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Alfred - König der Angel-Sachsen

Titel: Alfred - König der Angel-Sachsen
Autoren: Albrecht von Haller
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bestrafen, und den Uebelthäter zu befreyen.
    Die gewisse Erwartung, daß der König die Ungerechtigkeit, und selbst die Unschiklichkeit eines Spruchs einsehn, und die untriegliche Furcht, daß er den begangnen Fehler strengiglich ahnden würde, zwang die Richter sich in den Rechten zu unterrichten, und den Gesezen treu zu bleiben. Sie sahen sich an, als wenn sie in der Gegenwart des Königs richten müßten. Anstatt unwissender Krieger saßen nach wenigen Jahren auf den Richterstülen lauter erleuchtete, und ihren Pflichten eifrig zugethane Männer.
    Er selbst, der König wurde der algemeine Lehrer seines Volkes. Er wußte seine Belesenheit, seine Kenntnüß der Dichtkunst, zur Verbesserung der algemeinen Sitten anzuwenden; die Sittenlehre durch Fabeln, durch Erzählungen, durch sinnreiche Sprüche zum Nuzen seines Volkes einzukleiden. Ihm war bekannt, daß die Anmuht der Dichtkunst den ernsthaften Tugendlehren den Zugang verschaffen, daß das Maaß der Silben die kurzgefaßten Befehle der Weisheit dem Gedächtnüße einprägen würde. Er selbst war der Dichter seiner Zeiten, so wie er der Held und der Gesezgeber war. Die vorzügliche Gunst, die er den gelehrten und fähigen Männern erzeigte, machte die Wissenschaften zum Vorwurfe der algemeinen Verehrung und zum Zweke der ernsthaftesten Bestrebung. Die Nachwelt lieset noch alte Lieder, in welchen Alfred eingeführt wird, wie er seine Edeln die wahre Weisheit, diejenige lehrte, die den Weg zur glükseligen Ewigkeit zeigt. Dem Ritter, dem Bischoffe, dem Richter zeigte er seine Pflichten, und die echte Größe, die auf ihrer Erfüllung sich gründet. Man lieset auch seine lezte Ermahnung an den jungen Edward, seinen Nachfolger, den er zum würdigen Fürsten bildete.
    Alfred hatte an sich selber erfahren, daß die Wissenschaften uns erst fähig machen gut zu sein. Wer die innere Schönheit der Tugend ansieht, ist geneigt sie zu lieben. Wem diese Schönheit verborgen ist, der sucht seine Seligkeit in den sinnlichen Begierden. Die Bücher des weisen Alterthums mahlen alle die Tugend als ehrwürdig, das Laster als erniedrigend ab: von diesen Büchern nimmt die Seele den Geschmak zum Guten an, den sie beredsam anpreisen. Die Welt ist eine viel schlimmere Schule, nur zu oft wird in derselben das Laster gekrönt, nur zu oft bleibt die scheue Tugend zurüke, die die Wege verabscheut, wodurch das Glük sich ersteigen läßt. In den Schriften der Weisen wurde ein Antonin gebildet, und in den dunkeln Zeiten, in welchen die Wissenschaften verborgen lagen, verschwand alle echte Tugend, alle Großmuht, und alle Menschenliebe. Selbst unter den despotischen Herrschern des knechtischen China werden die Enkel wilder Scythen, durch die eingesogenen Lehren der alten Weisen, durch die glänzenden Beyspiele zu Vätern ihres Volkes, und unter diesen Barbarn entstund ein Hangtschi und ein Kienlong.
    Durch die langen Kriege, die Engelland verwüstet hatten, waren die Wissenschaften völlig zernichtet worden. In diesen Zeiten des Unglüks verlernen die Menschen alles, was nicht unmittelbar zu ihrem täglichen Unterhalt gehört. Es fand sich im ganzen Reiche der West-Sachsen niemand, der den Verstand eines lateinischen Buchs in seine Sprache zu übersezen gewußt hätte, und dennoch war der ganze Gottesdienst der Sachsen auf lateinische Bücher, Gesänge und Vorlesungen gegründet. Alfred mußte die Werkzeuge, sein Volk zu belehren, jenseits des Meers suchen. In Irrland, dem damahls minder verheerten Irrland, fand er Johann den Hibernier, der zu Athen und in Welschland viele Jahre zugebracht hatte, der die längst vergessenen Sprachen der Morgenländer verstund, und der bey Karl dem Kahlen in Gnaden und sogar in Vertraulichkeit lebte, ein Mann, der spizig zu scherzen wußte, und den seine eigenen Schüler ermordeten, die er wider sich aufgebracht hatte. Nach dem Kloster Atheling berief er aus dem alten Sachsen, der Quelle seines Volks, einen gelehrten Abt. Asser von Monmuth war seinen Pflichten so sehr ergeben, daß der König nicht mehr als die Hälfte des Jahrs ihn bey sich zu behalten vermochte, ob er ihm wohl das Bißthum Winchester auftrug.
    Scharfsinnig und erfahren im Kenntniß der Menschen, wußte er an einem die Schweine hütenden Knaben die ausnehmenden Gaben eines Mannes zu erkennen, den er von diesem niedrigen Stande befreyte, und der durch die empfangene Auferziehung, ein würdiger Bischoff wurde.
    Der unter die Heiligen versezte Redt war aus Cornwall gebürtig; sein reiner Wandel
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