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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen
Autoren: Wolfgang Burger
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kurze Zeit später, ein korpulenter Mann in den Sechzigern mit ewigem Lächeln im Gesicht und üblem Mundgeruch. Er hatte nach dem ersten Klingeln geöffnet, machte jedoch keine Anstalten, mich in seine warme Wohnung zu bitten, aus der es nach Braten und Rotkohl duftete. »Die hat in den fünf Jahren, die sie da hängt, keine drei Tage funktioniert. Sie glauben nicht, wie oft ich der Hausverwaltung schon Meldung gemacht hab. Aber die sparen ja an allen Ecken und Enden. Die Haustür schließt nicht richtig, die Treppenhausbeleuchtung geht nach zehn Sekunden aus, der Lift bleibt alle drei Tage stehen. Und ich darf mir dann die ganzen Beschwerden anhören. Der Herr Plakowsky, der ist übrigens ein Netter, kann ich nur sagen. Der hat sich noch nie beschwert. Was soll er denn angestellt haben?«
    »Gibt es noch andere Kameras?«
    Der Hausmeister schüttelte den Kopf. »Nur die eine. Anfangs ist die auch gar nicht da gewesen. Aber dann hat’s mal eine Weile Ärger gegeben. Alle paar Nächte ist ein Auto aufgebrochen worden, Navis, Autoradios, man kennt das ja – Beute hundert Euro, Sachschaden zweitausend. Seit die Kamera da hängt, ist Ruhe. Obwohl sie gar nicht funktioniert. Um was geht’s denn, wenn man fragen darf?«
    »Es geht darum, ob ein bestimmter Wagen in einer bestimmten Nacht Anfang Dezember auf dem Parkplatz gestanden hat.«
    »Der alte Renault vom Plakowsky?«, fragte Herr Hayek mit Fahndungsfieber im Blick.
    »Genau der.«
    »Wann genau soll das gewesen sein?«
    »In der Nacht vom zweiten auf den dritten Dezember.«
    »Ui.« Mein Gesprächspartner kratzte sich ausgiebig die spiegelnde Glatze. »Das ist aber lange her.«
    Ratlos und mitfühlend sah er mich an. Ich sah ratlos und enttäuscht zurück.
    »Würden Sie mir oben aufschließen?«, fragte ich schließlich. »Ich möchte mich ein wenig in der Wohnung umsehen, wo ich schon mal hier bin.«
    »Muss er lange im Knast bleiben?«
    »Das hängt nicht von mir ab.«
    »Und Sie wollen mir wirklich nicht sagen …?«
    »Nein.«
    »Die Tür ist aber versiegelt.«
    »Ich weiß.«
    Unvermittelt lief er davon, um den Schlüssel zu holen. Zusammen stiegen wir die Treppen hoch zum zweiten Obergeschoss.
    In Plakowskys Wohnung roch es muffig, als wäre sie schon seit Wochen verlassen. Die wenigen Grünpflanzen ließen die Blätter hängen. Ich bat den vor Neugierde beinahe platzenden Hausmeister, mich allein zu lassen, und schaltete das Licht im Bad ein. Natürlich gab es nichts zu sehen. Es roch nach irgendwelchen Chemikalien, die die Spurensicherung reichlich benutzt hatte. Ansonsten war es ein fensterloses Badezimmer wie Millionen andere. Plakowsky besaß eine hübsche Sammlung teurer Herrendüfte, die er selten zu gebrauchen schien, denn alle Flaschen waren fast voll. Er rasierte sich nass. In der Waschmaschine lagen feuchte Handtücher, die schon geschleudert waren und demnächst Schimmel ansetzen würden.
    Ich ging ins Wohnzimmer hinüber. Betrachtete die Bücher, die der Lehrer im Kiefernholzregal stehen hatte. Viel Science-Fiction sah ich, viel Englischsprachiges. Ungefähr zehn Bände Stephen King in Originalsprache. Dan Brown. In den Ecken lagen dicke Staubflusen. Durchs Fenster sah man den grauen Parkplatz, auf der gegenüberliegenden Straßenseite niedliche Einfamilienhäuser mit roten Dächern. Dahinter abgeerntete Felder. Eine Hochspannungsleitung.
    Es läutete dreimal kurz an der Tür. Der Hausmeister schon wieder.
    »Mir ist gerade …«, begann er keuchend und musste erst einmal Luft schnappen. »Gerade ist mir eingefallen, im ersten Stock rechts, der Student, er heißt Hamann …«
    Ich öffnete die Tür weiter und ließ ihn ein. Er sah sich neugierig um, keuchte noch immer.
    »Es ist vielleicht ein bisschen …«, sagte er dann, als wäre seine Begeisterung plötzlich verflogen. »Ich weiß nicht …«
    Er schnüffelte wie ein Hund in neuer Umgebung.
    »Was wissen Sie nicht?«
    »Ob es legal ist. Können Sie mir versprechen, dass der junge Mann keinen Ärger kriegt? Er ist nämlich auch einer von den Netten. Auch einer von denen, die sich nie beschweren.«
    »Vielleicht sagen Sie mir erst mal, worum es geht?«
    »Ach so, ja …« Der Hausmeister schluckte ein letztes Mal. »Er hat eine Webcam. Also, so eine kleine Computerkamera, wie man sie …«
    »Ich weiß, was eine Webcam ist.«
    Gar so weltfremd, wie dieser Zwerg Mundgeruch zu glauben schien, war ich nun auch wieder nicht.
    »Im Wohnzimmer. Weil, seine Freundin, die ist doch seit Oktober in
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