, der aus der Nebenstraße auf uns zurast — riesenhoch, donnernd, mit einem hin und her schlagenden Anhänger dran. So einfach nach dem Prinzip: Ich bin der Dickere, der andere wird schon bremsen.
    Irgend etwas in mir, das schneller ist als jeder Gedanke, übernimmt des Kommando und läßt mich das Steuer nach links herumreißen: Auf Gegenkurs gehen, damit er uns nicht in der Seite faßt! Vielleicht kommen wir so noch aneinander vorbei. Jetzt haut auch der Große die Bremsen ‘rein, meine Gefährtin schreit auf, ich fühle ihre Hand, die sich in meine Schulter krallt. Als sei mein Auge plötzlich auf Zeitlupentempo geschaltet, sehe ich, wie meine Kühlerfigur sich in der Schwenkung an den riesigen Vorderrädern des Lasters vorbeidreht. Das erste ist vorüber. Wir stehen schon ganz schräg — zweites Riesenrad vorbei — eine Hundertstelsekunde lang atme ich auf: ich liege jetzt tatsächlich auf Gegenkurs. Aber da kommt der Anhänger, er schleudert auf dem nassen Pflaster und rast von rechts auf uns zu wie eine Wand — ich drehe verzweifelt weiter, stehe nun schon schräg rückwärts — erstes Anhängerrad vorbei — aber da — da — Krach! Es schmettert rechts neben mir im Wagen. Ich spüre einen Schlag gegen die Brust, einen Schmerz im Knie, auch mein Kopf stößt irgendwo an. Dann ist der Spuk vorbei. Wir stehen. Pause. Einen Moment bleibe ich wie erstarrt und stiere nur dumpf auf das Stück des Steuerrades in meiner Hand. Ich lebe! Erstaunlicherweise lebe ich. Meine Gefährtin! Ich lasse das zerbrochene Steuerrad fallen und drehe mich zu ihr um. Gerade sinkt sie neben mir zusammen. Ihr Gesicht ist ganz klein und gelb. Ein großer Glassplitter, wie ein Dolch, steckt in ihrer Wange, kippt dann langsam nach vorn und gleitet über ihre Schulter aufs Polster. Ein Strom von Blut schießt hinterher. Auch aus ihrem Mundwinkel fließt Blut, und auch die rechte Hand, die lahm im Schoß liegt, ist blutig. Tot? Entsetzlicher Traum! Wann wache ich auf?
    Da bringt mich der Schmerz im Knie wieder zu mir. Ringsherum Geschrei und nun viele Gesichter. Ich werfe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher