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Alfred - König der Angel-Sachsen

Titel: Alfred - König der Angel-Sachsen
Autoren: Albrecht von Haller
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ihn, wie für einen Hausgenoßen, haften.
    Alfred durfte es nicht unternehmen, die erbliche Macht der Grafen anzugreifen, sie war zu tief in die Verfassung des Staates eingewurzelt; er schwächte aber die Macht des hohen Adels, indem er jeder Grafschaft einen Burggraf zugab, den der König ernannte, und der bey der Grafschaft sein Aufseher war und eben dasjenige versah, was die Abgesandten der Karlowingen. Neben ihm ernannte der König einen Richter, vor dem, und vor dem Gerichte einer jeden Grafschaft die Rechtssachen abgethan wurden. Dieser Richter verminderte sowohl des Burggrafen als der Grafen Gewalt.
    Die Würkung dieser Einrichtungen war ein Wunderwerk. Vorher durfte niemand ohne Waffen die Landstraße betreten, er mußte sich selber beschüzen, weil die Geseze ihn zu schüzen nicht vermochten. Plözlich herrschte im ganzen Reiche eine algemeine Sicherheit. Der Reisende sah ohne Schreken die Nacht die Erde bedekten, sein Gold und sein Leben blieben ohne alle Gefahr. Der König ließ an die Bäume güldene Kleinodien aufhängen, der Reiz der Beute bewog niemand sich der Strenge der Geseze zu unterwerfen, und die Bedienten des Königes brachten den Schaz unvermindert zurük. So weise ist die strenge Güte der Gerechtigkeit, die für die Unschuld wacht, und den Schuldigen überzeugt, das Laster sey Thorheit.
    Alfreds nächste Arbeit war, das algemeine Verzeichnüß aller Güter und Stüke Landes des ganzen Reiches, samt ihren Maaßen, und ihrer Ertragenheit, und der auf denselben liegenden Steuren. Diese unbeschreibliche Arbeit brachte der König mitten in einem von Wissenschaften entblößten Jahrhunderte zu Winchester zu Stande. Wilhelm der Eroberer erneuerte sein Landbuch, und die Nachwelt genießt seit fast tausend Jahren des weisen Alfreds Arbeit, die in tausend Gelegenheiten zur billigsten Verlegung der Auflagen, und zu Beseitigung der Streitigkeiten brauchbar werden kan.
    Auf diese Landesbeschreibung und auf die Eintheilung in Grafschaften, in Hunderte, und in Zehnte, gründeten sich die Gerichte, die Alfred in jeder Grafschaft, in jedem Hunderte, und in jedem Zehnten errichtete, der Zugang des Rechten wurde hierdurch einem jeden Bürger erleichtert, und das hohe Recht die Gerechtigkeit auszuüben aus den Händen der Unwissenden, und bloß den Waffen ergebenen Großen, entzogen. Die Burggrafen und die Richter führten in diesen Gerichtshöfen den Vorsiz, und ein jeder Sachse mußte vor seinem Zehntgerichte, und dann vor dem Gerichte der Hunderte, und der Grafschaft, das Recht erfahren.
    Alfred fand wenige Männer, die das Recht zu sprechen geschikt gewesen wären, seine Weisheit aber wußte sie zu erschaffen. Er las mit beyspielloser Arbeitsamkeit alle die Rechtssachen, worüber man an seinen höchsten Ausspruch sich beruffen hatte. Wann seine Burggrafen, oder Richter ungerecht geurtheilt hatten, so war die Bestrafung unvermeidlich. Selbst die Unwissenheit konte niemand entschuldigen; ein jeder soll sich seiner Kräfte bewußt sein, und kein Richteramt verlangen, dessen Pflichten zu erfüllen er sich nicht im Stande findet. Wann Habsucht oder Haß das Recht gebogen hatten, so war auch, wider die Gewohnheit der Sachsen, die Todesstrafe unfehlbar, und Alfred, der so oft den Aufrührern und den eidbrüchigen Räubern verzogen hatte, schonte keinem ungerechten Richter. In einem Jahre ließ er vier und vierzig Richter hinrichten, die wider das Recht gesprochen hatten. Kadwin hatte einen Mann zum Tode verfällt, den doch unter den zwölf Geschwornen drey unschuldig gefunden hatten. Hale büßte es mit seinem Leben, weil er eines Großen geschont, der einem Sachsen seine Güter mit Gewalt entrissen, und zur Königlichen Rentkammer eingezogen hatte. Ein anderer Richter mußte sterben, weil er einen Beklagten im Kerker eingesperrt, und ihm die Gelegenheit versagt hatte, sich zu vertheidigen. Ofkitell hatte einen Beklagten zum Tode führen lassen, der unter der Marter eine den Tod verdienende Uebelthat bekannt hatte, die man durch keinen andern Beweis hatte bestätigen können. Zu wohl wußte Alfred, daß der verhärtete Bösewicht oft alle Macht der Schmerzen verlacht, und der Gerechtigkeit spottet, die ihn nicht verurtheilen will, wann er sich selber nicht anklagt: da hingegen ein Mensch von empfindlichen Nerven der Marter nicht widerstehn kan, lieber sich selber verleumdet, und sich selber das Todesurtheil spricht, als die unausstehliche Qual verlängert. Die peinliche Frage ist beydes, ein Mittel die Unschuld zu
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